Danger ↣ l.t

By phenomenalien

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»Du musst dich von mir fernhalten, ich meine es Ernst.« »Aber ich will mich nicht mehr von dir fernhalten!« »... More

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By phenomenalien

F A Y E

"Faye?"

Eine Hand wedelte vor meinem Gesicht auf und ab und ich schüttelte den Kopf, um aus meinen Gedanken zu kommen.

"Hm?", verwirrt schaute ich neben mir, in das Gesicht von Hayden, die mich verständnislos anschaute.

"Was ist bloß los mit dir? Du bist die ganze Zeit so abwesend. Ist irgendwas passiert?", fragte sie besorgt und ich wandte den Blick ab; schaute stattdessen zu Lynn und Brooke, die sich über Levin unterhielten.

Ich wollte ihr nicht erzählen, was passiert ist. Ich konnte es einfach nicht. Ich weiß, normalerweise sollte man es seiner besten Freundin erzählen, wenn man seinen ersten Kuss bekommen hat. Aber nicht in meinem Fall, wenn der Kuss unfreiwillig und von einem Drogendealer kam. Ich konnte es immer noch nicht fassen, dass er mich wirklich geküsst hatte! Als ich gestern Abend danach ins Haus gekommen bin, war meine Mum fast gestorben vor Erleichterung. Sie hatte sich solche Sorgen gemacht und das wurde auch nicht besser, als sie mein Knie gesehen hatte. Fragen über Fragen folgten, auf die ich alle, so leid es mir auch tat, eine Lüge finden musste. Nach einer langen Standpauke von wegen ich hätte ihnen Bescheid sagen sollen und der Verarztung meines Knies hatten meine Eltern mich endlich in Ruhe gelassen. Danach hatte ich eine lange, warme Dusche genommen und war ins Bett gekrochen, in der Hoffnung, nun endlich Ruhe zu haben und schlafen zu können; einfach alles zu vergessen. Aber da hatte ich die Rechnung ohne meine Gedanken gemacht. Ständig kreisten sie um Louis und seine weichen Lippen, auch wenn es das letzte war, was ich wollte. Ich lag fast die ganze Nacht wach und das konnte man mir heute auch ansehen. Gerade eben in der Chemiestunde wäre ich fast eingeschlafen, obwohl ich es mir in diesem Fach am wenigsten Leisten konnte.

"Nein, es ist alles in Ordnung.", seufzte ich und setzte ein Lächeln auf, in der Hoffnung sie würde es mir abkaufen.

"Faye, verarsch mich jetzt nicht. Ich bin deine beste Freundin, ich weiß wenn was nicht in Ordnung ist.", streng musterte sie mich.

Sie hatte wieder diesen Blick drauf, bei dem man nicht anderes konnte als innerlich zusammenzuschrumpfen und sich schlecht zu fühlen. Da Hayden so wütend geklungen hatte, lag nun auch die Aufmerksamkeit von den anderen Beiden auf uns.

"Ist irgendwas?", fragte Lynn und schaute zwischen mir und Hayden hin und her.

Im selben Moment, in dem ich "Nein" antwortete, schimpfte Hayden: "Natürlich ist etwas, aber sie will es ja nicht sagen!"

Die Blicke von allen dreien ruhten auf mir, während ich versuchte überall hinzuschauen, nur nicht in ihre Gesichter. Ich konnte es ihnen nicht erzählen! Ich wusste nicht wovor ich Angst hatte, schließlich waren es meine besten Freunde, aber irgendetwas hielt mich davon ab. Ich empfand diese ganze Sache irgendwie als ziemlich unangenehm und ich hasste es einfach, wenn die ganze Aufmerksamkeit auf mir lag; so wie gerade in diesem Augenblick.

"Ach, lasst sie doch einfach in Ruhe. Es ist doch ihre Sache, oder nicht?"

Dankbar blickte ich zu Brooke, die mir leicht zulächelte. Die warmen Sonnenstrahlen, die in den Schülergarten auf uns hinabstrahlten, trafen auf ihre Dunkelblonden Haare und ließen sie heller erscheinen.

