Kapitel 1

270 23 7
                                    

„Les!! Hast du wieder mein Haarspray benutzt?!“ „Wieso zum Teufel sollte ich die Haarspray benutzen?!“  „Wer soll es denn sonst machen??“ „Argh...!“

„Geht das schon wieder los…“, seufzt Benny und lässt sich zu James auf das Sofa fallen. „Ich glaub‘, die zwei streiten sich seit zwei Tagen durchgehend“, meint James mit einem leichten Lächeln auf den Lippen. „Ja und mir geht das so langsam auf den Keks…“ Benny fährt sich durch die blonden Haare.

„Rück jetzt mein Haarspray raus, verdammt!!“ „Wie oft soll ich dir noch sagen, dass ich es nicht hab‘?!“
„Man sollte sich am besten raushalten“, sagt Benny und trinkt einen Schluck Kaffee. James nickt bloß.

„Mann, Les! Das ist nicht komisch!“ „Für was brauchst du überhaupt dein scheiß Haarspray, es ist SAMSTAG!!“ „Genau deswegen ja! Sonst sehe ich ja schrecklich aus! Und wenn du es andauernd benutzt oder wegstellst, dann sag mir wenigstens Bescheid! Ach was! Lass einfach deine Griffel von meinem Haarspray!“ „Ich hab dein Haarspray nicht benutzt, du hohles Blondchen!“ „Wie hast du mich genannt, Grufti?!“ „Ich warn‘ dich Trace, ich komm gleich ins Bad und-“

„Würdet ich zwei endlich eure Klappe halten?!? Manche sind gerade erst aufgestanden! Eure Babystreits werden immer dümmer!!“, brüllt Benny plötzlich.
„Dann soll er aufhören, mich zu beschuldigen! Ich hab sein verficktes Haarspray nicht!“, kommt es angepisst aus Les‘ Zimmer.  „Und er soll aufhören zu lügen!“, kontert Tracy aus dem Bad. „Ich lüg‘ nicht, du bist nur zu dumm, um zu kapieren, dass ich nie im Leben dein Haarspray benutzen würde!!“, schießt Les zurück.
„Schnauze, alle beide!“, brüllt Benny wieder, „Tracy, du benutzt doch eh so viel Haarspray, da kann man sich ums Verrecken nicht merken, ob was fehlt! Und-“ „Aber..!“ „Nichts aber! Les?! Lass du dich nicht von Trace so auf die Palme bringen, damit basta!!“ Benny seufzt genervt. Kurz darauf dröhnt laute, düstere Musik aus Les‘ Zimmer.

„So viel zum Thema raushalten“, grinst James Benny an. Benny grinst  verzweifelt zurück. „Sollen sie sich etwa den ganzen Morgen streiten?“, fragt er.
„Lieber nicht.“
Benny und James blicken Mike an, der verschlafen in Jogginghose und T-Shirt ins Wohnzimmer geschlürft kommt. „Ausgeschlafen?“, grinst James den Braunhaarigen an. „Hmpf“, brummt dieser nur und geht in die Küche, um sich einen Kaffee zu holen. Benny hat den Fernseher eingeschaltet und zappt durch die Kanäle. Natürlich versteht er keinen Ton, da die Lautstärke von Les‘ Musik alles übertönt.
Mike kommt mit einer Tasse Kaffee aus der Küche und lässt sich auf einen Sessel fallen. „Haben die an einem Samstagmorgen nichts Besseres zu tun??“, brüllt Mike durch die Musik zu James und Benny. „Offensichtlich nicht“, brüllt Benny als Antwort zurück und schaltet den Fernseher wieder aus, da man eh nichts versteht.
„Wie lang ist Tracy jetzt schon im Bad?“ Fragend blickt James die anderen beiden an. Mike zuckt mit den Schultern. „Keine Ahnung.“ Auch Benny zuckt nur mit den Schulten. „Zwei Stunden?“, vermutet er. Sie grinsen sich an. Diese Einschätzung könnte hinhauen.
Immer noch dröhnen die Bässe, schreddernden Gitarren und Gegrunze aus Les‘ Zimmer. Benny fragt sich, wie er davon keine Kopfschmerzen bekommen kann. Aber damit musste er ja schließlich leben. Sie alle. Er, James, Mike, Les und Tracy wohnen zusammen in einer kleinen Wohnung in L.A.  Alle verstehen sich gut, nur Tracy und Les streiten gerne.  Oft, sehr oft. Aber jeder hatte schon mit jedem Streit, doch Les und Tracy streiten sich wegen jeder Kleinigkeit. Und immer, wenn Les sauer ist, hört er Metal. Black Metal. Etwas Besseres gibt es für ihn nicht. Benny kann das Gegröle und Gegrunze nicht voneinander unterscheiden. Doch Les behauptet fest, man könne gutem von schlechtem Gegrunze unterscheiden. In Bennys Zimmer stehen stattdessen CDs von The Sweet, Slade, Smokie und auch Alice Cooper. Der 24-jährige liebt 70er Glam Rock und auch sein Kleiderschrank sieht so aus: Schlaghosen, knallige Farben und das ein oder andere Paar Plateauschuhe.

