"Hattest du Erfolg mit deinem Haftbefehl, Darling?" Taejos Laune war schon am Beginn des Tages erstaunlich gut.
Trevor brummte etwas, antwortete dann aber doch in Worten: "Allerdings, er wurde bereits im Morgengrauen vom KBI verhaftet..."
"Das klingt doch gut!" fand Taejo.
"Mal sehen, Simur wollte dass der im Bau landet ohne dass seine neue Flamme involviert wird" erklärte Trevor, "das wird nicht ganz so einfach..."
"Du schaffst das schon" gab sich Taejo nun zuversichtlich.
"Hmmm...." murmelte Trevor, "und was schaffst du heute?"
"Ich fahre mit Marlon in die Diguó Getschang Tsejuen¹ um ihn mit Tschiahau, Tschiahau Jintsu, bekannt zu machen" berichtete Taejo nun von seinen Tagesplänen.
"Und dieser Tschinjinjitsudingsda ist wer?" wollte Trevor nun wissen.
"Ein Sänger von dem ich denke er könnte bei Marlons Projekt für die Rolle des Taegur passen" erwiderte Taejo.
"Ach sooo...." kam es von Trevor, "und was mache ich in der Zeit?"
"Du besuchst deinen Schwiegerpapa, Taehyung wird dich abholen..." meinte Taejo.
"Oh.... toll..." erwiderte Trevor ein wenig sarkastisch.
*****
"Dahinter steckt dieser dreckige kleine Lepponson!" Wütend brüllte Marcon Wanker herum.
Sein Anwalt hatte aber keine guten Nachrichten für ihn: "Mister Wanker, ich befürchte, dahinter steckt ein wenig mehr..."
"Wie meinen Sie das? Was mehr?" empörte er sich sogleich weiter.
"Nicht Mister Lepponson hat sie angezeigt. Seine hochkönigliche Hoheit, unser Hochkönig Trevon persönlich hat Anklage gegen Sie erhoben und auch Ihre Verhaftung angeordnet" erklärte ihm der Anwalt während er durch die eher dünne Akte blätterte.
"Der König selbst?" Jetzt wurde Marcon Wanker blass – und ruhiger. "Aber warum?"
"Der Vorwurf lautet, dass Sie dem damals minderjährigen Lison Lepponson eine berauschende Substanz verabreicht habt um ihn in einen Zustand zu versetzen, der es Ihnen dann leicht machte, ihn zu vergewaltigen, was Sie dann auch tatsächlich getan haben" erläuterte der Anwalt nun.
"Aber das kann man mir doch nicht beweisen und das nach so langer Zeit?" begehrte Marcon Wanker auf.
"Es gibt ein Untersuchungsprotokoll des University of Marlaland House of Health in Plumbie. Demnach wurde Lison Lepponson am fraglichen Tag mit einer Alkoholvergiftung dort eingeliefert. Weiterhin wird hier festgestellt, dass Mister Lepponson kurz zuvor der empfangende Part bei 'widernatürlichem Verkehr' gewesen war, er wies typische Verletzung im After auf und hatte Sperma im Analbereich, dass wohl nicht sein eigenes war" trug der Anwalt weiter aus der Akte vor.
"Was beweist das schon. Die Boyschlampe hat das doch gewollt. Selbst seine eigene Schwester hat damals gesagt, er habe sich angeboten wie eine läufige Hündin. Den zerlegen Sie doch im Zeugenstand wie im Nu!" gab sich Marcon Wanker wenig einsichtig.
"Würde die Schwester das heute noch einmal wiederholen?" erkundigte sich der Anwalt.
Zerknirscht musst sein Mandant nun einräumen: "Die ist meine Ex. Die hasst mich. Ich denke nicht, dass die für mich aussagen würde..."
"Das ist ein Problem" bedeutete der Anwalt ihm nun, "und nicht nur das. Ich habe Zweifel ob wir den Mister Lepponson überhaupt im Zeugenstand erleben werden. Die Anklage benennt einen Firwesar of the harmed witness² der bereit ist die Richtigkeit der Aussagen von Mister Lepponson zu beeiden."