"Man Brooke, ist das jetzt dein Ernst?", fragte Hayden und tat so, als wäre sie beleidigt. Dabei wussten wir alle, dass sie es nicht war. Vielleicht war sie etwas genervt, weil sie keine Informationen bekam, aber beleidigt war sie so gut wie nie.

Seufzend drehte ich mich um, schnappte meine Tasche und holte meine Wasserflasche raus. Eigentlich hatte ich keinen Durst, aber ich musste eine Ausrede haben, um nicht sprechen zu müssen. Während ich das kühle Wasser meine Kehle hinunterlaufen ließ, fielen Lynn, Hayden und Brooke wieder in ein Gespräch. Worin es darin ging konnte ich nicht sagen, da ich zu beschäftigt war umherzuschauen und andere Schüler zu beobachten. Einige lernten für bevorstehende Arbeiten, andere unterhielten sich in kleineren Gruppen und wiederum andere nutzten die Pause um etwas zu Essen. Ich setzte die Flasche wieder an meinen Mund und nahm einen Schluck, als ich bemerkte, dass die anderen drei plötzlich alle in eine Richtung starrten. Ich folgte ihren Blicken und bemerkte, wie mir das Wasser förmlich im Hals stecken blieb. Augenblicklich fing ich an zu husten und bekam Tränen in den Augen; dabei versuchte ich nach Luft zu schnappen. Eine Hand klopfte auf meinen Rücken und Lynns Stimme fragte besorgt: "Hey, alles in Ordnung?"

Als ich wieder Luft in den Lungen hatte nickte ich und krätzte: "Ja, ich hab mich nur verschluckt." Doch den Grund dafür ließ ich nicht aus den Augen. Aus den Augenwinkel sah ich nur, wie Lynn ihren Blick auch wieder dahin richtete, bis sich ihre Augen weiteten.

"Faye? Oh mein Gott, Faye, ist das der eine Typ aus dem Park?", erschrocken sah sie mich von der Seite an; sie erinnerte sich scheinbar an den Tag, an dem wir ihn beim Drogen dealen erwischt hatten.

Langsam nickte ich; ungewollt kamen die Erinnerungen von gestern wieder hoch, als ich ihn da so lässig vor seinem schwarzen Motorrad stehen und eine Zigarette rauchen sah. Die Sonne ließ seine Piercings aufblitzen, seine braunen Haare waren heute wild durcheinander angeordnet. Als ich hoch in sein Gesicht blickte, erschauderte ich; er schaute mich direkt an. Augenblicklich fühlte ich mich unwohl in meiner Haut, konnte den Blick aber nicht abwenden. Wieso ist mir vorher nie aufgefallen, wie schön er eigentlich war? Oder war es mir schon von Anfang an klar, wollte es mir aber nie eingestehen? Denn dass er schön war, konnte man beim besten Willen nicht bestreiten.

Seine Lippen verzogen sich zu einem leichten Lächeln und er legte den Kopf etwas schief. Als er erneut an seiner Zigarette zog, schmiss er sie gleich danach auf den Boden, ohne sie auszutreten. Seine Haare fielen ihm vorne leicht ins Gesicht, doch er tat nichts dagegen. Stattdessen beobachtete er mich weiterhin, schob dabei seine Hände in seine enge, schwarze Hose, während er noch immer an seiner Maschine lehnte.

Ein lautes Klingeln ertönte und ich zuckte erschrocken zusammen. Sofort löste ich den Blick von Louis und schaute um mich, wo alle anderen Schüler ihre Taschen nahmen und im Gebäude zur nächsten Unterrichtsstunde verschwanden. Als ich bemerkte, dass meine Freunde sich auch ihre Sachen schnappten, stand ich schnell auf und tat es ihnen gleich. Ich wollte gerade losgehen, als ich nach vorne blickte und mir das Gedränge vor der Tür anschaute. Nein, das würde ich mir nicht antun. Ich blieb stehen und wartete bis alle drinnen waren, dabei versuchte ich, mein rechtes Bein nicht allzusehr zu belasten. Es tat zwar nicht mehr so sehr weh wie gestern, aber eine Prellung war es schon und die war nicht ganz schmerzfrei. Zu meiner Überraschung bemerkte ich, dass auch Hayden stehen geblieben war und still neben mir wartete, bis das Gedränge vorbei war und wir gemütlich reingehen konnten. Ein Kribbeln in meinem Nacken verriet mir, dass ich beobachtet wurde; ich spürte seinen Blick schon fast, wie er meinen Rücken durchbohrte.

