Kapitel 14

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Der nächste Tag begann in aller Frühe.

Ich hatte vergessen meinen Wecker auszuschalten und konnte nach dem Ertönen des schrillen Alarms auch nicht mehr einschlafen.

Ich hatte auch vergessen meine Jeans vor dem Schlafen auszuziehen und hatte nun überall Abdrücke von den Nähten.

Ich hatte nicht vor gleich einzuschlafen, doch der Tag am Strand hatte mich wohl mehr ausgelaugt als ich angenommen hatte.

Mit halb geschlossenen Augen schlürfte ich ins Bad. Selbst meine Flügel sahen zerzaust und verschlafen aus.

Womöglich lag es auch nur am Rest von mir. Ich starrte wieder einen Moment lang auf mein Spiegelbild. Irgendwas hatte sich verändert. Ich beugte mich weiter vor. Meine Augen? Ich blinzelte und sah nochmal genauer hin. Sie wirkten irgendwie heller...fast schon silbrig. Ich zuckte die Schultern, auch wenn Niemand es sehen konnte und beschloss, dass es egal war.

Schnell stellte ich mich unter die Dusche und ging dann mit noch feuchten Haaren runter. Es sah aus als wäre ich als Einzige bereits auf den Beinen. Der große Raum war still und verlassen, und ich wusste nicht was ich tun sollte. Langsam begann ich mir einen Kaffee zu machen. Der Kühlschrank schien nur auf Frühstück und Abendessen ausgelegt zu sein. Ich bastelte mir eine Kleinigkeit zusammen und trat dann mit Kaffee in der einen und einem einfachen Brot in der anderen Hand auf den Balkon.

Schwermütig betrachtete ich den Himmel, der immer heller wurde und die Berge, die überall auf der Insel aufragten. Ich erkannte die kleinen Dörfer in der Ferne und das glitzernde Meer dahinter.

Das Schloss befand sich auf der Nordseite der Insel und richtete sich Richtung Westen. Diese Seite war fast vollständig mit Bäumen bedeckt während weiter Hinten in der Nähe der kleinen Häuser jede Menge Felder angelegt waren, die ich bereits bei meiner Anfahrt gesehen hatte.

Diese Insel schien der friedlichste Ort auf der Welt zu sein. Mein Blick fiel wieder auf die kleine Kapelle, die auf dem Berg neben dem Danu Hill stand und ich fasste den Entschluss meiner Neugier nachzugeben. Schließlich konnte ich nun fliegen! Hastig trank ich meinen Kaffee aus, schlang mein Brot mit wenigen Bissen herunter und stellte die Tasse neben mir ab. Ich hatte meine Flügel heute nicht wieder verdeckt und stellte mich somit direkt auf das Geländer. Sobald ich die Flügel gestreckt hatte fühlte ich mich sicherer. Trotz der Höhe. Sie wirkten irgendwie größer als ich sie in Erinnerung hatte. Ich atmete tief ein, sog die frischen Düfte der Insel in mich auf.

Ich schloss einen Moment lang die Augen, breitete die Arme aus und ließ mich mit wild klopfendem Herzen fallen. Als ich die Augen wieder öffnete blieb mein Herz fast stehen als ich die Bäume und den Boden immer näherkommen sah. Im nächsten Moment fing ich mich ab und schoss mit einem kräftigen Schlag in die Höhe.

Meine Flügel arbeiteten wie von selbst und brachten mich immer höher.

Das Schloss entfernte sich mit jedem Flügelschlag etwas mehr und ich steuerte auf die kleine Kapelle auf dem Berg zu.

Meine Haare, die vom Duschen noch etwas feucht gewesen waren, waren nun trocken.

Etwas flattrig und unsanft kam ich auf der Spitze des Berges auf. Es war eine etwas größere Ebene mit ein paar wenigen kleinen Bäumen, die sich mit dem Wind neigten. Von hier aus hatte ich die ganze Insel im Überblick.

Konnte in jeder Richtung das Meer erkennen. Ich wandte mich der Kapelle zu und stellte fest, dass sie etwas anders aussah als die Kapellen, die ich kannte. Sie hatte nur kleine Fenster, so hoch, dass man nicht durchblicken konnte. Sie wirkte etwas verwahrlost und war verschlossen. Drumherum war alles verwildert und Pflanzen kletterten von allen Seiten an ihr empor. Ein dickes Schloss war an der eisernen und massiven Tür angebracht. Langsam ging ich um das kleine Häuschen, das wohl doch keine Kapelle war, herum. Ich kämpfte mich durch hohes Gras und Büsche und erreichte die Rückseite. Dort blieb ich wie angewurzelt stehen. Überall zwischen dem hohen Gras und Unkraut ragten Grabsteine empor. Langsam richtete ich den Blick wieder auf das Gebäude. Eine Gruft? Ich machte hohe Schritte und schlug dann kurz mit den Flügeln, um leichter über die Büsche zu kommen und versuchte die ausgeblichenen und durch Verwitterung beinahe unkenntlich gemachten Namen zu entziffern. Ich wischte den Dreck von den Buchstaben.

Fear Gorta - Das Lied der Schatten (Neu!)Where stories live. Discover now