Gretel - Das bin ich

By JuneOLeary

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Margarethe - oder besser Gretel - ist Mutter und das mit Leib und Seele. Obwohl es eine Zeit gegeben hat, in... More

Prolog
I - Neuanfang
I - 1
I - 2
I - 3
I - 4
I - 5
I - 6
I - 7
I - 8
I - 9
I - 10
I - 11
I - 12
I - 13
I - 14
I - 15
I - 16
II - Abschied
II - 1
II - 2
II - 3
II - 4
II - 5
II - 6
II - 7
II - 8
II - 9
II - 10
II - 11
II - 12
II - 13
II - 14
II - 15
III - Krise
III - 1
III - 2
III - 3
III - 4
III - 5
III - 6
III - 7
III - 8
III - 9
III -10
III - 11
III - 12
III - 13
III - 14
III - 15
III - 16
IV - Hoffnung
IV - 1
IV - 2
IV - 3
IV - 4
IV - 5
IV - 6
IV - 7
IV - 8
IV - 9
IV - 10
IV - 11
IV - 12
IV - 13
IV - 14
IV - 15
Epilog
Bonuskapitel
Danksagung

III - 17

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By JuneOLeary

Applaus brandete auf und Gretel biss sich auf die Unterlippe. Hatte sie sich nicht geschworen, jetzt aufmerksamer zu sein? Aber offenbar wollten alle Emotionen, die ihre große Liebe betrafen, heute nochmal an die Oberfläche gespült werden. Was nicht richtig war, denn es war der Tag des Brautpaares. Mit denen sie nicht mal nur entfernt verwandt war, sondern das zu ihrem engsten Kreis gehörte.Demnach war es einfach unverzeihlich, dass sie sich nicht zusammennehmen konnte. Doch als sie den Blick bemerkte, den ihr Sohn Anna zuwarf, pochte ihr Herz schneller. Sie waren sich genug und sie durfte noch vom Spielfeldrand zusehen. Anders als früher baute sich nicht sofort Schmerz deswegen in ihr auf. Stattdessen musste sie daran denken, wie Hendrik sie an diesem Tag angesehen hatte...

Wohlig seufzend streckte sich Gretel und schmiegte sich zurück in Hendriks Arme, die sie warm und sicher geborgen hielten. Sein amüsierter Blick streichelte sie förmlich und sie zog eine Augenbraue hoch. „Was?"

„Nichts. Ich hatte nur nicht gedacht, dass ich irgendwann wieder in deinem ehemaligen Kinderzimmer liege und du dich in diesem schmalen Bett so wunderschön nackt in meinen Armen räkelst. Da überkommt mich direkt Nostalgie." Obwohl er einen lockeren Ton anschlug, verrieten seine Augen sein Bedauern.

Sie unterdrückte den Impuls, nach der Decke zu greifen, die sie um ihre Hüften gelegt hatten und sich in sie einzuwickeln. Stattdessen stützte sie sich auf ihren Ellbogen auf und schaute ihm ins Gesicht. „Bereust du, dass wir miteinander geschlafen haben?"

„Was? Nein! Liebling, bitte, denk sowas nicht mal." Sein fassungsloses Kopfschütteln unterstrich seine Aussage und plötzlich konnte ihr Atem entweichen, was er mit einem Zischlaut tat. „Bereust du es?"

„Hab ich so gewirkt, als hätte ich irgendwas davon nur widerwillig getan?" Sie freute sich, als wieder ein Lächeln an seinen Mundwinkeln zupfte und grinste, als er nochmals hastig mit dem Kopf schüttelte. Zufrieden kuschelte sie sich zurück auf seine Brust und merkte, wie er anfing, sanft durch ihre Haare zu streicheln.

„Früher hab ich immer eine Leiter an den Balkon beim Flieder gelehnt, damit wir hier so liegen konnten." Wieder hob sie den Kopf und bemerkte, dass er nachdenklich die Unterlippe zwischen seine Zähne gezogen hatte. Seine Gedanken rasen offenbar gerade.