Als das Gewusel vor uns weniger wurde, setzte Hayden sich in Bewegung. Ich warf noch einen letzten Blick über meine Schulter, nur um wie vermutet zu sehen, wie er mir nachschaute. Als er bemerkte, dass ich ihn anschaute, zwinkerte er mir zu und ich konnte spüren, wie ich knallrot wurde. Peinlich berührt drehte ich mich so schnell wie möglich weg und biss mir auf die Unterlippe. Verdammt, hoffentlich sah er meine Röte jetzt nicht. Wieso war er überhaupt hier? Das hier war eine Schule und ich bezweifelte, dass er noch zur Schule ging. War er wegen mir hier? Bei dem Gedanken fing mein Herz an, sichtlich schneller zu schlagen. Sofort verdrängte ich den Gedanken, ich wollte gar nicht erst wissen, wieso mein Herzschlag sich beschleunigte. Stattdessen konzentrierte ich mich nun auf den Weg zu unserem Raum, wobei mir etwas ungewöhnliches auffiel. Hayden hatte bis jetzt kein Wort gesprochen. Ich wusste nicht recht was das heißen sollte, aber was gutes war es ganz bestimmt nicht. Ich wagte einen Seitenblick zu ihr hinüber, während wir den sich langsam leerenden Flur entlang liefen. Sie starrte mit gerunzelter Stirn nach vorne; sie dachte über irgendetwas nach.

"Ist alles in Ordnung?", fragte ich, als sie bemerkte, dass ich sie anschaute und zu mir sah.

Hayden zuckte mit der Schulter und antwortete gelassen: "Ja eigentlich schon. Ich habe mich nur gefragt, ob der Typ auf dem Parkplatz etwas mit deinem Verhalten zu tun hat. So wie ihr euch angestarrt habt, kannst du mir nicht erzählen, dass du ihn nicht kennst."

Sofort fokussierte ich den Boden und bemerkte genervt, wie sich schon wieder die Hitze in meinem Kopf sammelte.

"Ich wusste es!", rief Hayden und lachte, "Komm schon, jetzt erzähl mir was gestern passiert ist."

Ich seufzte leise und erkannte erleichtert, dass wir beim Raum angekommen waren. Als auch Hayden dies bemerkte, stöhnte sie genervt auf und schüttelte den Kopf.

"So leicht kommst du mir nicht davon, Watson."

Ich musste wegen ihrer Drohung Lachen, während wir als fast letzte den Raum betraten. Genau in dem Moment klingelte es zum zweiten Mal und kündigte den Stundenbeginn an. Unsere Mathelehrerin saß schon vor dem Pult, weswegen ich mich beeilte, auf meinen Platz in der zweiten Reihe zwischen Desmond und Jason zu kommen. Im Matheunterricht galt eine andere Sitzordnung als in den sonstigen Fächern, da Mrs. Smith der Meinung war, wir würden bei einer 'Mädchen-Junge Sitzordnung' wahrscheinlich besser aufpassen. Dabei war es eigentlich völlig egal, wie wir saßen; unsere Klasse fand immer einen Weg miteinander zu kommunizieren.

Als auch die letzten Mädchen den Raum betreten hatten, stellte sich Mrs. Smith hin und schritt zur Tafel. Schon als ich die Überschrift las, knallte ich meinen Kopf auf den Tisch.

Potenzen

Das schlimmste Thema überhaupt. Neben mir lachte Desmond leise auf und ich hob den Kopf um ihn anzusehen.

"So schlimm ist das nicht.", sagte er und grinste.

"Für dich vielleicht nicht. Für mich bedeutet das eine Vier in der nächsten Arbeit.", antwortete ich schlecht gelaunt und starrte nach vorne auf die Tafel, um von ihr abzuschreiben.

