Trevor war dann doch etwas erleichtert, dass der Weg auf dem er entlanggezerrt wurde, nicht nach draußen sondern vom unterirdischen Bahnhof direkt in ein ebenfalls unterirdisches Parkhaus führte.
So rüde wie er hergebracht wurde, wurde er in den Fond eines Fahrzeuges geschubst und der Simur genannte setzte sich neben ihn.
Dessen Begleiter stieg vorne ein wo schon ein Fahrer im Wagen wartete und dann fuhren sie auch schon los.
Heraus kamen sie im Zentrum von Sore. Bauten aus Glas und Stahl erstreckten sich in die Höhe, so hoch, dass Trevor selbst mit Bemühen ihre Spitzen nicht sehen konnte.
Dazwischen Massen. Massen an Menschen, Massen an Fahrzeugen. Über diesen die Hochbahn. Sore war laut, grell, bunt und wimmelnd. Und ließ Keizerstad trotz aller Protzbauten wie ein Provinznest aussehen.
Aus diesem wuselndem Zentrum, dem wirtschaftlichen Herz des Imperium, fuhren sie hinaus auf einen der Hügel von Sore.
Und langsam änderte sich die Bebauung. Ehrwürdige, säulenbestandene Gebäude mit Kuppeln, gebaut aus Granit und Marmor säumten nun die Straße, ließen die beinahe dreitausend Jahre andauernde Geschichte von Sore erkennen.
Durch ein Tor fuhren sie auf ein parkartiges Gelände in dessen Mitte sich ein schloßartiges Gebäude befand, dem selbst Trevor trotz aller Bemühungen die Architektur der glorreichen Vergangenheit zu zitieren, sofort ansah, dass es sehr modern war.
"Willkommen in deinem neuen Zuhause, Servon!" spottete Simur jetzt in Trevors Richtung.
Dann hielt das Auto vor einer gigantischen Freitreppe und ebenso rüde wie er hineingesetzt wurde zerrte Simur Trevor wieder hinaus und an der Kette hinter sich her die Treppe hinauf.
Es war kaum zu vermeiden, dass Trevor stolperte und so geschah es dann auch auf dem oberen Drittel der Treppe, Trevor fiel und knallte unsanft mit dem Knie gegen die Stufen. Während er schmerzerfüllt aufzischte musste er garnicht erst hinsehen um zu wissen, dass er nun über eine blutende Wunde am Knie verfügte.
Simur aber fauchte nur: "Stell dich nicht so dämlich an!" Sein Begleiter sagte nichts, beugte sich aber zu Trevor herunter und half Trevor wieder auf die Beine zu kommen während Simur weiterhin völlig rücksichtslos an der Kette zog.
So stolperte Trevor unter Schmerzen und blutend letztendlich in die Eingangshalle wo ein hochgewachsener, gutaussehender Mann mit kupferbraunem Haar und violetten Augen ihn erwartete.
Gerade wollte er aufatmen da Simur aufhörte an ihm zu reißen, da versetzte ihm dieser einen Stoß so dass er auf die Knie und dann auf alle Viere fiel, was ihm dieses Mal einen gequälten Laut des Schmerzes entlockte.
"Ist er das?" erkundigte sich der kupferhaarige Mann mit einer kalten Stimme.
"Ja das ist er, Vosta Numeen" erwiderte der Typ, dessen Namen Trevor noch nicht wusste, mit einer desinteressiert klingenden Stimme.
"Was willst du mit diesem Barbaren, meu delicion¹?" wollte nun Simur mit einer leicht schmollenden aber gleichzeitig auch abfälligen Stimme wissen.
"Eifersüchtig Simur?" erkundigte sich der Angesprochene nun mit leiser Ironie, "bist du dir so sicher, dass ich dich erwählen werde?"
"Das ist all' mein hoffen, Terastan!" erwiderte dieser nun flehend.
Das ist also Terastan? wunderte sich Trevor.
Dieser schien nun seinen neuesten Erwerb genauer anzuschauen, denn plötzlich bemerkte er mit leichter Mißbilligung: "Er blutet!"
"Er war ein bisschen zickig" entgegnete Simur daraufhin.
"So, war er das?" entgegnete Terastan ironisch und meinte dann: "Bring' ihn in seine Kammer, kümmere dich um seine Wunde und lass ihn sich umziehen. Ich möchte ihn zum Abendessen dabei haben!" Dann wandte er sich ab, mahnte aber im Gehen noch: "Und, Simur! Zügle deine Eifersucht!"
"Ja, Vosta Numeen!" ruderte dieser nun verbal zurück.
Das war nun also Terastan? dachte sich Trevor, ein großes Interesse an mir schien der aber nicht zu haben...
