Rebellion

By Nakita_Herondale

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Ein großer Teil der Menschheit wurde von einem Virus ausgelöscht. Die wenigen die übrig sind leben meist in A... More

Prolog
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 27
Kapitel 28
Kapitel 30
Kapitel 31
Kapitel 32
Kapitel 33
Kapitel 34
Kapitel 35
Kapitel 36
Kapitel 37
Kapitel 38
Kapitel 39
Kapitel 40
Kapitel 41
Kapitel 42
Kapitel 43
Kapitel 44
Kapitel 45
Kapitel 46
Kapitel 47
Kapitel 48
Kapitel 49
Kapitel 50
Kapitel 51
Kapitel 52
Kapitel 53
Kapitel 54
Kapitel 55
Kapitel 56
Kapitel 57
Kapitel 58
Kapitel 59
Kapitel 60
Kapitel 61
Kapitel 62
Kapitel 63
Kapitel 64
Kapitel 65
Kapitel 66
Kapitel 67
Kapitel 68
Kapitel 69
Kapitel 70
Kapitel 71
Kapitel 72
Kapitel 73
Kapitel 74
Kapitel 75
Epilog
Nachwort
Nimmerland

Kapitel 29

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By Nakita_Herondale


Kapitel 29

"Keira? Louis war grad hier und meinte in einer Stunde wollt ihr los", hörte ich Helens Stimme.

Meine Augen waren noch fest verschlossen, doch mein Verstand war schon einigermaßen wach. Wohin wollte ich nochmal mit Louis?

Ach ja, meinen Vater besuchen. Meinen Vater besuchen! Sofort war ich hellwach und saß aufrecht im Bett.

"Wow, das ging schnell. Vielleicht sollte Louis dich morgens öfter abholen, wenn du dann so schnell wach bist", grinste sie mich an.

Augenverdrehend schüttelte ich den Kopf. "Du weißt, dass es nicht wegen Louis ist." Sie lachte und guckte mich nur an. "Und du solltest wissen, dass das Ironie war."

Ich schüttelte nur den Kopf und ging duschen. Als ich wieder aus dem Bad kam musterte ich unzufrieden meine Kleidung.

"So kann ich doch nicht meinem Vater gegenüber treten", seufzte ich frustriert. Helen erhob sich von ihrem Bett.

"Ich bin gleich wieder da." Seufzend setzte ich mich auf mein Bett und merkte erst jetzt, dass Balu wieder da war.

Ich klopfte auf meine Knie, wodurch er sofort auf den Beinen war und mit dem Schwanz wedelte.

"Hey, Kleiner", lächelte ich ihn an und wuschelte über seinen Kopf. Seit ich hier war, hatte ich meinen kleinen Liebling ziemlich vernachlässigt.

Ausgiebig kraulte ich ihm den Nacken, was er mit geschlossenen Augen genoss. Mit einem Satz war er dann auch schon auf meinem Bett.

Ich setzte ihn auf meinen Schoß und strich weiter durch sein Fell. Als eine Art Dankeschön wollte er mir einmal durchs Gesicht lecken, was ich lachend mit einer Hand abblockte.

Damit er nicht noch einen Versuch startete, setzte ich ihn wieder auf den Boden und starrte auf die Zimmertür.

Zum Glück kam auch direkt Helen mit einem Haufen Kleidung und einem kleinen Etui in der Hand.

"Hab ein paar Sachen gefunden. Also lehn dich zurück und lass mich machen." Sie setzte sich im Schneidersitz mir gegenüber auf mein Bett und öffnete das Etui.

In diesem befanden sich lauter Utensilien zum schminken und frisieren. "Wo hast du das alles her?", fragte ich während sie mir die Wimpern tuschte.

"Oh, Pia hat mir liebend gerne ein paar Sachen aus dem Atelier zur Verfügung gestellt", antwortete sie nur und machte sich weiter daran mich zu schminken. Als sie damit fertig war, gab sie mir meine Kleidung.

Eine schwarze Hose, dazu ein weißes T-Shirt , eine Lederjacke und Chucks. Als ich es angezogen hatte, sah sie mich entschuldigend an.