"Du beschwerst dich über eine Vier? Ich bin froh, wenn ich mal eine Vier in Mathe habe.", flüsterte er und fing ebenfalls an, von der Tafel abzuschreiben, "Aber das ist das einzige Thema in Mathe, was ich wirklich gut beherrsche."

"Freu dich. Bei mir ist es das einzige, dass ich nicht beherrsche.", seufzte ich.

Die Mathestunde zog sich noch Ewig hin, wobei Desmond mir bei den Aufgaben versuchte zu helfen und zu erklären, wie sie funktionierten. Das alles löste aber noch viel mehr Verwirrung in mir aus, da Desmond die Aufgaben irgendwie anders löste, als sie uns an der Tafel erklärt wurden.

Noch nie hatte ich mich so sehr gefreut, als ich das lang ersehnte Klingeln hörte, was das Stundenende ankündigte. So schnell es ging, packte ich meine Sachen zusammen und stand auf.

"Wow, du hast es ja echt eilig...", lachte Desmond und fing jetzt erst an, seine Sachen einzupacken.

Doch bevor ich ihm antworten konnte, kam Hayden und zog mich am Handgelenk aus dem Klassenraum.

"Hey, warte mal! Was wird das?", fragte ich verwirrt und versuchte mich freizumachen. Sie antwortete nicht, stattdessen hielt sie mich nur noch fester am Arm und zog mich durch die komplette Schule.

"Hallo? Hayden?", versuchte ich es erneut, auf der Suche nach einer Antwort. Doch meine beste Freundin ignorierte mich völlig und so ließ ich mich von ihr auf den Schulhof ziehen. Als wir in mittem dem Schulhof standen, hielt sie plötzlich an und ließ mich los. Fragend sah ich sie an, als sich ein großes Lächeln auf ihrem Gesicht bildete.

"Ich wollte nur sicher gehen, dass du mir nicht schon wieder abhaust. Und jetzt kannst du mir erzählen, was gestern gewesen ist.", triumphierend schaute sie mich an und hob die Augenbrauen.

Mist. Ich musste mir irgendeine Ausrede einfallen lassen... Ich biss auf die Unterlippe und tat so, als würde ich nachdenken. Den neugierigen Blick von ihr konnte ich nicht ignorieren und mir fiel einfach nichts passendes ein, was ich ihr erzählen konnte. Und anlügen wollte ich sie auch nicht. Ein Seufzen entkam meinem Mund und ich fand mich gerade mit dem Gedanken ab, dass ich es ihr erzählen werde, als eine Stimme meinen Namen rief. Gott sei Dank!

Sofort drehte ich mich um und sah Desmond mit seinem besten Freund Max auf uns zu laufen. verwirrt schaute ich die beiden an; was wollten sie von mir? Doch als Desmond einen Schlüssel vor seinem Gesicht hin-und herbaumeln ließ, wurde es mir klar.

"Hier, du hast deinen Schlüssel im Klassenraum liegen gelassen. Das kommt davon, wenn man es so eilig hat!", lachte er und überreichte ihn mir.

"Oh, Dankeschön.", bedankte ich mich und packte den Schlüssel in meine Schultasche. Wieso verliere ich eigentlich immer meinen Schlüssel? Schon Louis hatte mir damals den Schlüssel wiedergeben müssen. Was heißt damals? Das ganze ist nicht einmal einen drei Wochen her, doch komischerweise kam es mir vor wie Monate.

Als ich an Louis dachte, wandte sich mein Blick automatisch zum Parkplatz. Während des Matheunterrichts hatte ich komplett vergessen, dass er in der Pause noch dort stand. Mein Blick wanderte über die verschiedenen Autos, eigentlich erwartete ich nicht, dass er noch dort stand. Schließlich waren seit dem 45 Minuten vergangen und ich hatte auch keine Ahnung, weshalb er überhaupt hier war. Es konnte auch genauso gut sein, dass er wegen seinem Job hier war oder weil er sich mit jemanden treffen wollte.
Doch zu meiner Überraschung stand das schwarze Motorrad noch genau dort, wo es gerade eben auch gestanden hatte, genauso wie er selbst.
Er schien mich nicht bemerkt zu haben, denn er hatte sein Handy in der Hand und starrte mit gerunzelter Stirn auf das Display.
"Gern geschehen.", grinste Desmond auf einmal und holte mich aus meinem Starren. Ich musste erst nachdenken, bevor ich den Sinn hinter seinem Satz verstand. Leicht lächelte ich ihn an, bevor Max sich an Desmond wandte.

