Danger ↣ l.t

By phenomenalien

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»Du musst dich von mir fernhalten, ich meine es Ernst.« »Aber ich will mich nicht mehr von dir fernhalten!« »... More

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By phenomenalien

„She's a throwback to a time when love didn't cost a thing, but was everything.“ - J. Iron Word

F A Y E

Es klopfte an der Tür. „Faye, steh' jetzt auf, oder du kommst noch zu spät zur Schule!“, rief die gedämpfte Stimme meiner Mum und ich stöhnte leise auf und gähnte.

Ich brauchte einen Moment, bis ich meine Augen öffnen konnte. Ich hob meine Hände und rieb mir den Schlaf aus den Augen - bis ich etwas in meinem Augenwinkel wahrnahm und inne hielt. Mein Blick wanderte zu dem Körper neben mir und ich hielt meinen Atem an.

Meine Augen wanderten über den halbzugedeckten nackten Oberkörper und für einen Augenblick lang bekam ich Panik - bis ich die Tattoos erkannte. Ich atmete erleichtert auf, als mir das Ganze von gestern Abend wieder einfiel. Für einen Moment hatte ich befürchtet, ich hätte mir seinen Besuch nur eingebildet. Einerseits war ich wirklich erleichtert, dass ich das alles nicht geträumt hatte, aber andererseits hatte ich noch nie irgendwelche Jungs bei mir schlafen lassen - und erst recht nicht in meinem Bett. Ich musste zugeben, zu erst war ich gestern unglaublich nervös gewesen und wusste nicht, ob das so eine gute Idee war, aber als ich dann neben ihm lag, verschwanden alle Sorgen und Ängste und ich hatte mich wohl gefühlt.

Ein kleines Lächeln schlich sich auf meine Lippen, als ich sein schlafendes Gesicht beobachtete. Er sah so ruhig, so entspannt aus, wenn er schlief -  seine Lippen waren leicht geöffnet, seine Augenlider flackerten ein wenig und ich fragte mich, was er wohl träumte. Wie in Trance hob ich meinen Zeigefinger und fuhr sanft seine gepiercte Augenbraue nach, bevor ich ihm ein paar dunkelbraune Haarsträhnen von der Stirn strich.

„Faye! Jetzt steh' auf!“ Ich erschrak mich fürchterlich, als meine Mum mit der flachen Hand gegen meine Tür schlug. Mit einem Satz sprang ich aus dem Bett.

„Ich bin schon wach!“, rief ich zurück und warf einen flüchtigen Blick auf Louis. Er schlief zum Glück immer noch. Ich zögerte kurz, bevor ich mein Zimmer verließ und die Tür wieder hinter mir verschloss. Ich wollte ihn eigentlich nicht verlassen, aber meine Eltern würden misstrauisch werden, wenn ich nicht nach unten zum Frühstück kommen würde.

Ich beeilte mich Barfuß nach unten zu kommen und traf in der Küche auf meinen Bruder, der mich keines Blickes würdigte und weiter auf sein Handy starrte, während er an seinem Toast kaute. Tyler war seit der Aktion gestern nicht gut auf mich zu sprechen gewesen. Er war sauer, dass ich mich trotz seiner Warnungen mit Louis getroffen hatte und noch wütender war er darüber, dass ich nun mit Louis zusammen war. Ich hatte sagen können, was ich wollte; Tyler hörte mir einfach nicht zu. Er wollte Louis einfach nicht akzeptieren. Eigentlich könnte es mir egal sein - es war schließlich mein Leben und meine Entscheidung, mit wem ich letztendlich zusammen war. Aber ich hatte immer gewollt, dass mein späterer Freund sich mit meiner Familie verstehen würde und ich fand es traurig, dass das scheinbar nicht möglich war.

Gott, es fühlte sich so komisch an, ihn als mein Freund zu bezeichnen. Gestern wollte ich ihn noch aus meinem Leben verdrängen und heute wachte ich mit ihm neben mir auf. Ich hätte nie gedacht, dass es sich so gut anfühlen würde und ich musste zugeben, dass ich schon lange nicht mehr so gut geschlafen hatte. Ich seufzte auf und holte mir eine Schüssel aus dem Küchenschrank und einen Löffel aus der Schublade. Das Müsli und die Milch stand schon auf dem Tisch, also setzte ich mich auf meinen Platz neben Tyler und fing kurze Zeit später an zu essen.