Bevor er aber dazu kam weiter darüber nachzudenken, vernahm er schon wieder die nun etwas genervte Stimme von Simur der ihn anfuhr: "Steh' auf, du stupasinon²!"
Mühsam kam Trevor wieder auf seine Beine und hinterließ einige Flecken seines Blutes auf dem polierten Boden.
Kaum aber, dass er wieder Stand zerrte Simur wieder an seiner Kette, dieses Mal aber mischte sich sein Begleiter ein und sprach leicht mürrisch: "Lass' mal Simur, ich mach das, geh du vor..."
Entgegen Trevors Erwartungen ließ Simur sofort von ihm ab und meinte: "Ja, dann mach du mal, Iuliur..."
Iuliur griff nun Trevor sanft an der Schulter und sprach einigermaßen freundlich zu ihm: "Na, dann komm mal mit Junge..."
Dafür, dass er nicht an ihm riß oder ihn drängelte oder schubste, war Trevor ihm wirklich dankbar und so humpelte er langsam hinter dem gelangweilt vor sich hinschlurfenden Iuliur her durch ein endloses Netz an Gängen bis sie endlich in einem Raum anlangten, in dem Simur schon mit genervtem Gesichtsausdruck auf sie wartete.
"Ging das nicht schneller?" maulte er sogleich worauf Iuliur die Augen runzelte und ihn etwas enerviert anfuhr: "Sei kein parvion³ Simur, der Junge wird sich das nicht freiwillig ausgesucht haben hier zu sein..."
"Was denn?" empörte der sich sofort, "es hat den Barbaren keiner gezwungen nach Sore zu kommen!"
"Woher willst du das wissen?" konterte Iuliur sofort.
"Selbst wenn, dann muss er sich ja nicht gleich Terastan unterwerfen wie eine läufige Hündin!" schimpfte Simur weiter.
Jetzt wurde es Trevor, der noch immer blutend dastand, langsam ein wenig zu bunt und er wandte ein: "Ich habe nicht darum gebeten hier herzukommen."
"Halts Maul Sklave!" schrie ihn Simur sofort an, "warum bist du überhaupt in Sore?"
"Willst du das wirklich wissen?" erkundigte sich Trevor daraufhin ruhig, aber Simur blieb gereizt und beschied ihn: "Nein, natürlich nicht!"
Er hatte aber die Rechnung ohne Iuliur gemacht der nun anmerkte: "Also mich würde es ja schon interessieren...."
Dafür bekam er einen dankbaren Blick von Trevor der nun mehr ihm als Simur erzählte: "Ich musste meinen fidanzation⁴ retten, sonst hätte man ihn getötet...."
"Du bist mit ihm nach Sore geflohen?" erkundigte sich Iuliur nun mit anerkennendem Unterton.
"Und warum bist du dann jetzt hier und nicht bei deinem Geliebten?" maulte Simur übellaunig.
"Weil man mir bei der Ankunft gesagt hat, dass ich etwas bieten müsse, damit man ihm helfe und für ihn Sorge" erzählte Trevor nun, "und ich hatte nichts zu bieten, außer mich selber und meine Freiheit..."
"DAS hat man dir gesagt?" wollte Iuliur wissen und er klang ein wenig verstört dabei.
"Ja?" entgegnete Trevor.
Zu ihm sagte Iuliur nichts mehr, aber an Simur gewandt sprach er zynisch: "Mach' mal deine Augen auf und siehe, welches Spiel Terastan hier mit ihm spielt..."
Dann verließ er kopfschüttelnd den Raum.
Zurück blieben Trevor und Simur. Letzterer entfernte nun die Kette und die Armbänder von Trevor, dann meinte er: "Zieh dich aus, dusch dich, danach schaue ich nach der Wunde."
Unsicher blieb Trevor stehen und als Simur keine Anstalten machte den Raum zu verlassen oder auch nur den Blick von ihm abzuwenden fragte er scheu: "Vor dir?"
Dieser schenkte ihm einen 'Echt jetzt?'-Blick und erwiderte dann spitz: "Gewöhn dich daran, dass man dich nackt sieht.."
Geradezu fluchtartig befreite sich Trevor nun von seiner Kleidung und rannte förmlich in die angrenzende Nasszelle wo er die Dusche vermutete.
Bei Libulan, was verspricht sich Terastan nur von diesem verkrampften Typen? wunderte sich Simur im Stillen während er darauf wartete, dass Trevor wieder aus dem Badezimmer kam.
Als er das dann endlich tat, musste Simur an sich halten um nicht lauthals zu lachen, angesichts dessen, wie Trevor verklemmt mit seine Hände sein durchaus ansehnliches Glied verbarg.
Er deutete auf das im Raum befindliche Bett und befahl ihm: "Setz' dich!"