"Bist du jetzt so weit? Wir müssen uns beeilen."
Desmond dachte kurz nach und sah ihn verwirrt an, bevor sich sein Gesichtsausdruck hob und er wieder zu wissen schien, von was Max redete.
"Klar, man sieht sich Faye.", sagte er zum Abschied, bevor er sich mit Max umdrehte und in die entgegengesetzte Richtung verschwand. Hayden seufzte erleichtert auf und schüttelte den Kopf.

"Diese Idioten müssen auch immer zum ungünstigsten Zeitpunkt kommen. Also, wo waren wir stehen geblieben?", fragend hob sie die Augenbraue und blickte mich an, doch ich sah schon wieder woanders hin. Besser gesagt zu einer Person, die ihr Handy nun weggepackt hatte. Seinen Gesichtsausdruck konnte ich nicht ganz deuten, aber zufrieden sah er nicht aus, als er an mir vorbeistarrte. Verwundert drehte ich mich um und versuchte das zu erfassen, was er so anstarrte, aber außer Desmond und Max war dort niemand. Kannte er die beiden etwa? Mit gerunzelter Stirn schaute ich ein paar mal zwischen ihm und den anderen Beiden hin und her, doch ich konnte mir keinen Reim darauf machen.

"Ach ja, genau. Du warst gerade dabei mir zu erzählen, was gestern vorgefallen ist.", sagte Hayden, als sie meinem Blick folgte und nun ebenfalls zu Louis schaute. Nur mühsam schaffte ich es, den Blick abzuwenden und meine Aufmerksamkeit voll und ganz auf Hayden zu lenken.

"War ich das?", versuchte ich irgendwie Zeit zu schinden. Und in dem Moment, als ich an das Wort 'Zeit' dachte, kam mir wieder in den Sinn, dass wir Schulschluss hatten und wir hier schon seit einer Viertelstunde standen. Sofort schaute ich zur Bushaltestelle und mein Verdacht bestätigte sich; Wir hatten den Bus verpasst.

"Verdammt Hayden, wir haben den Bus verpasst!"
Mit hektischer Stimme wies ich sie darauf hin, doch sie tat es überraschenderweise mit einer Handbewegung ab.

"Nein, ich werde abgeholt. Meine Mum und ich müssen gleich noch zu meinen Großeltern.", seufzte sie und verdrehte die Augen. Doch dann fiel ihr überhaupt auf, was sie da gerade von sich gegeben hatte. Ihre Augen weiteten sich augenblicklich und sie hielt sich die Hand vor ihren Mund.

"Oh mein Gott, Faye das tut mir so Leid! Wegen mir hast du jetzt den Bus verpasst und wir können dich nicht mal mitnehmen!", schuldbewusst schloss sie die Augen und schüttelte den Kopf. "Verdammt, das tut mir so unendlich leid. Wie kommst du denn jetzt nach Hause?"

Ich seuftze einmal schwermütig, bevor ich klaren Gedanken fasste. Ich wusste, dass meine Eltern mich nicht abholen könnten; sie waren Arbeiten. In so einem Notfall hätte ich jetzt normalerweise Tyler angerufen, aber das ging nun mal nicht mehr. Mist, wie sollte ich denn jetzt nach Hause kommen?

"Pass auf Hayden, es ist nicht deine Schuld. Mach dir keine Vorwürfe, ich hätte auch daran denken können. Ich werde... Ich werde dann wohl nach Hause laufen müssen.", meinte ich gequält bei dem Gedanken, die ganzen sieben Kilometer zu Fuß zu laufen, aber etwas anderes blieb mir nun mal nicht übrig. Hätte ich mich doch bloß nicht von Hayden ablenken lassen...