Nach einer Weile wurde mir die Stille zwischen uns zu unangenehm und ich leerte meinen Mund. „Willst du mich jetzt die ganze Zeit ignorieren?“, fragte ich frustriert.

Er tat so, als hätte er mich nicht gehört und tippte weiter an seinem Handy herum.

„Mum hat gesagt, wir sollen die Handys beim Essen weglegen“, erinnerte ich ihn kindisch daran und schob mir einen Löffel Müsli in den Mund.

Wie auf's Stichwort kam meine Mutter in die Küche gelaufen - sie trug einen ihrer üblichen Business Anzüge und ihre Haare waren hochgesteckt. Ich mochte es lieber, wenn sie ihre Haare offen trug, aber in ihrem Beruf war es seriöser, wenn ihr keine Haare im Gesicht hingen. Sie stellte ihre Kaffeetasse auf die Kücheninsel und wollte gerade wieder gehen, als sie doch noch mal inne hielt und sich zu uns umdrehte. „Tyler, leg' das Handy weg. Beim Essen sollt ihr nicht damit herumspielen“, warnte sie.

Ich konnte mich nicht davon abbringen, ihm einen besserwisserischen Blick zuzuwerfen, als er genervt das Handy auf den Tisch legte. Meine Mum verließ zufrieden die Küche.

„Was?“, fuhr er mich an, als ich ihn von der Seite anstarrte.

Ich zuckte kurz erschrocken zusammen. Ich hatte nicht gewusst, dass Tyler so schlecht gelaunt war und wollte mich nun doch nicht mehr mit ihm anlegen. „Sorry“, murmelte ich und wandte mich wieder meinem Müsli zu.

Wir beendeten unser Frühstück in Stille und ich war gerade dabei, mein benutztes Geschirr in die Spülmaschine zu räumen, als er sich plötzlich doch dazu entschied, mit mir zu reden.

„Hast du gestern Abend telefoniert?“

Überrascht hob ich meinen Blick, dann runzelte ich die Stirn. Ob ich telefoniert hatte? Wovon redete er? Plötzlich dämmerte es mir und ich riss kurz geschockt die Augen auf, bevor ich mich wieder fing und eine hoffentlich neutrale Miene aufsetzte. Ich mochte es zwar nicht, meinen Bruder abzulügen, aber ich könnte ihm unmöglich von Louis erzählen - er würde mich umbringen und es sofort unseren Eltern erzählen.

„Ja, mit Hayden“, sagte ich und mied seinem Blick - aus Angst, er könnte erkennen, dass ich log.

„Oh, wirklich? Nimmt sie neuerdings irgendwelche Hormone oder wieso ist ihre Stimme auf einmal so tief?“, fragte er gespielt beiläufig.

Mir lief es eiskalt den Rücken hinunter und ich schluckte. Wusste er etwa schon von Louis? Mein Herzschlag beschleunigte sich. „W-Was meinst du?“, fragte ich vorsichtig.

Er funkelte mich an. Im nächsten Moment schlug er mit der flachen Hand auf die Kücheninsel und ich zuckte erschrocken zusammen. „Die Stimme war männlich. Faye, lüg' mich nicht an. Mit wem hast du telefoniert? Mit diesem Arschloch?“

Ich ignorierte, dass er Louis als Arschloch bezeichnet hatte. „Nein!“, log ich und schüttelte den Kopf. Er hob eine Augenbraue. „Gut, wenn du es unbedingt wissen willst... Ich habe mit Jayden telefoniert.“ Ich drehte mich um und wollte gehen, doch im nächsten Moment schlangen sich seine Finger um mein Handgelenk und hielten mich auf.

„Soll ich ihn fragen?“, drohte er und deutete auf sein Handy. Ich schluckte.

„Was willst du von mir, Tyler?“, fragte ich und riss meinen Arm aus seinem Griff.