"Ich wollte etwas schickeres holen, aber Pia hatte nichts, was kein Ballkleid war", lächelte sie. "Es ist perfekt", beruhigte ich sie und band meine Haare zu einem Zopf nach hinten.

"Du bist wunderschön, Keira." Ich lächelte sie an. "Das musst du gerade sagen, du siehst aus wie ein Engel", lachte ich nur und schaute in den Spiegel.

So ganz unrecht hatte sie aber nicht, auch wenn ich es nicht zugeben würde. Ich sah wirklich recht hübsch aus.

Meine Augen hatte sie dunkel geschminkt und ich fand, ich sah rebellisch aus. Auch die Kleidung gab meinem Look etwas Gefährliches, Rebellisches.

"Und du wie ein Teufel", lachte sie und hob Balu wieder von Boden hoch. Ihr leckte er einmal durchs Gesicht, da sie ihn nicht daran hinderte.

"Schau nur wie hübsch dein Frauchen ist", sagte sie zu Balu und hielt ihn vor ihr Gesicht, woraufhin er ihr über die Nase leckte.

Ich beobachtete das Ganze nur kopfschüttelnd und grinsend. "Hat Louis irgendwas gesagt, ob er mich holt oder ob wir uns treffen?", wollte ich von Helen wissen.

Sie wandte ihre Aufmerksamkeit wieder mir zu anstatt Balu. "Oh ja, bei der Abzweigung zum Jungstrakt oder dem Speisesaal", antwortete sie, bevor sie sich wieder dem Hund zuwandte.

"Naja, ich geh dann mal. Bis später", verabschiedete ich mich und verließ unser Zimmer. Ich machte mich auf den Weg zum Jungstrakt.

Ich konnte Louis schon sehen, der ungeduldig da stand. "Pünktlichkeit ist eine Tugend, die..", er stockte und musterte mich.

"Seh ich so schlimm aus?", fragte ich verunsichert. Er lachte. "Mach dir mal keine Sorgen, du siehst super aus", grinste er und wir machten uns auf in Richtung Pias Atelier.

"Da auch ich nicht rein und raus spazieren darf wie ich will, müssen wir durch Pias Atelier. Die einzige Schwierigkeit ist es, sie zu überzeugen."

Das erste was mir einfiel war, wie er es geschafft hatte, als er Balu geholt hatte. Als wenn er meine Gedanken gelesen hätte, antwortete er.

"Sie hat sich damals mit Nathan getroffen und die Chance hab ich genutzt." Wir betraten das große Atelier und Pia war noch immer am arbeiten, obwohl es schon so spät war.

"Dir steht das Outfit hervorragend, Keira", sagte Pia ohne sich auch nur umgedreht zu haben. "Nur werde ich nicht ganz so schlau daraus, was du hier willst, Louis."

Er trat weiter ins Atelier und ich folgte ihm. "Deinen Ausgang benutzen", rückte er direkt mit der Sprache heraus.

Mit gerunzelter Stirn drehte sie sich um. "Und warum sollte ich gerade dir erlauben ihn zu benutzen?"

Sie sah nicht sehr überzeugt. "Weil ich ihr einen Gefallen tun möchte", antwortete er und schaute mich an.

Skeptisch verengten sich ihre Augen. „Ach ja?", fragte sie ebenso skeptisch wie ihr Gesichtsausdruck offenbarte. „Und was wäre das für ein Gefallen?"

Neben mir wurde Louis nervös. Verunsichert hüpfte er von einem Fuß auf den anderen und schaute verlegen weg. „Das kann ich dir leider nicht sagen", antwortete er ihr dann leise. Jetzt war ich es, die verwundert eine Augenbraue hob. Der coole, toughe Louis schien mir nicht wie ein Junge, der schnell nervös wurde. Vor allem nicht bei so einer lieben Person wie Pia.

„Na wenn das so ist", zuckte Pia gleichgültig mit den Schultern. Louis entspannte sich sichtlich und war bereit einen Schritt auf den Geheimausgang zu zugehen, als Pia scharf hinterher setzte: „Dann kann ich euch auch nicht durch lassen." Sie drehte sich wieder zu ihrer Puppe um und nahm ihre Arbeit wieder auf, die daraus bestand, das Kleid an den richtigen Stellen mit Nadeln abzustecken.