"Bist du dir sicher? Mist, das sind um die sieben Kilometer, willst du die wirklich laufen? Oh man, das tut mir so leid...", Entschuldigte sie sich nun schon zum dritten mal, woraufhin ich ein kleines Lächeln zustande brachte.

"Es ist alles in Ordnung, wirklich. Sind ja nur... Sieben Kilometer.", seufzte ich, doch gleich danach setzte ich ein Lächeln auf, damit Hayden sich nicht allzu schlecht fühlte. Wenn ihr etwas Leid tat, dann zerfraßen ihre Schuldgefühle sie schon fast innerlich und das wollte ich nicht.

Ein Brummen ließ uns beide herumfahren und offenbarte uns ein allzu bekanntes Auto. Es war Haydens Mutter. Hayden drehte sich zu mir um, umarmte mich und lächelte gequält. "Tut mir wahnsinnig Leid nochmal. Ich wo-"

"Ist schon gut, jetzt sieh zu, dass du einsteigst. Ich komme schon alleine klar.", unterbrach ich sie lachend und schubste sie Richtung Auto. Als sie die Beifahrertür öffnete, lächelte Caroline, Haydens Mum, mich freundlich an und grüßte mich. Meine beste Freundin knallte die Tür hinter sich zu und der Wagen setzte sich in Bewegung; langsam fuhr er davon während ich Hayden hinterherwank. Sobald der Wagen außer Sicht war, verschwand mein Lächeln und ich fuhr mir verzweifelt durch die Haare. Doch ich konnte nichts daran ändern; ich hatte keine andere Wahl als zu laufen. Lustlos begann ich mich nach rechts zu wenden und nach Hause zu trotten. Zwar war es schönes Wetter, aber es war immer noch sehr kalt und mal davon abgesehen, tat mein Knie immernoch weh. Ich spielte gerade mit dem Gedanken, meine Kopfhörer rauszuholen, als ich ein lautes Brummen vernahm, dass nur von einem Auto kommen konnte, dessen Auspuff kaputt war. Entweder das, oder es war kein Auto, sondern ein Motorrad. Bei den Gedanken daran drehte ich mich sofort um.

Dort saß er, auf seiner schwarzen Maschine und kam angedüst, mit einer Geschwindigkeit, die die Polizei ganz bestimmt nicht gutgeheißen hätte. Seine Haare wehten nach hinten und man konnte ganz genau sehen, dass er das Motorradfahren liebte.

Bevor Louis sehen konnte, dass ich ihn anstarrte, drehte ich mich wieder um und lief schnell weiter. Ich hoffte, dass er mich nicht gesehen hat und an mir vorbeifahren wird, doch heute hatte ich das Pech auf meiner Seite. Gerade als ich an einer Einfahrt eines großen Hauses vorbeilief, sah ich im Augenwinkel, wie er neben mir langsamer wurde und nur noch mit meiner Geschwindigkeit weiterrollte.

Verdammt, was mache ich denn jetzt? So tun, als hätte ich ihn nicht bemerkt und einfach weiterlaufen? Das konnte ich nicht machen, zumal man ihn gar nicht übersehen kann. Seufzend stoppte ich meine Schritte und sah ihn an. Seine mehrfarbigen Augen bohrten sich in meine und sofort hatte ich vergessen, was ich überhaupt hatte sagen wollen. Eine Gänsehaut überzog meinen Körper, als er seine Lippen teilte und sprach.

"Steig auf."

Es waren nur zwei einfache Worte und trotzdem spürte ich, wie mir gleichzeitig heiß und kalt wurde. Ich war unfähig irgendwas zu sagen und fühlte mich irgendwie... Dumm? Schließlich hatte er mich gestern geküsst und ich stand nun dort, und bekam kein einziges Wort heraus. Was er wohl nun von mir denken musste? Was mache ich mir überhaupt Gedanken darum, was er von mir dachte? Ich fand keine Antwort darauf und doch interessierte es mich brennend.

"Was ist?", drang seine Stimme zu mir durch und ich bemerkte jetzt erst, dass er fragend den Kopf zur Seite gelegt hatte und mit gerunzelter Stirn mein Gesicht musterte.

