Pazifik - Verfolgt

By Jugendbuch

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Prinzessin Vala ist die Tochter des vom eigenen Bruder ermordeten früheren Königs. Der neue König, Miro, hält... More

Vorwort
Prolog
1. Kapitel
2. Kapitel
3. Kapitel
4. Kapitel
5. Kapitel
6. Kapitel
7. Kapitel
8. Kapitel
9. Kapitel
10. Kapitel
11. Kapitel
12. Kapitel
13. Kapitel
14. Kapitel
15. Kapitel
16. Kapitel
17. Kapitel
18. Kapitel
19. Kapitel
20. Kapitel
21. Kapitel
22. Kapitel
23. Kapitel
24. Kapitel
25. Kapitel
26. Kapitel
27. Kapitel
28. Kapitel
29. Kapitel
30. Kapitel
31. Kapitel
32. Kapitel
33. Kapitel
34. Kapitel
35. Kapitel
36. Kapitel
37. Kapitel
39. Kapitel
40. Kapitel
41. Kapitel
42. Kapitel
43. Kapitel
44. Kapitel
45. Kapitel
46. Kapitel
47. Kapitel
Epilog
Nachwort
Fan-Art
Dramatis Personae
Schauplätze
Glossar

38. Kapitel

8 2 0
By Jugendbuch

O zarte Sehnsucht, süßes Hoffen,

Der ersten Liebe goldne Zeit!

Das Auge sieht den Himmel offen,

Es schwelgt das Herz in Seligkeit.

O daß sie ewig grünen bliebe,

Die schöne Zeit der ersten Liebe!

Friedrich Schiller

Es war in der Nacht des zehnten Reisetages, als die Untiere angriffen. Vala wurde von einem unheimlichen Knurren geweckt, auf das ein lauter Knall folgte, von dem ihr die Ohren dröhnten. Sofort war sie wach, warf die Decke beiseite und sprang auf die Beine. Das helle Mondlicht fiel auf Kypris, die in einiger Entfernung vom Wagen stand und mit etwas in ihrer Hand herum hantierte. Vor ihr am Boden lag etwas, das wie ein totes Tier aussah und der Schatten eines weiteren näherte sich ihr.

»Bleibt unten«, ertönte Sapphos Flüsterstimme von der Seite. Die Wasserhändlerin legte Vala eine Hand auf die Schulter und drückte sie sanft nach unten, damit sie hinter den leeren Fässern Schutz suchte. Shamal war ebenfalls aufgewacht und lugte zwischen den Metalltonnen hindurch. Er zuckte zusammen, als ein weiterer lauter Knall durch die Nacht peitschte. Dann näherten sich Schritte und Kypris kletterte zurück zu ihnen auf die Ladefläche. Sie fragte Sappho etwas, die ihr daraufhin eine Schaufel reichte, die anscheinend irgendwo zwischen den Fässern gelegen hatte.

»Das waren Untiere«, erklärte Sappho ihnen. »Sie sind jetzt tot. Ihr könnt euch wieder hinlegen und weiterschlafen. Es ist wieder sicher.«

»Was war dieser Knall?«, fragte Vala, obwohl sie schon ahnte, was der Auslöser dafür gewesen war.

»Das ist ein Geheimnis der Wasserhändler.« Sappho lächelte sie milde an, zog die Decke zurück und sah sie auffordernd an. »Aber sei unbesorgt. Solange ihr bei uns seid, werden die Untiere euch nicht kriegen.«

Vala wechselte einen vielsagenden Blick mit Shamal. Natürlich hatte sie ihm von der Schlossole erzählt, die der Samariter ihr gegeben hatte, und sie hatte sie ihm auch gezeigt. Es war offensichtlich, dass Kypris und Sappho ebenfalls eine besaßen – oder vielleicht sogar zwei. Insgeheim fragte sie sich, warum um diese Waffe so ein Geheimnis gemacht wurde. Wussten die Könige, dass es Schlossolen gab? Wenn ja, warum statteten sie ihre Garderitter nicht mit ihnen aus? Und wenn nein, wie konnte dieses Geheimnis so lange bewahrt werden? Bestimmt waren sie nicht die einzigen, die bisher mit Wasserhändlern gereist waren.

Aber wahrscheinlich hat jeder die Gefahr gesehen, die von ihnen ausgeht, überlegte Vala, während sie sich wieder hinlegte und von Sappho zudecken ließ. Aus einem Impuls heraus tastete sie nach Shamals Hand, aber er war zu weit weg. Wenn die Könige und ihre Garderitter Schlossolen hätten, könnte mit Leichtigkeit ein weiterer Krieg ausbrechen. So wie bei den Alten.