Louis neben mir seufzte bedrückt und seine Schultern sanken wieder nach unten. Anscheinend hatte er nicht erwartet, dass Pia so leicht nachgab.

„Na schön", seufzte er erneut. „Aber du musst mir schwören, dass du es niemanden verrätst. Ich tue das für Keira und ich will nicht, dass sie Ärger bekommt."

Pia hörte mit ihrer Arbeit auf, drehte sich aber nicht zu uns um. „Wenn du schon so anfängst, dann kann es nur etwas sau dämliches sein. Und in diesem Fall müsste ich es wirklich melden." Sie schwieg. Eine Minute, zwei. Dann war sie es die seufzte. „Aber ich will genauso wenig, dass Keira Ärger bekommt wie du." Nun drehte sie sich doch zu uns um. Einschüchternd schritt sie auf Louis zu, bis sie so nah an ihm stand, dass die beiden nur noch von wenigen Zentimetern getrennt wurden. Mit wütend funkelnden Augen bohrte sie ihren Zeigefinger in seine Brust. Ihre Stimme klang bedrohlich als sie weitersprach. Selbst ich wurde von ihrer plötzlichen Aggression eingeschüchtert. „Keira bedeutet mir viel, Louis. Was auch immer du vor hast, wenn euch beiden auch nur ein Haar fehlt wenn ihr zurück kommt, dann werde ich dich auf der Stelle melden, hast du verstanden?"

Louis nickte eingeschüchtert, bevor er einen Schritt zurück trat. Sofort erhellte ein strahlendes Lächeln Pias Gesicht und es vertrieb die Bedrohung die sie ausgestrahlt hatte, so als wäre es alles nur Einbildung gewesen."Gut. Dann schieß los.', erzähl mir von deinem spannenden Plan."

Louis schluckte hart und bemühte sich sichtlich darum, wieder Fassung zu bewahren, was ihm genauso wenig gelang wie mir. „Ich will Keira zu ihrem Vater bringen", brach es schließlich aus ihm heraus. Bevor Pia sich entrüsten konnte, nahm ich den Faden auf. Ich hatte es satt daneben zu stehen und nichts zu sagen. Obwohl ich immer noch von Pias komischen Verhalten eingeschüchtert war.

„Ich will mit meinem Vater reden, ihm zu verstehen geben, warum ich jetzt hier bin. Ich will das er den Grund meiner Entscheidung weiß und vielleicht sogar versteht."

Pias Gesichtsausdruck wurde weich. Wohlwollend lächelte sie mich an. „Na gut, ich erlaube euch, meinen Geheimausgang zu benutzen. Aber ich tue das für dich, Keira", sie deutete ernst aber liebevoll mit ihrem Zeigefinger auf mich, „nicht für dich, Louis." Ihr Ton wurde schärfer als sie mit dem Zeigefinger auf Louis zeigte. „Und wehe dir passiert das gleiche wie beim letzten Mal, Louis."

Also hatte Pia doch was mitgekriegt. Er nickte nur und zog mich hinter sich her. "Was hast du das letzte Mal denn gemacht?", fragte ich, als wir außer Hörweite waren.

"Das war nicht das Mal als ich deinen Hund geholt habe. Bei dem Mal hab ich Kaffee, den ich für meine damalige Freundin geholt hatte, auf eines ihrer Kleider gekippt. Seitdem ist sie nicht gerade gut auf mich zu sprechen, aber dich mag sie ja."

Skeptisch sah ich ihn an. Der Aufwand für einen Kaffee? "Verurteil mich nicht. Sie war meine erste Freundin und vielleicht hab ich mich ein bisschen zu sehr einlullen lassen", verteidigte er sich.

Ich lachte lediglich ein wenig, sparte mir aber jelgichen Kommentar. Als wir die Garage betraten, sah Louis mich an.

"Bist du schonmal Motorrad gefahren?", fragte er und ich schüttelte den Kopf. Auf seinen Lippen machte sich ein Grinsen breit. "Es gibt für alles ein erstes Mal."