Und schon wieder spürte ich, wie ich Rot wurde und schüttelte schnell den Kopf, um aus meinen Gedanken zu kommen. Er musste mich für verrückt halten.
"Nichts.", murmelte ich schnell, als Louis begann, frech zu Grinsen.

"Ach ja? Warum starrst du mich dann so an?"

Ich konnte spüren, wie mein Gesicht noch heißer wurde und versuchte woanders hinzuschauen, nur nicht in sein Gesicht.

"Tu ich nicht.", log ich und biss mir auf die Unterlippe. Irgendwie tat ich das immer, wenn ich log. Er lachte heiser auf, wobei er den Kopf in den Nacken legte.

"Du lügst, Faye.", meinte er gleich darauf wieder ernst. Doch dann bildete sich ein Lächeln auf seinen Lippen. "Kann es sein, dass ich dir Gefalle?"

Meine Augen weiteten sich erschrocken bei seiner Frage und ich schüttelte energisch den Kopf.
"Nein!", rief ich und mein Gesicht musste schon die Farbe einer Tomate angenommen haben. Verdammt, wieso war ich so peinlich?

Sein Lachen schallte über den lauten Motor des Motorrads hinaus und ich konnte sagen, dass es ein schönes Geräusch war, wenn er nicht gerade über mich lachen würde.

"Wie du meinst. Steigst du jetzt auf? Nochmal frage ich nicht.", wurde er wieder ernst, doch das amüsierte Blitzen in seinen Augen war noch da.

Kurz überlegte ich, ob das eine gute Idee war, doch dann ging ich einen Schritt nach vorne. Ich sollte froh sein, dass ich nicht nach Hause laufen musste und außerdem, wenn Louis mir etwas hätte antun wollen, hätte er schon genug Gelegenheiten dazu gehabt, oder? Und, dazu kam, dass er mich dann wahrscheinlich nicht geküsst hätte.

'Du bist nichts besonderes für ihn, er küsst wahrscheinlich jedes Mädchen, was ihm gut genug erscheint.', redete meine innere Stimme drauf los, und so sehr es mich auch verunsicherte, musste ich ihr recht geben. Ich räusperte mich und fragte schließlich: "Hast du einen Helm für mich?"

Ich konnte sehen, wie seine Mundwinkel bei meiner Frage zuckten, doch bevor er Lachen konnte, zeigte er auf den hinteren Sitz.

"Da drinnen."

Ich verdrehte kurz die Augen, bevor ich näher an das Motorrad schlich und die Klappe öffnete. Ich holte den Helm raus, setzte ihn auf und war froh, dass ich es diesmal schaffte, den Helm alleine zu zubekommen. Noch eine peinliche Situation hätte ich höchstwahrscheinlich nicht ausgehalten. Zögerlich schwang ich ein Bein über das Motorrad und setzte mich hinter ihm hin. Ein komisches Gefühl schlich sich in meine Magengrube, doch ich ignorierte es und schlang meine Arme wieder um seinen Oberkörper, wobei ich deutlich spürte, wie sich seine Muskeln anspannten, als er auf die Gaspedale drückte und losfuhr. Mein Herz sackte mir für einen Moment in die Hose, als er gleich von null auf hundert beschleunigte und ich drückte mein Gesicht vor Schreck in seinen Rücken. Konnte er nicht einmal vorsichtig fahren?

Wie auch letztes mal brauchte ich ein wenig Zeit, bis ich die Augen öffnen konnte und mich umschaute. Viel konnte ich von der Umgebung zwar nicht wahrnehmen, aber es war eine schöne Farbenkombination, die sich aus den verschiedenen Häusern und Gärten dazwischen entwickelte. Der Wind kam von vorne und wehte meine Haare, die unter dem Helm hervorschauten, durcheinander. Die Ärmel von Louis' T-Shirt flatterten gegen seinen Oberarm, woraufhin ich dorthin schaute und jetzt erst den Hirsch auf ihn entdeckte. Ob es wohl wehtat? Ich konnte mir selber nicht vorstellen, mir jemals ein Tattoo stechen zu lassen, obwohl ich sie faszinierend fand. Zumal glaubte ich, dass mir Tattoos absolut nicht stehen würden. Für mich standen Tattoos für Stärke, für Mut. Und ich war nichts von beiden. Ich war weder Stark, noch war ich sonderlich Mutig. Eigentlich könnte man sagen, dass Louis das komplette Gegenteil von mir war. Und doch... Und doch fing er an, mich zu faszinieren. Es war das erste mal, dass ich es mir eingestand, aber es war wahr. Ich fand ihn faszinierend, ich interessierte mich für ihn. Und das, obwohl ich eigentlich Abstand von so einer Person wie ihn nehmen sollte.

