Kapitel 2

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„Darf ich euch eure neue Mitschülerin vorstellen?", rief Ms. Amaryllis enthusiastisch und wandte sich mit diesen Worten an die Klasse.

Sie machte auf mich keinen sehr autoritären Eindruck und wirkte ziemlich überdreht. Sie hatte braune, wilde Locken und gelblich funkelnde, wache Augen, die auf mich gerichtet waren. Ich gab mir alle Mühe nicht zu lange in ihre ungewöhnlichen Augen zu starren.

Dann erkannte ich, dass alle Augen nun auf mich gerichtet waren.

Meine Nervosität nahm ungeahnte Ausmaße an. Ich hasste es angestarrt zu werden, doch von übernatürlichen, vermutlich gefährlichen Wesen...Übermenschen, oder wie man sie auch nennen mag, angestarrt zu werden. Ja, ich erreichte ein neues Level an Nervosität das sich so schnell wohl nicht mehr überbieten ließ.

Atme tief durch! Diesmal bist du einfach nur die Neue, ermahnte ich mich. Ich bemerkte, dass Ms. Amaryllis darauf wartete, dass ich mich vorstellte und nicht tatsächlich sie. Am liebsten hätte ich aufgestöhnt. Oder geschrien.

„Mein Name ist Luna Moriel.", antwortete ich mit zittriger Stimme. Gut so Luna. Zeig ihnen das du ein schwacher, kleiner Feigling bist., schalt ich mich. Sie sah mich weiterhin erwartungsvoll an.

„Ich komme aus einer kleinen Stadt in Maine." Diesmal klang meine Stimme etwas kräftiger. Sie wartete noch immer darauf, dass ich weitersprach und ich spürte die neugierigen Blicke der ganzen Klasse auf mir ruhen.

Als ich nichts mehr sagte ergriff Ms. Amaryllis wieder das Wort.

„Und wie alt bist du, Liebes?" Sie lächelte und ich schämte mich ein wenig, dass ich vergessen hatte das zu erwähnen.

„Ich bin 18." Ich versuchte freundlich zu gucken und ein Lächeln beizubehalten, - aber die ganzen durchdringenden Blicke gaben mir das Gefühl nackt zu sein.

„So, nur noch eine Frage Liebes, die uns sicher alle hier brennend interessiert... Was bist du?" Sie stellte diese Frage mit einer so kindlichen Neugier in den Augen, dass mir das Lächeln etwas leichter fiel. Sie fragte sie so beiläufig...als wäre es die normalste Frage der Welt. Als wäre es völlig einfach mein größtes Geheimnis so einfach laut auszusprechen. Das Wort, das mir nie hatte über die Lippen rutschen dürfen.

„Ich...bin ein Nephilim" Es so offen und laut auszusprechen fühlte sich nicht richtig an. Das Wort hinterließ einen bitteren Nachgeschmack.

Die Klasse begann zu flüstern und als ich mich mal genauer in ihren Reihen umsah, erkannte ich bereits ein bekanntes Gesicht. Kein Gesicht, auf das ich erpicht war, es wiederzusehen.

Daniel, der Werwolf, saß ganz hinten in der letzten Reihe. Alleine. Seine Miene war absolut ausdruckslos und gelangweilt.

Als gäbe es nichts Uninteressanteres als eine neue Schülerin an dieser Schule. Insbesondere ein Nephilim. Sein Gesichtsausdruck war ein völliger Widerspruch zu der Reaktion der Anderen.

Ich bekam schon leichte Panik als mir klar wurde, dass der Platz neben ihm wohl meiner sein müsste, ehe ich bemerkte, dass dieser nicht der einzige Freie war.

„Sehr schön, du bist erst der zweite Nephilim an der Schule, wir freuen uns alle sehr, dass du hier bist." Ich hörte, wie jemand ein Prusten unterdrückte, wandte jedoch den Kopf nicht schnell genug, um zu sehen von wem es kam.

„Schön, schön, such dir doch einen freien Platz."

Ich ging eilig zu dem anderen Platz. Dort saß ein Mädchen mit langen pechschwarzen Haaren, die sie zu einem strengen Zopf geflochten hatte und dazu passenden schwarzen Augen. Ihre Augen waren so dunkel, dass man die Iris kaum von der Pupille unterscheiden konnte.

Fear Gorta - Das Lied der Schatten (Neu!)Where stories live. Discover now