Und kurze Zeit später, saß ich hinter ihm auf einem Motorrad und klammerte meine Arme um seinen Oberkörper.

"Wenn du noch fester drückst, brichst du mir den Brustkorb", lachte er mich wegen meiner Panik aus.

Meine einzige Antwort war ein Schlag auf seinen Rücken. "Darf ich dich erinnern, wer vorne sitzt?"

Beleidigt hielt ich den Mund und musste feststellen, dass Motorrad fahren doch nicht so schlimm war, wie gedacht.

Als wir durch die dunklen Hauptstraßen fuhren und uns vom Virus geschädigte Menschen ansahen, wurde mir ganz mulmig.

Jetzt gab es keinen Zaun, keine extradicken Autotüren oder kugelsichere Fenster. Jetzt gab es nur mich und Louis, gegen all diese Menschen.

Vielleicht übertrieb ich auch ein bisschen, denn keiner startete wirklich einen Versuch uns anzugreifen, dennoch war ich die Fahrt über unruhig.

Als wir endlich ein paar Meter von unserem Anwesen entfernt hielten, konnte ich ein wenig aufatmen.

Rund um unser Anwesen und den Zaun war Wald, und somit auch keine direkte Verbinden zu Infizierten.

"Wenn wir zurück sind, musst du mir Motorradfahren beibringen", begann ich eine Unterhaltung, weil mir die Stille unheimlich war.

Louis hielt nur den Finger vor den Mund und sofort hielt ich die Klappe. Die ganze Zeit über hatte ich das beklemmende Gefühl, dass jemand aus dem Gebüsch springen würde um mich dann zu töten.

Aus Sicherheitsgründen hielt ich mich ziemlich nah an Louis, was ihn wohl meine Unruhe merken ließ, denn aus seiner Jacke zog er eine Pistole und drückte sie mir in die Hand.

Nun fühlte ich mich ein wenig sicherer, aber noch immer nicht wohl. Die ganze Zeit guckte ich mich um und jedes Rascheln ließ mich zusammen zucken.

Als wir endlich den Zaun erreicht hatten, drehte sich Louis zu mir um. "Wie kommen wir am besten rein?", flüsterte er so leise wie möglich.

Ich überlegte kurz. Hinten, am Rande des Grundstücks war der Zaun locker. Balu war einmal dadurch entkommen und ich hatte ihn wieder eingefangen.

Das waren die einzigen Minuten, die ich bis zu dem Zeitpunkt außerhalb des Zauns oder eines sicheren Autos verbracht hatte.

Eigentlich hatte ich es meinem Vater erzählen wollen, aber hatte es immer vergessen. "Am hinteren Ende...", begann ich viel zu laut, sodass Louis mir seine Hand auf den Mund drückte.

"Zeig mir einfach wohin", zischte er und ich lief voraus. Meine Finger ruhten durchgängig auf dem Abzug der Waffe, immer dazu bereit auf jemanden zu schießen.

Als wir die Stelle erreichten, wand ich mich kurzerhand durch die schmale Lücke und sah zu Louis, der noch immer auf der anderen Seite stand.

Er war nicht so schmal wie ich, weswegen er ein wenig länger brauchte, doch letztendlich schaffte auch er es.

"Und jetzt?", fragte ich diesmal im Flüsterton. Irgendwie kam ich mir vor wie ein Spion auf Geheimmission, so einer wie James Bond oder so.

Auch wenn ich Angst hatte erwischt zu werden, war das Ganze hier irgendwie ziemlich cool. "Habt ihr auch so einen Trupp wie die Adams?"

Ich schüttelte den Kopf. "Unser Haus ist durch eine extrem gute Alarmanlage gesichert, aber ich kann sie abschalten."

Louis nickte und wir näherten uns dem Haus. Dies dauerte allerdings ein wenig, da unser Grundstück doch recht groß war.

Am Haus angekommen, ging ich zum Vordereingang und öffnete den Schaltkasten. Mit ein paar geschickten Handgriffen hatte ich den Alarm deaktiviert und mithilfe eines Dietriechs öffnete Louis uns die Tür.

