Lucy von hello_ananas

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Erster Eindruck:
In der Geschichte geht es um ein Mädchen namens Lucy, dass mit ihren Eltern in eine neue Gegend zieht und dort eine Gruppe Hippies kennen lernt. Höhepunkt der ersten Kapitel ist eine Fahrt zum einem Hippiefestival.

Der Klappentext verrät zu viel und könnte ein wenig peppiger sein, außerdem gibt es einige Rechtschreibfehler (Groß-, Kleinschreibung).

13 Kapitel gibt es, doch fast jedes Kapitel besteht nur aus ein paar Zeilen.
Mag sein, dass das manche Leute abschreckt, denn wie soll sich eine (spannende) Geschichte entwickeln, wenn schon nach wenigen Zeilen alles vorbei ist und man dann auf das nächste Kapitel warten muss?
Nimmt man alle Kapitel zusammen, besteht das Buch vielleicht aus 2-3 Seiten.

Ich könnte viele meiner Texte aus anderen Kritiken hier hineinkopieren, denn überall das gleiche Bild.
Die Hauptperson, in dem Falle ein Mädchen namens Lucy, wird einem nicht nahe gebracht.
Das ist deshalb ärgerlich, weil es mehrfach die Chance gab, es sehr schön in die Geschichte zu integrieren. Als Lucy den Nachbarsjungen kennen lernt, schreibst du:

>Dann redeten wir ein bisschen, vor allem über mich.
Ja, das wäre die Chance gewesen ein wenig über Lucy zu erfahren.
Was erfährt man aber? Nichts. Sie ist für den Leser nur eine farblose Hülle, irgend ein Mädchen halt, die kaum Gefühle und keine eigene Identität hat.

Das Gleiche ein wenig später, als er sie seinen Freunden vorstellt. Wieder erfährt man nichts über die Hauptperson des Buches. Man liest nur, dass sie ausgefragt wird und sie etwas erzählt. Aber was denn? Ich bin Leser, kein Gedanken-Leser.

Rechtschreibung und Grammatik:
Mir fielen vor allem Fehler in der Groß- und Kleinschreibung auf. Auch viele simple Flüchtigkeitsfehler, die man durch erneutes Lesen vor der Veröffentlichung sehen sollte, gerade weil die Kapitel so klein sind. Insgesamt aber ok.
Note: 3

Optische Gestaltung:
Gerade in den ersten 7 Kapitel grausam. Jetzt sind die Kapitel so kurz und dann noch alles in einem einzigen Block zusammen geschrieben. Sogar wörtliche Rede wird nicht vom Rest getrennt.
Erst ab Kapitel 8 wird es besser. Da gibt es dann mal Absätze und die Kapitel sind etwas länger und strukturierter.

Das Cover, mmh, es fehlt der Titel und auch wenn ein Mädchen darauf abgebildet ist, wirkt es mir zu öde und uninteressant. Außerdem blendet mich die Sonne, so das ich gar nicht lange hinschauen will.
Note: 4

Lesbarkeit:
Immerhin liest es sich gut und es könnte sich noch besser lesen, wenn die optische Gestaltung stimmen würde.

Spaß:
Würde ich 'Lucy' weiterlesen wollen?
Ich sage mal: Vielleicht.

Trotz aller Kritik hat die Geschichte etwas. Mir gefällt, dass es mal nicht um Mord und Totschlag geht und keine Zombies aus dem Boden heraus kriechen.
Eine nette, liebenswerte Jugendgeschichte über ein paar verrückte Jugendliche, die die letzten Tage ihrer Ferien zusammen verbringen.
Aber es mangelt halt einfach an Timing und dem Gespür für das aufbauen von Spannung und so packt mich die Geschichte nicht wirklich. Sie könnte aber so schön werden...

Du verlierst dich oft ein bisschen zu viel in Beschreibungen. Versuche, so etwas mehr in die Geschichte zu integrieren sonst wirkt es ermüdend. Unwichtige Details kannst du auch später noch nachreichen.
Die vielen Kleidungsbeschreibungen und die Bilder in den jeweiligen Kapiteln deuten für mich eher darauf hin, das dir Kleidung wichtiger ist als eine gute Geschichte und interessante Charaktere.
Natürlich kannst und musst du die Hippies beschreiben, aber vielleicht nicht alle auf einmal direkt hintereinander.
Mir war es auch ein bisschen viel Klischee. Das Hippies sich nur von Bio ernähren und Dinkelmuffins backen... naja. Hippies sind keine Ökos, die sich nur gesund ernähren.