"Es gelingt Ihnen doch sicherlich den unglaubwürdig das tehen zu lassen?" fordere Marcon Wanker sofort.
Doch sein Anwalt war da anderer Ansicht. "Das wage ich zu bezweifeln" konterte er spitz, "dieser Firwesar of the harmed witness ist nämlich niemand geringeres als His Grace, Archlord Simon, First Archduke of Chibera, First Duke of Ostoria. Was immer Sie gemacht haben werter Mister Wanker, ich befürchte sie haben den falschen Jungen gefickt und sich die Spitzen des Königreiches zu Gegnern gemacht!"
"Konnte ja auch niemand ahnen, dass ein Widernatürlicher hier mal König wird" motzte Marcon Wanker nun los, "irgendwas müssen Sie doch machen können, wozu sind Sie denn sonst nutze?"
"Ich schlage einen Deal vor" meinte der Anwalt nun, "ich beantrage ein nichtöffentliches Verfahren, Sie bekennen sich schuldig und wir hoffen, dass Sie mit einer milden Strafe wie Verbannung auf Lebenszeit davonkommen..."
"Verbannung auf Lebenszeit?" jappste Marcon Wanker nur, "das ist ja wohl nicht ihr Ernst?"
"Ist Ihnen zehn bis fünfzehn Jahre Strafhaft lieber?" konterte der Anwalt, "und dabei muss es ja nicht bleiben. Vielleicht hat der Mister Lepponson eine Beziehung mit einem der Archpeers. Für die Entehrung und Schändung eines Mitgliedes des Königshauses oder der Archpeerage of Angevinia kann es ganz schnell die Todesstrafe geben. Selbst wenn Sie das nur einem Mitglied der Peerage of Angevinia angetan hätten, sind wir ganz schnell bei Lebenslänglich.
Glauben Sie der Hochkönig persönlich erhebt Anklage gegen Sie nur aus Jux und Dollerei, nur aus einer Laune heraus?"
Das war der Moment in dem auch Marcon Wanker begriff wie sehr er in der Scheiße sass: "Dann also Verbannung. Damit hat die Familie Lepponson mein Leben so richtig verkackt..."
Worauf sein Anwalt süffisant anmerkte: "Ich denke, Sie sollten die Schuld dafür zukünftig besser bei sich selber suchen..."
****
"Il mio consobrinion Tetrur" erscholl die Stimme von Jintsu durch den Probesaal der kaiserlichen Akademie für Gesang in Tschinkyu, "une puer itapere formosan.
Une puer itapere pure, ita innocense..."³
Das Schwärmerische hat er auf jeden Fall drauf dachte Marlur der ihm zuhörte und zusah, mal schauen ob er nun den Bruch zum verdorbenen Element meistert.
"E tamen igo esfe il tio nocension" fuhr Jintsu fort und seine eben noch so lieblich-schwärmerische Stimme hatte nun einen fiesen Unterton bekommen, "tuo, puer ita pure e pulcho..."⁴
Oha, dachte sich Marlur derweil, der kann es aber richtig gut...
"Rubefo tia innocentia, inficerfo tei cum la nocensa..."⁵ sang Jintsu und wie süßes Gift perlten die Töne aus seinem Mund.
Als Jintsu geendet hatte sahen er und Taejo erwartungsvoll zu Marlur.
Der klatschte Beifall und meinte dann nur: "Also ich bin nicht nur überzeugt, ich bin begeistert. Wenn du willst, dann hast du die Rolle."
"Oh natürlich will ich die Rolle" freute sich Jintsu.
"Dann Messere Ciaohao... Ciaoha..." begann Marlur, scheiterte aber am Familienamen von Jintsu. "Tschi'áha'u" sprach der nun seinen Nachnamen überdeutlich aus, "Tschiahau Jintsu, du darfst mich aber gerne einfach Jin nennen..."