Vala lag still da und lauschte den gleichmäßigen Grabgeräuschen, die Kypris' Schaufel im Sand der Einöde verursachte, während sie einschlief. In der restlichen Nacht träumte sie von Miros pechschwarzen Augen, zwischen denen sich ein roter Punkt befand. Es sah aus wie eine Wunde, war aber eigentlich viel zu klein. Sie erwachte schweißgebadet. Von den zwei Untieren, die sie angegriffen hatten, war keine Spur mehr zu sehen.

Der Rest der Reise verlief relativ ruhig. Sie begegneten keinem einzigen Menschen, sahen von Weitem nur manchmal mächtige Wracks aufragen. In Kvalt Bakken, der Ebene voller Plastik, kamen sie etwas langsamer voran, was Sappho und Kypris jedoch nicht zu stören schien. Die beiden Frauen hatten offenbar  mehr als genug Wasser für die Rückreise übrig gelassen, sodass die Verzögerung auch für vier Leute nicht allzu schlimm war.

»Wie ist es eigentlich bei den Wasserstädten?«, fragte Shamal eines Tages. Sie näherten sich allmählich der Grenze zum Ostland und es würde nicht mehr lange dauern, bis sie Mpaka erreichten.

»Wie meinst du das?« Sappho war damit beschäftigt, ihre Stiefel zu polieren, die morgen aber wahrscheinlich ohnehin wieder dreckig sein würden.

»Sie liegen doch direkt am Großen Wasserreservoir«, fügte der Junge mit leuchtenden Augen hinzu. »Aus den Städten muss man es sehen können. So viel Wasser! Wie sieht es aus? Wie bekommt ihr das Wasser von dort? Schöpft ihr es selber?«

Sappho hielt in ihrer Arbeit inne, legte den Lappen beiseite und zog sich den Stiefel wieder an, bevor sie sich im Schneidersitz hinsetzte. »Die Aufgabe der Wasserhändler ist es nur, das Wasser in alle Länder zu transportieren und dort zu verteilen. In jede Siedlung, jedes Dorf und jede Stadt. Jeder von uns hat eine andere Reiseroute. Aber das Große Wasserreservoir...« Sie schüttelte den Kopf. »Wir haben es nie gesehen. Es liegt auf der anderen Seite der Berge, an denen die Wasserstädte erbaut sind.«

»Ihr habt es nie gesehen?« Shamal sah sie ungläubig an und auch Vala konnte es kaum glauben. »Aber wer bringt euch dann das Wasser?«

»Die Wasserträger«, antwortete Sappho einsilbig. Es folgte eine unangenehme Stille, bis die Frau in die Hände klatschte und aufstand. »Genug geredet. Ich werde Kypris mal ablösen. Ihr könnt sie ja mit euren Fragen löchern.«

Aber genau das konnten Vala und Shamal nicht. Kypris sprach Ostländisch nur mit einem sehr starken Akzent und verstand die meisten Wörter auch nicht. Dafür konnte man mit ihr gut Spiele spielen. Jeder von ihnen bekam einen Metallbecher mit mehreren Würfeln darin und man musste schätzen, wie viele einer Zahl insgesamt geworfen worden waren. Vala stellte fest, dass Shamal erstaunlich gut in diesem Spiel war.

»Mein Vater hat mir das Rechnen beigebracht«, erklärte er, als es langsam Abend wurde. »Er meinte, das ist sehr wichtig für mein späteres Leben.«

Wieder bemerkte Vala, den dunklen Schatten, der über sein Gesicht huschte. Soll ich ihn fragen? Sie hoffte, dass sie sich nun gut genug kannten, um über solche Dinge reden zu können. Trotzdem zögerte sie, suchte nach den richtigen Worten.

»Dein Vater«, hob sie an, »du hast gesagt, er ist ein Haramu gewesen. Und dass deine Mutter... ihn getötet hat.«

Sofort verschwand Shamals Lächeln von seinem Gesicht und er senkte den Blick. »Ja.«

»Wen hat dein Vater getötet?« Vala machte sich bereit, sich sofort zu entschuldigen, sollte er irgendwie abweisend reagieren, doch Shamal schwieg. »Du musst es auch nicht sagen, wenn du nicht möchtest«, sagte sie hastig.

»Nein, ist schon in Ordnung.« Endlich hob er den Kopf und blickte sie an. In seinen Augen stand eine unsagbare Traurigkeit, die Vala die Brust zuschnürte. »Meine Eltern haben sich schon ziemlich jung ineinander verliebt. Sie müssten ungefähr in unserem Alter gewesen sein.« Sein Lächeln war sehr gequält, aber er fuhr tapfer fort: »Damals war noch mein Großvater der Älteste des Pakiti-Stamms.«

Vala biss sich auf die Lippen. Ich hätte nicht fragen sollen. Es brach ihr das Herz, zu sehen, wie Shamal sich quälte, um diese Geschichte zu erzählen. Langsam bewegte sie ihre Hand auf seine zu und umfing sie. Zu ihrer Überraschung verschränkte Shamal seine Finger mit ihren. Als bräuchte er etwas, um sich daran festzuhalten. Ich bin für dich da. Sie hoffte, dass er das verstand. Ich werde immer für dich da sein.