Sie schmiegte die Hand an seine Wange und wartete, bis seine Augen sie fixierten. Dann legte sie einen Finger auf seine Lippe und zog sie zwischen seinen Zähnen hervor, ehe sie sich vorbeugte und einen Kuss darauf hauchte. „Jetzt wirst du die Tür benutzen müssen. Der Balkon ist morsch geworden über die Jahre und darf nicht mehr betreten werden. Aber keine Angst, ich denke, meine Eltern ahnen mittlerweile, dass wir mehr machen, als Händchenhalten, Babe."

„Gemacht haben, Liebling. Bist du denn schon bereit, dass wir ... dass alle erfahren, dass wir ... tun wir?" Ihr Herz verkrampfte sich etwas und sie schob ihren Unterkiefer vor, während sie ernsthaft über die Frage nachdachte. Im Augenwinkel bemerkte sie, dass sein Adamsapfel wieder auf seinem Hals herumhüpfte und zuckte schließlich mit den Schultern.

Sein Blick wechselte zu Verunsicherung und sie schluckte hart, ehe sie den Kopf wieder auf seine Brust legte. Sie spürte sein Herz heftig unter ihrer Wange pochen und nahm sich trotzdem nochmal einen Moment, um sich zu entscheiden. „Was macht eigentlich mein Garten?"

Sie bemerkte, wie seine Hand sich kurz unterbrach, ehe er weiter durch ihr Haar streichelte. „Hm, also, ja. Ich habe mein Möglichstes getan, um ihn zum Blühen zu bringen. Aber ... äh ... ich befürchte, er liegt brach?"

Sie nickte. Sowas hatte sie sich schon gedacht. Ihr Mann konnte vieles, doch Pflanzen am Leben erhalten konnte er nicht. Sie hob den Kopf erneut und schaute ihm direkt in die Augen, während sie hoffte, dass er die folgenden Worte so verstand, wie sie es sich erhoffte. „Dann werde ich ihn wohl neu anlegen müssen. Damit er spätestens im Herbst wieder voll blühen kann..."

Sie bemerkte, wie er nach Luft schnappte, ehe seine Augen wässrig wurden. Seine Hände schraubten sich um ihr Gesicht, zogen es nah zu seinem und seine Lippen drückten sich übermütig auf ihre. Sie schloss die Lider und lächelte, während sie feststellte, wie richtig sich das gerade anfühlte. „Und ich helfe dir dabei, Liebling. So gut ich kann. Ich liebe dich so sehr."

Jetzt wurde sie ernst und Hendrik merkte es offenbar, denn sein Griff ließ an Kraft nach. Sie lehnte sich zurück und schaute ihm fest in die Augen. „Ich liebe dich auch, Babe."

Ihre ungeflüsterte Bitte hing zwischen ihnen und sie sah, wie er nickte. Hastig wich sie seinem Blick aus, als sich die Anspannung der letzten Monate erneut auf sie legen wollte. „Nicht, Liebling. Ich weiß, wie sehr ich dich verletzt habe. Versteck es nicht. Ich muss mich sowieso damit auseinandersetzen, verstehst du? Also verbirg es nicht vor mir."

„Du musst das?" Ihre Augen waren wieder zu seinen gewandert und er stimmte leise zu. Danach zuckte er mit den Schultern und hauchte einen Kuss in ihr Haar.

Da sie verstand, nickte sie, seufzte, kuschelte sich wieder enger an ihn und murmelte: „Aber nicht heute, Babe. Ok? Ich möchte nur das Gefühl haben, dass ich endlich aus einem wahnsinnig langen, irrsinnig doofen Alptraum aufgewacht bin."

„Heirate mich, Gretel." Verwirrt zuckte ihr Kopf so heftig hoch, dass er gegen sein Kinn knallte und nicht nur Hendrik stieß einen unterdrückten Fluch aus. Automatisch rieb sie sich die Stelle, wo der pochende Schmerz seine Quelle hatte. Als sie sich beruhigt hatten, stierte sie ihren Mann verdutzt an. Auch er konnte mittlerweile wieder Blickkontakt halten. „Ich meine es ernst, Liebling. Lass uns nochmal heiraten."