Das Motorrad wurde langsamer und ich schaute verwundert nach vorne; Wir waren schon angekommen? Wäre ich zu Fuß gelaufen, hätte ich bestimmt mindestens eine Stunde gebraucht. Wie schnell ist er denn dann gefahren? Wir waren höchstens zehn Minuten unterwegs; Oder war ich wieder so lange in Gedanken gewesen? Aber als mein Haus in Sicht kam, bestätigte sich mein Gedanke; Wir waren wirklich schon da.

Ich wusste nicht wieso, aber ich bemerkte, wie sich ein Gefühl von Enttäuschung in mir ausbreitete, als er genau vor meinem Haus zum stehen kam. Vielleicht fand ich so langsam Gefallen am Motorradfahren?

Mit wackeligen Beinen stieg ich schließlich ab und nahm den Helm von meinem Kopf; gleich danach fuhr ich mir durch die Haare, da ich das Gefühl hatte, dass sie nun ziemlich durcheinander waren.

Nun stand ich vor ihm, mit dem Helm in der Hand und wusste nicht was ich sagen sollte. Sollte ich mich bedanken? Natürlich sollte ich. Ich schüttelte einmal sauer den Kopf wegen meinen unnötigen Gedanken, dann öffnete ich den Mund.

"Danke. Also für's Fahren."

Ich trat nervös von einem Fuß auf den anderen, während er mich anstarrte. Louis nickte einmal um mir zu verdeutlichen, dass er verstanden hatte, dann holte er sich eine Zigarette aus seiner Hosentasche; ein Feuerzeug aus der anderen, und zündete sie sich an. Eine Stille folgte, in der Louis einen langen Zug von der giftigen Stange nahm. Da ich nicht wusste, was ich sonst tun sollte, öffnete ich einfach die Klappe hinten und legte den Helm wieder in den Hohlraum. Ich trat wieder einen Schritt zurück; griff nervös an den Gurt meines Schulrucksacks. Als wieder lange Zeit nichts kam, entschied ich mich dafür, mich zu verabschieden und reinzugehen. Was anderes blieb mir auch nicht übrig.

"Ich... Ehm... Ich muss dann auch rein. Tschüss und danke nochmal für's Fahren.", leicht lächelte ich ihn an, bevor ich mich umdrehte und gehen wollte, als seine leicht heisere Stimme meinen Namen rief.

Den Schauder, der über meinen Rücken lief, ignorierte ich und ich drehte mich fragend um.

"Bring den Rucksack rein und komm wieder raus."

Mein Herz tat einen Sprung; wahrscheinlich vor Angst vor dem, was er wohl vorhatte, aber trotzdem nickte ich.

Ich wusste nicht wohin, ich wusste nicht warum, ich wusste nicht wie lange, aber was ich mit sicherheit wusste war, dass ich mitfahren wollte.

_______________

Hey Leute,

Update!!! Okay, das war unnötig, ihr habt's ja selber gesehen. xD

Aber was ich loswerden wollte;

WHAT

THE

FUCK?!

Oh mein Gott, Leute!
Wir haben fast die 1K reads erreicht, wisst ihr eigentlich, wie glücklich mich das macht?

Danke, danke, danke!!!

Ihr seit die besten. ❤

Ich wäre euch sehr verbunden, wenn ihr weiter so fleißig lesen und voten (vielleicht auch kommentieren) würdet. (:

Und eine Frage; Wo glaubt ihr, wird Louis mit ihr hinfahren und was könnte dort passieren? (;
Bin gespannt auf eure Vermutungen. (:

Bis zum nächsten Kapitel,

celda01

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