„Ich will, dass du verdammt nochmal die Wahrheit sagst! Du hast mit ihm telefoniert, richtig?“, fragte er aufgebracht. Ich antwortete nicht und mied seinem Blick, was für ihn Antwort genug zu sein schien. „Verdammt, Faye! Ich habe dir gesagt, dass du dich von diesem Mistkerl fernhalten sollst-“

„Von welchem Mistkerl soll Faye sich fernhalten?“, unterbrach uns eine Stimme und ich drehte mich erschrocken um - Dad. Er schaute stirnrunzelnd zwischen mir und Tyler hin und her. „Okay, was ist hier los?“, fragte er misstrauisch, als keiner antwortete.

Ich sah zögernd zu Tyler, der wiederrum wütend seinen Kiefer anspannte und meinen Blick ignorierte. „Nichts, Dad. Ist schon gut“, behauptete er und lief an mir vorbei - nicht ohne mich anzurempeln - und verschwand durch die Tür.

Dad hob verwundert seine Augenbraue und sah mich an. „Muss ich mir Sorgen machen?“

Ich schüttelte nervös den Kopf und schenkte ihm ein gezwungenes Lächeln. „Nein, alles okay.“ Dann drehte ich mich um und hastete schnell die Treppe hoch, da ich Angst hatte, mein Bruder würde in mein Zimmer platzen und Louis entdecken. Ich wollte mir nicht ausmalen, was für eine Katastrophe das wäre.

Doch als ich hektisch meine Tür aufriss und in das Zimmer stolperte, war von meinem Bruder keine Spur zu sehen - und Louis lag immer noch seelenruhig im Bett und schlief. Allem Anschein nach war er eher ein Langschläfer. Erleichtert lehnte ich meinen Kopf gegen die nun verschlossene Tür hinter mir und atmete tief durch. Bis mein Blick - eher zufällig - auf meine Uhr traf und ich feststellte, dass ich nur noch zwanzig Minuten hatte, um mich fertig zu machen. Dabei fiel mir auf, dass ich Louis aufwecken sollte - ich konnte ihn schließlich nicht hier lassen, während ich in der Schule war.

Mit einem Seufzen lief ich auf mein Bett zu und lehnte mich über ihn. Er sah so friedlich aus... Überhaupt nicht gestresst, aufgebracht oder besorgt, wie das sonst immer der Fall war. Ich wollte ihn nicht wirklich wecken, aber ich musste. Vorsichtig streckte ich meine Hand aus und berührte ihn an der nackten Schulter.

„Louis“, flüsterte ich leise und rüttelte leicht an ihm. Keine Reaktion.

„Louis?“, fragte ich vorsichtig. „Du musst aufstehen.“

Er lag immer noch da und rührte sich nicht. Ich beschloss, dass ich es später nochmal versuchen würde und wollte mich gerade wieder aufrichten, als ich plötzlich im Handumdrehen auf der Matratze lag, ein Arm fest an meinen Hals gepresst und ein Paar Beine drückten meinen Körper flach, sodass ich mich nicht mehr bewegen konnte. Erschrocken quietschte ich auf und blickte mit aufgerissenen Augen in die plötzlich hellwachen von Louis. Für einen Moment bewegte er sich nicht, seine Stirn war gerunzelt, bis er zu erkennen schien, wen er unter sich festgenagelt hatte.

„Verdammt, Faye“, zischte er, als er mich losließ und von mir runterkletterte. Ich rieb mir den Hals und schluckte, bekam kein Wort heraus. Der Schreck saß mir tief in den Knochen - hatte er gedacht, ich würde ihn im Schlaf angreifen?

„Du kannst dich nicht einfach so über mich lehnen - du kannst froh sein, dass ich so schnell nicht an mein Messer gedacht habe“, sagte er und rieb sich über das Gesicht. Seine Stimme klang noch rauchiger als sonst.

Woher hätte ich das wissen sollen? Gott, er hatte mir so einen Schrecken eingejagt - für einen Moment hatte ich wirklich gedacht, er würde mir etwas antun. Als ich nicht antwortete, sondern ihn nur schreckhaft anstarrte, seufzte er und fuhr sich durch die dunklen Haare.