Er machte eine höfliche Geste, dass ich zuerst eintreten solle. Als Antwort machte ich einen Knicks und lächelte.

Als wir im Haus waren, schloss Louis vorsichtig die Tür hinter uns. Das Haus, in dem ich schon so oft durch die Tür gegangen war.

Nun musste ich bei jedem Schritt vorsichtig sein und Aufpassen unbemerkt zu bleiben. "Brauchst du noch, welche von deinen Sachen? Dann holen wir die erst, falls wir kurzerhand flüchten müssen."

Ich nickte und schlich mich nach oben in mein Zimmer. In einem Rucksack packte ich ein paar persönliche Dinge, wie Fotos und ein Armband, was mir Lucy geschenkt hatte.

Ich war gerade wieder im Flur und wollte zu Louis als meine Mutter vor mir stand. Ungläubig starrte sie mich an und ich zurück.

Nur zwei Meter trennten uns voneinander. "Keira", gab meine Mutter entsetzt von sich. Ich war so perplex, dass ich nichts sagen konnte.

Als meine Mutter ihre Fassung wieder hatte, starrte sie mich aufgebracht an. "Ich wusste es, ich habe es immer gewusst, dass aus dir nichts wird."

"Wie bitte?", fragte ich entsetzt. Ich war fast zwei Monate weg und das war alles was sie zu sagen hatte.

"Du hast schon richtig gehört. Du verzogenes Gör. Ich habe dir alles gegeben und das ist dein Dank. Verrat. Verrat an der Familie."

Auf die Tour wollte sie es also. Na gut, dann war ich jetzt auch mal ehrlich. "Mir alles gegeben? Du hast mich immer nur angemeckert, mir keine Freiheit gelassen."

Sie ging gar nicht erst darauf ein. "Ich wusste, dass es so kommt. Ich wusste, du würdest wie sie werden", fauchte sie verbissen. Wie wer?

Fragend sah ich sie an. "Ha, du hast doch nicht ernsthaft geglaubt ich wäre deine leibliche Mutter? Deine Tollpatschigkeit steht in keiner Verbindung mit meiner Eleganz."

Die Worte trafen mich wie ein Schlag. Sie sollte nicht meine Mutter sein? "Vor 17 Jahren hat dein Vater mich betrogen, mit einer Rebellin. Genau wie du ein schrecklich störrisches Mädchen."

Tränen stiegen in meine Augen. Sie hatte soeben mein komplettes Weltbild zerstört. Mein Vater soll sie betrogen haben? Mein Vater, der keiner Fliege etwas zu leide tun könnte? "Ich war nie störrisch, ich entsprach nur nie deinem Ideal", antwortete ich ihr kühl.

"Nein, du hättest auch nie die Fähigkeit dazu. Aber nicht nur genug, dass dein Vater mich betrogen hatte, nein er wollte mich für diese Schlampe verlassen. Aber das konnte ich nicht zulassen, deshalb habe ich sie erschossen. Und danach musste er bei mir bleiben, er brauchte jemand der sein verkorkstes Balg großzieht. Immer habe ich mich um dich gekümmert und mich um dich gesorgt. Nun ist dies also dein Dank."

Das war zu viel für mich. Die Frau, die mich großgezogen hatte, hatte mich immer belogen, mich nie geliebt. Sie war nicht einmal meine Mutter. Ich sah Rot und holte die Waffe aus meiner Tasche und richtete sie auf sie. Erschrocken sah sie mich an.

"Du hast dich nie um mich gesorgt. Du wolltest nur eine perfekte, kleine Puppe großziehen und hast dich darum gesorgt, dass sie nicht bricht." Ich machte eine kurze Pause.

"Doch sie ist gebrochen." Die Frau, die ich als meine Mutter bezeichnet hatte, sah mich ängstlich und entsetzt an.

Doch dann kamen sowohl Louis, als auch mein Vater. Beide sahen erschrocken auf mich, die Waffe noch in der gleichen Position in der Hand, und meine angebliche Mutter gegenüber von mir. Und ich, ich fühlte nur blinde Wut.