Da spürt er etwas an seinem Bein. „Na du?“, fragt er mit einem Lächeln und hebt seine Katze hoch. Diese beginnt sofort zu schnurren und schmiegt sich an ihn. „Urgh…Benny, tu das Viech von der Couch!“, beschwert sich James und blickt die Nackthaarkatze angeekelt an. Mike hat schon ein Grinsen auf den Lippen. „Vergiss es!“, gibt Benny leicht schnippisch zurück und drückt seine Katze an sich. „Hör einfach nicht auf den Grunge-Freak, Angel“, meint er zu seiner Katze und krault sie hinterm Ohr. „Zu dem Viech würde eher der Name Devil passen...“, brummt James. Die Katze blickt den 21-jährigen mit den hellbraunen glatten Haaren an und faucht giftig. „Siehste, das Monster kann mich nicht leiden!“ Erneut faucht Angel. „Ach was!“ Benny drückt die Katze mit den stechend blauen Augen an sich. „ Du solltest lieber mal netter zu ihr sein!“, entgegnet Benny und widmet sich seiner Katze. „Mistvieh…“, murmelt James und wirft Angel einen bösen Blick zu. Mike ist immer noch am Grinsen. James hasst Bennys Katze abgrundtief. Und sie ihn offensichtlich auch. Doch den Grund kennt niemand.

Da öffnet sich die Badezimmertür und ein fertig gestylter Tracy kommt heraus, hinter ihm zieht sich eine Haarspraywolke her. Sofort verzieht er das Gesicht, als er die düstere Musik aus Les‘ Zimmer hört. „Oh Gott, mach den Scheiß aus!“, brüllt er und will gegen die Tür treten, die in diesem Moment aufgeht. Tracys weiße Cowboystiefel landen genau in Les‘ Weichteilen. „Argh..!“ Les macht einen Schritt rückwärts. „Hast du sie noch alle?!?“, schreit er kurz darauf und knallt die Tür wieder zu. Sofort nimmt die Dezibelstärke zu. „Hast du ja toll gemacht, Trace“, brummt Mike, der am wenigsten mit Les‘ Musik klarkommt und reibt sich die Schläfen. „Dir auch einen schönen guten Morgen!“, grinst Tracy und schlendert in die Küche, um sich ebenfalls einen Kaffee zu holen. Er scheint bester Laune zu sein.
Mit einem Grinsen auf den Lippen und einer pinken Tasse mit Leopardenmuster in der Hand, lässt er sich zwischen Benny und James auf die Couch fallen. „Und? Was machen wir heute?“, will er gut gelaunt wissen und nimmt einen Schluck Kaffee. Sein Lippenstift hinterlässt einen Abdruck an der Tasse. „Ich hätte ja gern ausgeschlafen“, brummt Mike. „Das kannst du auch noch morgen machen, heute wird gefeiert!“ „Dann kannst du ja allein gehen.“, entgegnet Mike. „Was, warum denn? Wir gehen alle zusammen, das wird toll! Ich hab schon…“ „Trace, du versuchst uns jede verfickte Woche dazu zu überreden, feiern zu gehen! Hast du eigentlich nichts anderes im Kopf oder ist da bloß noch Haarspray drin?“, fragt James. „Du willst doch nur deinen Schwanz in irgendwelche Tussis stecken“, kommt es wieder von Mike. „Na und?“ Tracy ist unerschütterlich. „Das zeigt ja, dass ich mehr Mann bin wie ihr! Wann habt ihr da letzte mal ‘ne Tusse mit nach Hause genommen, hm?“ „Mehr Mann? Das behauptet der, dessen Zimmer voller pinker Pferde ist!“ Alle drehen sich um.

Niemand hatte bemerkt, dass die Musik ausgegangen war und Les im Türrahmen steht. Er trägt wie immer nur Schwarz, seine schwarz-braunen Haare gehen ihm fast bis zum Bauchnabel und er hat ein spöttisches Grinsen auf den Lippen.
„Das sind keine Pferde, das sind Einhörner!“, verteidigt sich Tracy und wird augenblicklich rot. Alle fangen an zu lachen.

Mission Impossible: Wacken [On Hold]Where stories live. Discover now