Umgehend folgte Trevor seinen Anweisungen, aber auch jetzt nahm er nicht seine Hände von seiner Körpermitte.
Indessen hatte Simur ein Medizinkoffer herbeigebracht aus dem er nun Desinfektionsmittel und Verbandsmaterial nahm.
Zu Trevors Überraschung brannte die Desinfektion nicht in seiner Wunde und auch als Simur den Verband anlegte war er erstaunlich sanft und rücksichtsvoll.
Als dieser damit fertig war, sprach Trevor demütig: "Danke, für deine Hilfe..."
Überrascht sah er ihn an, meinte dann aber nur: "Du solltest etwas ruhen, ich hole dich dann später ab!"
Bevor er Trevor dann aber verließ öffnete er noch eine Klappe in der Wand am Fußende des Bettes, holte eine Kette daraus hervor an deren Ende eine Schelle angebracht war.
Wortlos bückte er sich zu Trevors rechten Bein und legte ihm die Schelle um sein Fußgelenk, dann rastete er sie ein.
Und während der nackte Trevor noch fassungslos auf seine Füße starrte, merkte Simur leicht sarkastisch an: "Bis zum Klo reicht es". Dann drehte er sich um, ging hinaus und schloss die Tür hinter sich.
Trevor, der nach kurzem Umsehen feststellen musste, dass sein Raum keinerlei Ablenkungen beinhaltete, legte sich nun auf das Bett und zog die Decke über seinen nackten Körper. Trotzdem das Gefühl angekettet zu sein, ein für ihn Seltsames war, überkam ihn sehr schnell die Müdigkeit und er schlief ein.
Simur hingegen suchte Iuliur und war wenig überrascht, diesen in seinem Appartement mit dem Callidcom in der Hand und vor dem laufenden Televisionsgerät vorzufinden.
Beim Eintreten von Simur seufzte er auf und warf ihm einen genervten Blick zu.
Doch Simur war zu sehr mit seinen eigenen Sorgen und Gedanken beschäftigt um das überhaupt zu registrieren und ließ den armen Iuliur sofort und ungefiltert an seinen Gedanken teilhaben: "Hast du eine Vorstellung was Terastan von dem will? Ich mein, er ist blond und hat blaue Augen, aber der ist sowas von verklemmt. Echt, ich würde mich nicht wundern wenn der noch ein Virgon⁵ ist. Sowas tut man sich doch nicht an, nur weil es exotisch ist..."
Leicht überfordert zuckte er zum Ende seines Monologes mit den Schultern und fixierte Iliur mit einem fordernd-fragenden Blick.
Iliur seufzte ein weiteres Mal, ließ sich dann aber doch dazu herab auf die Sorgen und Gedanken seines Kumpels einzugehen: "Vielleicht ist der Grund ja nicht sein Aussehen oder seine Persönlichkeit, sondern wer er ist?"
Simur war das allerdings eine Spur zu hoch und so kam von ihm nur ein wenig intelligentes: "Häääää?"
Doch Iliur blieb ruhig und erklärte geduldig: "Weißt du wer er ist? Wer war er da wo er herkommt? Hat er Ansprüche auf Herrschaft, kommt er aus einer bedeutsamen Familie?"
"Woher soll ich das wissen?" grantelte Simur sofort los.
"Wie wäre es wenn du ein wenig recherchierst, zum Beispiel im Telerete⁶?" blaffte sein Gegenüber nun aber zurück.
"Und wonach soll ich da suchen?" keifte Simur sofort.
"Wie wäre es wenn du mit seinem Namen, Trevor, anfängst?" zickte Iliur zurück.
Doch Simur war längst nicht überzeugt: "Trevors gibt's bei den Barbaren doch bestimmt wie Sand am Meer!"
"Dann solltest du anfangen und nach allen von Bedeutung suchen die vom Alter her zu deinem neuen Konkurrenten passen" schimpfte Iliur nun und ließ Simur spüren, dass er jetzt langsam die Nase voll hatte von dessen Zickereien.
Die Botschaft kam nun bei diesem an, denn er maulte zwar noch leise "Der ist doch keine Konkurrenz für mich", verließ dann aber doch Iliurs Räume um in seine eigenen zu gehen, wo er gedachte, Iliurs Vorschlägen ernsthaft nachzugehen.
Vielleicht könnte er auch in der Bibliotheca Imperiale um Recherchehilfe bitten?
Eigentlich musste er sich das zwar von Terastan genehmigen lassen, aber wenn er Luciur wieder schöne Augen machen würde, käme er vielleicht auch so damit durch...
¹mein Liebling
²wörtlich Blödesel, gemeint Dummkopf
³Arschloch
⁴Freund im Sinne von Boyfriend
⁵ männliche Version der Jungfrau
⁶ Internet