Ihr Herz schlug ihr bis zum Hals, ihre Hände wurden schwitzig und sie spürte, dass Hendriks Muskeln sich verspannt hatten. „Wir sind doch aber verheiratet. Willst du dich scheiden lassen und es nochmal machen?"

„Nein, ich will das Gelübde erneuern, Gretel. Ich war ein beschissener Ehemann und ein mittelmäßiger Vater, höchstens. Ich will ... ich ... diesmal will ich euch auf Händen tragen. So, wie es schon immer hätte tun sollen..." Seine Stimme zitterte und der Blick in seine Augen verriet ihr, wie sehnlichst er sich wünschte, dass sie bejahte. Zusehends schlich sich ein Lächeln auf ihr Gesicht und sie beobachtete, wie auch er zu strahlen begann.

„Ok. Wir heiraten also nochmal", entschied sie endgültig und machte sich von ihm los, um auf seinen Oberkörper zu krabbeln. Sie beugte sich zu ihrem Mann hinunter und hauchte einen Kuss auf seine Lippen. Sie konnte es kaum glauben. Vor knapp einem halben Jahr war sie gegangen und jetzt war er dazu geneigt, Florian und ihr die Welt zu Füßen zu legen. Genauso wie ich bereit bin, ihm alles zu geben, was ich kann.

Als hätte er ihren Gedanken erraten, legte er ihr die Hand in den Nacken, zog sie zu sich, lehnte die Stirn an ihre und murmelte: „Du bist die stärkste Frau, die ich kenne, Liebling. Dass du gegangen bist, war genau das, was ich brauchte, um zu kapieren, dass ich euch nicht verlieren darf. Niemals."

Nochmal rann Rührung durch sie und ihre Brust zog sich schmerzhaft zusammen, doch Gretel schüttelte die Trauer um die verpassten Möglichkeiten in den letzten Jahren ab. Stattdessen strich sie ihm zärtlich über seine Wange. „Dann nutze diese Chance gut, Hendrik. Denn nochmal stehe ich das nicht durch."

Er nickte nur und zog sie wieder an sich, um sie zu küssen. Seine Lippen erklärten ihr sanft, dass er dieses Versprechen halten wollte und Gretel seufzte. Endlich hatte sie das Gefühl, als wäre sie kein verlorenes Blatt mehr, dass vom Wind durch die Lüfte getragen wurde, sondern hätte zurück zu ihrem rechtmäßigen Platz gefunden. Als diese Empfindung in ihr Bewusstsein drang, begann es wieder in ihrem Bauch zu summen. Noch heftiger als zuvor. Und es fühlte sich noch richtiger an.

Sie vertiefte den Kuss und merkte, wie Hendriks Körper sich ihrer Nacktheit aufs Neue bewusst wurde. Lächelnd strich sie mit der Zungenspitze über seine Unterlippe und schluckte sein Keuchen, als sie sich sanft auf ihm wiegte. Sie wollte die Schatten der Vergangenheit ein weiteres Mal ausblenden für diesen Tag. Einfach vergessen, was war.

Lächelnd tauchte Gretel aus der Erinnerung auf und bemerkte plötzlich, dass die Dämmerung nun durch die Fenster hereinbrach. Sie zauberte mit ihrem Rotgoldlila eine Atmosphäre, die sie nur als magisch bezeichnen konnte. Genauso wie dieser Nachmittag magisch für sie gewesen war, gab sie zu und bemerkte, dass gerade Bilder von Florian und Anna an die Wand gestrahlt wurden. Untermalt von Musik, die sogar den DJ zum Lächeln brachte.
Reflexartig musste sie grinsen, als das Foto erschien, wo ein Florian mit einer roten Nase mit einer strahlenden Anna im Arm aufblitzte. Sie wusste noch, dass es der letzte Geburtstag gewesen war, den sie aktiv mitgestaltet hatte. Wie sich alles im Laufe ihres Lebens geändert hatte, dachte sie und schluckte, als ihre Gedanken sich in eine andere Zeit verirrten...

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