»Er war ein guter Ältester, aber irgendwann wurde er krank. Nicht körperlich. Es war irgendwas mit seinem Kopf. Er vergaß Sachen oder verwechselte sie. Einige sagten, dass er sich mit der Strahlenkrankheit angesteckt hatte.«

Vala hielt Shamals Hand fest und wartete. Wartete, bis er sich gefangen hatte.

»Mein Vater hat wahrscheinlich gedacht, er würde uns allen einen Gefallen tun.« Seine Stimme war leiser geworden, kaum hörbar. »Er hat ihm Gift in seine Medizin gemischt und als es rausgekommen ist, hat er gesagt, dass er uns alle gerettet hat. Dass wir nicht hätten wissen können, was mein Großvater in seinem Zustand hätte befehlen können.« Shamal wischte sich eine Träne weg, die ihm die Wange hinunter lief. »Er hat ihn einfach getötet.«

Vala ließ seine Hand los und beugte sich nach vorne, um ihn in die Arme zu schließen. »Das tut mir leid«, flüsterte sie leise, damit Sappho und Kypris sie nicht hörten, die zusammen weiter vorne saßen und den Wagen lenkten.

»Ajali hat ihn dann zum Haramu erklärt«, beendete Shamal seine Geschichte. »Es hat ihr das Herz gebrochen, aber Mutter... Sie war einfach nur wütend. Sie ist alleine losgezogen, um ihn zu finden und zu töten. Drei Monate war sie weg und nur Ajali hat sich um mich gekümmert.« Er griff sich an die Brust, doch seine Finger stießen ins Leere. »Sie hat mir eine Hälfte von der Feder meines Vaters gegeben und gesagt, dass er trotzdem immer bei mir sein wird. Er hatte nur helfen wollen, es aber mit den falschen Mitteln getan. Und ich soll aufpassen, dass ich nicht den gleichen Fehler begehe.«

Dunkel erinnerte Vala sich an die halbe Feder, die Shamal an einer Kette um den Hals getragen hatte. Also gehörte sie seinem Vater. Sie vermutete, dass Vitsak und seine Kumpanen sie ihm abgenommen hatten, nachdem sie ihn auf das Berserker-Serum angesetzt hatten.

»Das wirst du nicht«, versicherte Vala ihm.

Als sie sich von ihm löste, weinte Shamal nicht mehr. Er sah sie nur an, schaute ihr tief in die Augen. Seine Lippen waren ein Stück geöffnet und aus irgendeinem Grund konnte Vala nicht den Blick von ihnen lassen. Langsam beugte sie sich nach vorne, spürte ihr Herz wie verrückt schlagen. So laut, dass es in ihren Ohren dröhnte. Doch dann kam der Wagen so plötzlich zum Stehen, dass sie beinahe das Gleichgewicht verlor und von Shamal festgehalten werden musste, um nicht mit dem Kopf gegen eines der Fässer zu stoßen.

»Wir rasten hier«, meinte Sappho, die von dem Sitz vorne auf die Ladefläche sprang. »Morgen sollten wir Mpaka erreichen.«

Während Vala zusammen mit Shamal und den zwei Wasserhändlerinnen die Decken ausrollte, raste ihr Herz immer noch. Beinahe hätte sie ihn geküsst. Fast! Sie war so kurz davor gewesen! Als sie sich unter ihrer Decke verkroch, schielte sie heimlich zu Shamal hinüber und wie es der Zufall wollte, begegneten sich ihre Blicke. Er lächelte ihr zu und rückte näher an sie heran.

»Danke, dass du mir zugehört hast«, flüsterte er. »Und dass du einfach nur da warst.«

»Ich bin immer für dich da.«

»Und ich für dich.«

Vala glaubte, ihre Brust würde gleich explodieren. Eine Welle von Gefühlen überkam sie. Ihr wurde warm, noch wärmer als es ihr im Käfigwagen in Borg gewesen war, bevor Gishild sie befreit hatte. Nur hatte sie keinen Durst. Es war ein angenehmes Gefühl. Ein leichtes Flattern tief in ihrem Bauch. Ich liebe ihn wohl wirklich, dachte sie. Unruhig lag sie da und als sie sich umdrehte, um es ihm einfach zu sagen, hielt sie inne. Shamal schlief schon. Seine Brust hob und senkte sich sanft und sein Gesicht sah so friedlich aus wie schon seit langem nicht mehr.

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