„Tut mir leid“, entschuldigte er sich und zog mich an sich heran, inspizierte meinen Hals. „Das war einfach aus Reflex.“

Ich blinzelte ein paar Mal, um mich wieder zu erholen und mein Herz zu beruhigen, bevor ich schließlich nickte. „Schon okay“, sagte ich und stand von meinem Bett auf. „Ich wollte dich nur aufwecken, weil ich gleich zur Schule muss.“ Bei den Worten warf ich einen Blick auf die Uhr und stellte panisch fest, dass mir nur noch ganze zehn Minuten blieben, bis ich zum Bus musste. Meine Eltern müssten schon weg sein und soweit ich wusste, musste mein Bruder noch zum Arzt - was bedeutete, dass Louis und ich nun alleine waren. Wenigstens bestand nun nicht mehr die Gefahr, dass ihn jemand hier erwischte.

Ich hastete zum Kleiderschrank und suchte mir die erstbesten Sachen raus, die ich in die Finger bekam - eine enge schwarze Jeans und eine weiße Bluse, die ich eigentlich selten anzog - aber heute hatte ich keine Zeit, mir irgendwelche bestimmten Sachen rauszusuchen. Ich kramte aus meiner Schublade noch frische Unterwäsche raus - dabei war ich mir Louis' Blick bewusst und konnte nicht verhindern, wie mir das Blut in die Wangen schoss - bevor ich ins Badezimmer hastete und die Tür hinter mir verschloss.

Ich war gerade dabei, mich in meine Hose zu quetschen, als es an der Badezimmertür klopfte. Ich hielt kurz inne - war Tyler doch noch zu Hause? - doch als eine rauchige Stimme sprach, atmete ich kurz erleichtert durch.

„Ich fahr' dich“, sagte er bestimmend und ich hörte, wie er vor der Tür wieder verschwand, bevor ich irgendetwas antworten konnte.

Einerseits fiel mir ein riesengroßer Stein vom Herzen, denn so musste ich mich nicht mehr so beeilen und würde immer noch rechtzeitig zur Schule kommen, aber andererseits hatte ich auch ein ungutes Gefühl bei der Sache und ich fühlte mich schuldig. Eigentlich musste Louis für eine Zeit lang untertauchen, denn er wurde polizeilich gesucht und dazu wollte ihm auch noch sein ehemaliger Chef an den Kragen und abrechnen - aber anstatt sich aus der Öffentlichkeit zu halten, war er gestern Abend zu mir gekommen und wollte mich nun auch noch zur Schule fahren - das konnte ich nicht zulassen. Ich musste mich einfach sputen und durfte den Bus nicht verpassen.

Ich beeilte mich mir meine restlichen Sachen anzuziehen, mir die Zähne zu putzen und die Haare zu kämmen, bevor ich in mein Zimmer rannte - und gleich gegen eine Brust knallte. Zwei Hände hielten mich an meinen Oberarmen fest und ich hob peinlich berührt meinen Blick. „Wohin so eilig?“, fragte er und hob eine Augenbraue.

Ich lößte mich aus seinem Griff und schnappte mir meine Schultasche, bevor ich einen Blick auf die Uhr warf und erleichtert feststellte, dass ich immer noch drei Minuten übrig hatte. Wenn ich mich beeilte und ein bisschen Glück hatte, könnte ich es noch rechtzeitig zur Bushaltestelle schaffen und der Bus hätte ein paar Minuten Verspätung.

„Du musst mich nicht zur Schule bringen, ich schaffe das noch“, rief ich, als ich schon an ihm vorbei die Treppenstufen hinunterraste. Ich zog mir hastig meine Schuhe über - hatte jedoch keine Zeit mehr, sie zuzubinden - und meine Jacke an, bevor ich zur Haustür hinausstürmen wollte - doch eine Hand hielt mich am Handgelenk fest und wirbelte mich herum.

„Was soll das? Ich habe dir gesagt, dass ich dich-“, fing er sichtlich genervt an, doch ich ließ ihn nicht ausreden.