"Keira." Mein Vater sah mich erschrocken an. Tränen liefen über meine Wange. "Du hast mich belogen", schrie ich ihn an.

"Keira, du musst mich..."

"Nein", unterbrach ich ihn. "Ich muss gar nichts. Ich gehöre zu den Rebellen, ich wollte kommen um es dir persönlich zu sagen, aber jetzt erfahre ich, dass du mich nur belogen hast", fuhr ich ihn an und wurde immer lauter und meine Stimme immer hysterischer.

"Keira, es tut mir Leid. Ich wollte, dass du ein normales Leben hast, versteh mich doch bitte. Aber du musst jetzt weg. Sonst werden sie kommen und euch holen. Jemand wird euch gehört haben."

Mit diesen Worten hatte er mich aus dem Konzept gebracht. Ich hatte die Frau, mit der er so viele Jahre verheiratet war, mit einer Waffe bedroht und er wollte mir bei meiner Flucht helfen?

"Du sollst wissen, dass ich deine Entscheidung vollkommen akzeptiere. Ich bin so stolz auf dich, dass du auf dein Herz hörst, aber jetzt müsst ihr weg."

Er kam auf mich zu und wischte die Tränen von meinen Wangen. Meine angebliche Mutter sah ihn ebenso entsetzt an wie ich. Er nahm mich in den Arm und ließ langsam die Waffe sinken.

Mit zusammengepressten Lippen und Tränen in den Augen sah meine Mutter uns an und in diesem Moment verspürte ich Mitleid mit ihr. Wenn ich so über meine Vergangenheit nachdachte, hatte mein Vater mich immer in Schutz genommen und alles für mich getan.

Ich glaube, sie hatte ihn wirklich geliebt und er hatte ihr Herz gebrochen. Und seitdem hatte sie durch mich jeden Tag aufs Neue sehen müssen, was sie gehabt haben könnte. Denn selbst jetzt nahm er mich in Schutz. Ich hatte sie bedroht und er machte rein gar nichts außer mir zu helfen.

" Sei stark und vergiss mich nicht, Prinzessin. Ich liebe dich." Er gab mir einen Kuss auf die Wange.

Noch immer war ich unfähig zu sprechen sondern starrte ihn nur stumm an. "Und du", er wandte sich an Louis," pass auf sie auf."

Louis nickte. "Das werde ich, versprochen." Ich konnte in der Ferne die Sirenen vernehmen, doch meine Wahrnehmung war eingeschränkt und alles hörte sich so unendlich weit weg an.

Louis packte mich am Arm und löste mich aus meiner Starre. "Wir müssen weg, Keira." Er zog mich in Richtung Treppe.

Doch bevor ich die Treppe runter rannte, drehte ich mich noch einmal um. "Ich liebe dich auch." Mein Blick blieb kur an meiner Mutter hängen und ich war kurz davor ihr dasselbe zu sagen, doch es erschien mir falsch.

Dann folgte ich Louis und wir rannten zurück zu dem Loch im Zaun. Ohne auch nur eine Sekunde anzuhalten rannten wir weiter durch den Wald. Meine Angst war wie weggeblasen und rückte an den Rand.

Selbst als wir beim Motorrad waren, hielten wir nicht lange sondern fuhren weg. Erst nach einer Weile hielten wir und ich stieg ab.

Meine Wangen waren immer noch feucht von den Tränen und ich setzte mich auf den Boden.

Louis stieg ebenfalls ab und setzte sich mir gegenüber. "Alles okay?", fragte er. Dies war einer der Momente, in denen solche Fragen eigentlich überflüssig waren.

Doch diesmal war sie es nicht, denn ich war okay. "Ja", antwortete ich und lächelte. So verrückt die Situation auch war, ich war nicht traurig oder sauer oder sonst was.

Meinte Mutter war nicht meine Mutter und ich hatte sie mit einer Waffe bedroht. Mein Vater war stolz, dass ich bei den Rebellen war.

Auch wenn mich das erste mitnehmen sollte, überwiegte die Erleichterung des zweitens. Louis lächelte mich liebevoll an und schaute mir einfach in die Augen.