"Dann brauche ich noch ein paar Unterschriften von dir, Jin" brachte Marlur nun im zweiten Anlauf seinen Satz zustande.
"An wen hast du denn für die Rolle des Taepinan gedacht" war Jintsu nun neugierig.
"Der Prinz hatte da einen Vorschlag" erwiderte Marlur darauf.
Nun mischte sich besagter Prinz ein: "Wir dachten an Bak Jimin..."
"Oh, ja der ist gut" bestätigte Jintsu gleich, "ist er nicht der erste Kitauer der mit sorenischer Musik ein internationaler Star wurde?"
"Ist er" erwiderte Taejo.
"Kommt er her oder fahrt ihr nach Ksianggang?" erkundigte sich Jintsu daraufhin.
"Wir fliegen nach Ksianggang" erklärte ihm Taejo daraufhin.
"Oh...." staunte Jintsu nun, "das ist natürlich noch einmal etwas anderes.... ich bin noch nie geflogen..."
"Keine Sorge" flachste nun Marlur, "fliegen wirst du wegen unserm Projekt in den nächsten Wochen und Monaten mehr als genug..."
Und da begriff Jintsu erst was die Annahme der Rolle für ihn wirklich bedeutete.
"Oh Himmel" rief er freudig, "ich werde reisen, ich werde die Welt sehen und fremde Ländern besuchen. Oh ich bin ja so etwas von aufgeregt..."
****
Lison, der noch keine Ahnung davon hatte, wie seine Rendezvous mit Simur bereits Auswirkungen auf die Menschen aus seiner Vergangenheit hatte, genoß es sehr, dass Simur in New Kingstown geblieben war und er ihn jeden Tag – zumindest Abends nach seinen Vorlesungen und Seminaren – sehen konnte.
Gut, Simur legte sich auch richtig ins Zeug.
So überraschte er ihn am zweiten Abend der Woche mit Karten für eines der Musicaltheater an der 42nd Street.
"Oh Musical" freute sich Lison, "in welches gehen wir denn? Was soll ich anziehen? Wie lange dauert es denn?"
"Lass dich überraschen" begann Simur seine Fragen abzuarbeiten, "etwas dass dich gut aussehen lässt und: ehrlich ich hab keine Ahnung..."
Mit einem Cab fuhren sie ins New Victory Theater und dort bekam dann natürlich auch Lison spitz was sie sehen würden.
"Oh my Godan" quietschte er, "wir sehen 'The Big Gay Musical'! Mit Mineon Saley in der Rolle des Emblon!"
"Ist das so" erwiderte Simur schmunzelnd, als wenn er nicht genau gewusst hätte wofür er Karten gekauft hatte.
"Oh, ich bin so ein großer Fan von Mineon Saley" schwärmte ihm Lison vor, kaum dass sie ihre Plätze eingenommen hatten, "kennst du Mineon Saley, sagt er dir was?"
"Jo, bin ihm schon einmal begegnet" merkte Simur an, als wenn das nichts besonderes wäre.
"Du bist ihm schon begegnet?" Ein bewundernder Blick aus ehrfürchtig aufgerissenen Augen begegnete ihm. "Darf ich fragen wo? Und wann?"
"Als er diesen Film mit diesem Isadon of the Tower gedreht hat" erwiderte Simur als ginge es darum, wann er das letzte Mal was getrunken hat.
"Du hast auch Isadon of the Towers schon getroffen?" Ehrfürchtig schaute Lison ihn nun an und Simur war überrascht, dass er seine Augen noch weiter aufreißen konnte.
"Ja habe ich" erwiderte Simur.
"Oh, ich beneide dich so sehr" meinte Lison nur, worauf Simur lapidar erwiderte: "Nur nicht so ungeduldig, was nicht ist, kann ja noch werden..."
Verwirrt guckte Lison nur, traute sich aber nicht nachzufragen, stattdessen stellte er eine andere Frage: "Wer spielt denn den Askon?"