„Ich weiß und das weiß ich auch zu schätzen, aber du wohnst nicht umsonst nicht mehr hier. Du solltest dich hier lieber nicht blicken lassen“, teilte ich ihm meine Sorge mit und sah, wie sich eine Falte zwischen seinen Augenbrauen bildete. Er betrachtete mich ein paar Sekunden lang still und ich konnte den Ausdruck in seinem Blick nicht identifizieren.

„Dann lass mich dich wenigstens zur Bushaltestelle bringen“, sagte er schließlich eindringlich und ich schaute hin- und hergerissen zwischen seinen Augen hin und her. Würde er mich dorthin fahren, würde ich auf keinen Fall den Bus verpassen, aber ich wollte nicht, dass er die Gefahr einging, dass ihn jemand erkannte. Doch würde ich jetzt loslaufen, würde ich es nicht mehr zum Bus schaffen, denn dadurch, dass er mich aufgehalten hatte, hatte ich schon wieder Zeit verloren und er müsste mich den ganzen Weg zur Schule bringen. Das konnte ich nicht verantworten.

Schließlich gab ich widerwillig nach und nickte. Er ließ mein Handgelenk los und schloss die Tür hinter sich - seine Jacke und Schuhe hatte er schon übergezogen. Er führte mich um unser Haus herum und ich wollte gerade fragen, was er da vorhatte, als ich sein schwarzes Motorrad an der Hauswand angelehnt entdeckte.

Ich riss die Augen auf. Oh Gott. Ich hatte gehofft, dass er vielleicht mit dem Auto hier wäre - aber im selben Moment fiel mir auf, wie dumm das war. Meine Eltern hätten sofort Verdacht geschöpft, wenn ein fremdes Auto vor unserem Haus stehen würde.

Louis klappte den Sitz hoch und holte einen schwarzen Helm aus dem Hohlraum, überreichte ihn mir. Meine Finger zitterten leicht, als ich den Verschluss mit einem Klicken einrasten ließ. Ich wartete ein wenig Abseits bis Louis die Maschine gewendet hatte und draufsaß, bevor ich hinter ihm raufkletterte und meine Arme um seine Hüfte schlang. Ein paar Sekunden später erwachte das Motorrad mit einem lautem Dröhnen unter mir zum Leben und das ganze Gefährt vibrierte, als er schließlich Vollgas gab und losfuhr.

Das Gefühl war das Gleiche wie beim ersten Mal - mir rutschte das Herz in die Hose und ich kniff die Augen zu, ignorierte die Geschwindigkeit, mit der wir die Straße entlangrasten. Doch nach ein paar Augenblicken beruhigte sich mein Herzschlag wieder und ich traute mich aufzuschauen, genoss den Wind, der mir um die Ohren wehte. Es war immer so; im ersten Moment würde ich alles dafür geben, wieder abzusteigen und zu Fuß weiterzulaufen, aber sobald diese Phase überwunden war, könnte ich mich fast schon daran gewöhnen und hätte nichts dagegen, wenn die Fahrt noch Ewig so weitergehen würde.

Doch leider war der Weg nicht so lang und so kam es, dass wir schon kurze Zeit später vor dem kleinen Bushäuschen anhielten. Erleichtert stellte ich fest, dass die Schüler noch dastanden und vom Bus war noch weit und breit keine Sicht. Schweren Herzens kletterte ich von der Maschine und setzte den Helm wieder ab, Louis stieg ebenfalls ab und nahm mir den Helm aus der Hand, um ihn wieder in dem Hohlraum unter dem Sitz zu verstauen.

„Danke“, lächelte ich kurz angebunden und versuchte wieder Ordnung in meine Haare zu bekommen.

Er erwiderte nichts und lehnte sich stattdessen lässig an sein Motorrad, fischte seine Zigaretten aus seiner Hosentasche, während er mich dabei beobachtete, wie ich mit meinen Haaren zu kämpfen hatte. Ich wusste nicht warum, aber irgendwie machte mich sein Blick nervös. Mein Herz schlug schneller, als er sich eine Zigarette anzündete und einen Zug nahm. Eigentlich hatte ich gedacht, ich könnte Raucher nicht ausstehen, aber an ihm fand ich es ungewöhnlich... anziehend. Ich spürte, wie meine Wangen heiß wurden, als ich darüber nachdachte. Louis schien dies zu bemerken und hob seine Augenbrauen, forderte mich still dazu auf zu sagen, was in mir vorging.