Wenn man genauer hinsah, waren seine Augen nicht schwarz, sondern definitiv braun. Das Braun hob sich ein wenig vom Schwarz ab.

Ich verlor jegliches Zeitgefühl und ehe ich mich versah lagen seine Lippen auf meinen. Dieser Kuss war besser als jeder, den ich mit Daniel hatte.

Alles um mich herum wurde unwichtig und nur der Moment zählte. Ich fühlte mich wie auf Wolken und wollte diesen Moment unendlich währen lassen, doch er endete viel zu schnell.

Als seine Lippen sich wieder von meinen lösten, herrschte eine unangenehme Stille. Anders als bei Daniel, sagte ich diesmal nichts, sondern Louis war der Erste.

"Wir sollte wieder zurück fahren." Ich nickte und er half mir hoch. Während der Fahrt lehnte ich meinen Kopf an Louis Rücken und der kühle Wind beruhigte mich. Ich hatte Zeit über die ganzen Dinge, die soeben passiert waren nachzudenken.

Als wir dann wieder bei den Rebellen waren, war mir eine Tatsache klar geworden. Etwas, was mir sofort hätte auffallen sollen.

Die Wut in mir war wieder hochgestiegen, aber nicht auf meinen Vater. Sofort nach unserer Ankunft stürmte ich durchs Atelier in die Gänge.

Am Rande konnte ich hören wie Pia Louis fragte, was er gemacht habe. Mein Weg führte zielstrebig zu einem Raum und ohne anzuklopfen stürmte ich rein.

Bob saß vollkommen perplex auf seinem Stuhl. "Du hast es gewusst", fuhr ich ihn an.

"Was habe ich gewusst?", wollte er wissen. "Dass Marylin Dawson nicht meine Mutter ist", schrie ich.

"Keira, beruhig dich erst einmal. Ja, das habe ich gewusst. Als Baby habe ich dich in meinen Armen gehalten. Amanda war so glücklich und stolz, doch dann wurde sie ermordet und wir hatten keine Chance, dich hierher zu bekommen. Und als du dann vor mir saßt, habe ich ihr Gesicht in gesehen und wusste, dass sie in dir weiter lebt. Deswegen habe ich dir die Aufnahme gewährt. "

So langsam hatte ich begonnen mich zu beruhigen, denn ich konnte ihn nicht wirklich für etwas verantwortlich machen, was er nicht getan hatte? "Warum hast du mir nichts gesagt?", wollte ich wissen. Er hätte mir schließlich was sagen können.

Er seufzte und stand auf. "Weil ich nicht wusste, ob du bereit dafür warst. Nicht zu diesem Zeitpunkt. Es hätte dich aus der Bahn geworfen und du wärst durchgedreht."

Wahrscheinlich hatte er Recht. Irgendwie kam mir mein ganzer Aufstand nun ziemlich kindisch vor.

In dem Moment kam Louis durch die Tür. "Vielleicht ist es besser, wenn du dich schlafen legst und das alles erst einmal verarbeitest."

Ich nickte. "Louis, würdest du sie in ihr Zimmer bringen? Und morgen reden wir beide dann über euren kleinen Ausflug." Louis nickte ein wenig niedergeschlagen.

"Nein." Verwirrt sah Bob mich an. "Ich habe genauso wie Louis das Gelände verlassen, wenn er eine Strafe erhält, ist es nur fair, wenn auch ich eine erhalte."

Bob nickte. "Nun gut, wenn du darauf bestehst. Aber nun geht schlafen." Ich und Louis verließen das Büro und erst jetzt merkte ich wie müde ich eigentlich war.

Schweigend gingen wir nebeneinander her. Als wir mein Zimmer erreichten, sah Louis mir in die Augen. "Es tut mir Leid, wirklich."

Ich lächelte ihn an. "Danke, aber du kannst ja nichts dafür. Außerdem kann ich sowieso nichts daran ändern." Ich öffnete die Tür und schlich mich leise ins Zimmer.

Am liebsten hätte ich jetzt mit Helen geredet, aber sie schlief. Zudem war ich selbst ziemlich müde, also entschied ich mich, das besser auf morgen zu vertagen.





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