Simur guckte ins Programmheft und antwortete: "Danon Robonson, sagt mir jetzt nichts..."
"Mir schon" erwiderte Lison, "und wer spielt die Embla?"
"Celina Hallonson" erklärte ihm Simur, "die sagt mir sogar etwas, die ist als Sängerin doch ziemlich bekannt..."
"Was bin ich froh, dass wir König Trevon haben" meinte Lison dann, "noch vor wenigen Jahren wäre so ein Stück wo Godan nach dem Reinfall mit Askon und Embla es noch mal, aber mit einem Männerpaar versucht wenn schon nicht verboten worden so doch zumindest auf heftigen Protest gestoßen. Und nun traut sich niemand mehr etwas dagegen zu sagen!"
"Proteste?" erkundigte sich Simur vorsichtig. Schließlich war er in Sore aufgewachsen wo es natürlich keine Proteste gegen gleichgeschlechtliche Beziehungen oder Anfeindungen gegen solche gegeben hatte.
Lison hingegen erinnerte solche noch lebhaft an diese Zeiten: "Oh ja, da rannten dann immer diese Altgläubigen um und hielten Schilder hoch wo drauf stand 'It's Askon und Embla not Askon and Emblon!' und 'Godan hates Gays' und so ein Unsinn!' Gab es sowas in Kingstown-of-the-North nicht?"
"Doch, auch..." wich Simur aus, "aber so krass wie in New Lugunia war es wohl nicht. Und mit König Trevon hat das dann aufgehört?"
"Klar" erwiderte Lison und kicherte boshaft, "es ist halt blöd dem 'Verteidiger des Glaubens' vorzuhalten, dass Godan ihn hasst. Es gibt hier in New Lugunia bestimmt noch viele die insgeheim so denken. Aber sich gewissermaßen verfassungsfeindlich öffentlich zu äußern ist halt doch was anderes. Und für Lehrer, Polizisten, Militärs, Mitarbeiter von Justiz und Verwaltung und so weiter können solche Äußerungen natürlich auch ganz schnell zur Entlassung führen..."
"Hach ja" meinte Simur nun dazu, "klar, es ist natürlich dumm, dem Oberhaupt des wahren Glaubens zu unterstellen, dass die Götter des wahren Glaubens ihn hassen..."
"Äußerst dumm..." pflichtete ihm Lison bei.
Wenn ich ihm jetzt erzähle, dass ich auch Trevor sehr gut kenne, flippt er aus, dachte sich Simur, konnte aber ein Schmunzeln nicht unterdrücken.
Welches Simur aber bemerkte. "Warum lächelst du?" wollte er auch gleich wissen.
"Hab an einen guten Freund denken müssen" erklärte ihm Simur.
"Ist der auch berühmt? Kenn' ich den?" war Lison sogleich wißbegierig.
"Du wirst ihn kennenlernen" entgegnete Simur daraufhin.
"Wann?" hakte Lison nach.
"Wenn du in eineinhalb Wochen erfährst wer ich bin und dann noch mit mir zusammen sein willst" antwortete Simur.
"Also bald?" Lison konnte hartnäckig sein.
"Bald" bestätigte ihm Simur grinsend, "aber bälder triffst du Mineon Saley..."
"WAS? Wann?" wollte Lison natürlich sofort wissen.
"Nach dieser Vorstellung in der Hotelbar des Bosdorp-Duvika" erwiderte Simur, "und jetzt sei brav und still, es geht los..."
¹Kaiserliche Akademie für Gesang
²Repräsentant des geschädigten Zeugen
³Mein Vetter Tetrur, ein Junge so schön.
Ein Junge so rein, so unschuldig
⁴Und dennoch werde ich dein Verderben sein
Du, Junge so rein und hübsch...
⁵Rauben werde ich dir deine Unschuld, dich anstecken (in dich hineinstecken) werde ich die Verdorbenheit