Doch bevor ich auch nur ein Wort sagen konnte, rief eine bekannte Stimme nach mir. Ich drehte mich verwirrt um und sah Desmond Parker - meinen Klassenkameraden - hinter mir stehen. Er beachtete Louis nicht, als er einen Arm um meine Schultern schlang und mich frech angrinste.

„Du hast nicht zufällig die Mathehausaufgaben für mich?“, fragte Desmond und wackelte mit den Augenbrauen. Ich verdrehte die Augen, wollte aber gerade meinen Rucksack öffnen und ihm die Hausaufgaben geben - schließlich waren wir schon seit der Grundschule in einer Klasse und er fragte mich schon seit ich denken konnte nach meinen Hausaufgaben - als eine Stimme mich davon abhielt.

„Ich geb' dir drei Sekunden, um deine dreckigen Finger von ihr zu nehmen und dich zu verpissen“, sagte Louis seltsam ruhig, nagelte Desmond aber mit einem kalten Blick fest - der mich innerlich erschaudern ließ - während er die Asche von seiner Zigarette abklopfte.

Desmond schien Louis erst jetzt zu bemerken und starrte stirnrunzelnd zwischen mir und ihm hin und her.

„Zwei“, zählte Louis seelenruhig und legte den Kopf leicht schräg, was ihn aber noch bedrohlicher aussehen ließ. Desmond schien meine Gedanken zu teilen, denn er nahm langsam seinen Arm von meinen Schultern und hob verwirrt die Hände.

„Chill', Dude“, murmelte er, als er sich umdrehte und sich kopfschüttelnd wieder zu seinen Freunden gesellte.

Louis warf seine halbaufgerauchte Zigarette auf den Boden und zerdrückte sie mit seinem Schuh, bevor er mich mit einer hochgezogenen Augenbraue betrachtete.

„Läuft das immer so?“, fragte er seltsam ruhig. „Du erledigst den Dreck und die schreiben ab?“

Ich hatte das dumpfe Gefühl, dass er innerlich kochte und ich wollte ihn nicht provozieren, also antwortete ich wahrheitsgemäß, „Nicht immer, aber manchmal, ja.“ Als Louis nicht antwortete, fügte ich schnell hinzu, „Aber es macht mir nichts aus, wirklich.“

Er antwortete nicht, sondern studierte nur nachdenklich mein Gesicht, als würde er sich fragen, wieso ich mir sowas gefallen ließ. Wenn ich ehrlich mit mir selbst war, konnte ich darauf keine Antwort geben. Ich hatte nie wirklich darüber nachgedacht - aber jetzt, wo Louis Zeuge davon geworden war, schämte ich mich dafür.

Ich bemerkte im Augenwinkel, wie sich plötzlich alle sammelten und wusste, dass der Bus kam. Ich drehte mich noch einmal zu Louis um - wusste aber nicht was ich sagen sollte - doch das nahm er mir ab.

„Lass den Scheiß einfach“, sagte er Ernst, bezog sich auf die Situation mit Desmond gerade eben. „Du machst die Schule für dich und nicht für irgendwelche Vollidioten.“

Bevor ich die Chance hatte, ihm zu antworten, schwang er sich auf sein Motorrad, ließ den Motor aufdröhnen und machte sich davon - ohne sich von mir zu verabschieden.

Etwas enttäuscht stieg ich in den Bus und fuhr zur Schule - mit den Gedanken war ich aber den ganzen Tag bei seinen letzten Worten, denn er hatte Recht; ich machte die Schule für mich, und nicht für irgendwelche Vollidioten namens Desmond Parker.

_________

(Hey Leute,

wir kommen dem Ende immer näher! Ich muss nur noch das nächste Kapitel schreiben - das letzte Kapitel und den Epilog habe ich schon fertig. :p

Voten und kommentieren nicht vergessen, ihr macht damit meinen Tag schöner - ob ihr's glaubt oder nicht. (:

Celine xx)

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