Es findet kaum wörtliche Rede statt. Erst im letzten Kapitel unterhalten sich Lucy und Elena einmal richtig und endlich erfährt man ein paar persönliche Dinge.
Lass die Charaktere öfter miteinander reden, lass sie erzählen welche Sichtweisen sie haben, was sie über dies und das denken.
Lass Lucy ihre Vorurteile, die sie den Hippies gegenüber hatte, mit den anderen ausdiskutieren. So werden die Personen interessanter und bekommen einen Hintergrund.
Olli, Mark, Freddi und wie sie alle heißen sind auch sehr farblos und langweilig. Außer Freddi, den Nachbarn, könnte ich die beiden anderen nicht auseinander halten weil sie keinen Eindruck hinterlassen.
Du solltest eine Art Karteikarten anlegen, in denen du einen Hintergrund über jeden deiner Charaktere erstellst. Haben sie Geschwister, wie sind sie in der Schule, welches sind ihre Lieblingsfächer, wer hört welche Musik (Namen von Bands) usw. Nur so werden sie vor deinem Auge lebendig und erst dann kannst du sie auch vor den Augen des Lesers lebendig werden lassen.

Hier noch ein paar Tipps:

Ich glaube, dass du sehr viele Leser wegen dieser kurzen Kapitel verlierst weil sich zwischen diesen Kapiteln nichts tut. Du solltest jedes Kapitel immer mit einem kleinen Cliffhanger oder wenigstens einem kleinen Spannungsbogen beenden. Das motiviert die Leser, deine Geschichte zu ihren Leselisten hinzuzufügen, weil sie wissen wollen wie es weitergeht.

Überarbeite deshalb alle Kapitel (vor allem die ersten 7) und gliedere sie besser auf mit Absätzen. Trenne wörtliche Rede vom Rest ab. Eventuell solltest du Kapitel 2-7 löschen und deren Text komplett in Kapitel 1 setzen. Der Spannungsbogen wäre dann am Ende von Kapitel 7 die Nacht vor der Fahrt zum Festival, die Spannung und die Gefühle die Lucy vor dem Einschlafen hat, weil sie so aufgeregt auf den morgigen Tag ist. Kapitel 8-13 dann in ein Kapitel 2 setzen.

Füge _viel_ mehr wörtliche Rede ein, lass z.b. Freddi und Lucy sich unterhalten und schreibe nicht nur, dass sie sich unterhalten. Hier kann Lucy dann auch mal etwas von sich erzählen.
Das können auch ruhig mehr als zwei Sätze sein. Wie redest du mit deinen Freunden? Versuche, deine eigenen Erfahrungen und Erlebnisse ein wenig zu verarbeiten, das kann helfen alles ein bisschen lebendiger zu machen.

Schreibe nicht so kurze Kapitel, sondern warte vor einer Veröffentlichung einfach bis du wenigstens eine Seite voll hast, es macht sonst einfach wenig Spaß. Es gibt ja Witze, die länger sind als manche deiner Kapitel. Gerade die längeren Kapitel von dir sind deutlich besser.

Lass die Charaktere nicht so farblos wirken. Jeder hat Ecken und Kanten. Alle sind Ökos und stehen auf Dinkel? Warum?
Olli könnte auch mit einer McDoof Tüte im Bus sitzen, weil ihm Dinkelmuffins nicht schmecken. Solche kleinen Details machen die Personen lebendiger und interessanter. Nicht alles muss Schablonen- und Klischeehaft gezeichnet sein. Klischees sind praktisch weil man nur 'Hippie' schreiben muss und jeder weiß was gemeint ist. Klischees sind aber auch stinklangweilig, wenn man nur darauf herumreitet.
Lass deine Charaktere nicht nur aus Klischees bestehen.

Lucy muss auf jeden Fall interessanter werden. Gib ihr ebenfalls ein paar Eigenheiten, die nicht alltäglich sind. Lass den Leser auch an ihren Gefühlen teil haben, beschreibe das Kribbeln im Bauch, das sie beim ersten Anblick von Freddi hat, ausführlich. Benutze deine eigenen Sinne, hören, schmecken, riechen, fühlen und sehen um Dinge besser beschreiben zu können.
Nimm dir Geschichten, die dir gefallen und analysiere sie. Warum fieberst du so mit dem Hauptcharakter mit? Wie wurde er beschrieben? Was fasziniert dich an ihm? Du wirst sehen, dass die meisten Hauptcharaktere einen Hintergrund haben, der einiges über ihre Wertvorstellungen (z. B. hat er eine Moral?) verrät. Passt deren Wertvorstellung zu deiner eigenen, ist er dir sympathischer als andere (z.b. wie Gangster), die über Leichen gehen.

Bitte vermeide Autorenkommentare in den Geschichten, dafür gibt es eine Kommentarfunktion.

Gibt deinen Kapiteln sprechende Namen. Kapitel 1, Kapitel 2 usw... macht auch nicht gerade neugierig.


Ich denke, mit etwas mehr Schreiberfahrung (die du natürlich nur vom Schreiben bekommst) und Selbstkritik kannst du deutlich mehr aus deiner interessanten Geschichte herausholen. Mich hat jedenfalls deine Geschichte inspiriert, auch mal (irgendwann) eine Jugendgeschichte ohne Blut und Toten zu schreiben.

Die Stunde der Kritiker *CLOSED*Where stories live. Discover now