Kapitel 1

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Die Fähre legte an und ich konnte noch immer nicht glauben, dass all das wirklich geschah.
Als ich die Insel immer näher kommen sah mit ihren Bergen und Wäldern war ich davon überzeugt ich würde träumen und wäre in Wirklichkeit noch bei meinen Eltern zu Hause in dem kleinen Städtchen Camden in Maine.

Der Flug von den USA nach Irland hatte sich bereits durch Unwetter verspätet. Als ich ankam fiel auch die letzte Fähre zur Insel aus. Und nun würde ich einen Tag zu spät ankommen und hatte keine Ahnung was mich erwartete. Die Insel hieß Oileán Caillte, was so viel bedeutet wie verlorene Insel. Was ziemlich passend war in Anbetracht der Tatsache, dass kaum jemand von ihrer Existenz wusste.
Die Insel hatte nur winzige Dörfer und dementsprechend wenige Autos.

Dennoch fand sich ein einzelnes Taxi, welches auf das Eintreffen der Fähre und auf mögliche Besucher wartete. Der Fahrer schien ziemlich gelangweilt. Es kamen wohl nicht oft Leute von diesem Schiff. Der Morgen war sehr nebelig und durch die feuchte Luft kräuselten sich meine sonst nur welligen Haare zu braunen Locken.

Ich schleppte meinen Koffer und meinen voll beladenen Rucksack in Richtung des Taxis. Einige Möwen schrien, doch es ließ sich durch den Nebel nicht erkennen woher die Laute kamen. Ich stellte meinen Koffer ab und klopfte zögerlich an die Scheibe. Der Fahrer schreckte auf und warf seine Zeitung von sich. Es war ein älterer Herr mit weißem Haar und einem müden Ausdruck in den Augen. Der Mann fragte etwas auf Irisch. Ich bekam etwas Angst, dass der einzige Taxifahrer der Insel meine Sprache nicht verstand.

„Tut mir leid, ich verstehe Sie nicht. Sprechen sie Englisch?", fragte ich mit einem etwas verzweifelten Unterton.

„Was kann ich für dich tun Kind?", antwortete er mit einem starken Akzent.

„Ich muss zu dieser Straße." Ich reichte ihm einen vergilbten Zettel durch das Fenster. Darauf war eine Karte von der Insel abgebildet. Ein roter Kreis markierte die Stelle, wo ich hinsollte.

Bisher kannte ich nur den Namen der Schule: Fear Gortha.

„hmmm...", grummelte er.
„Diese Straße führt ins nirgendwo, wieso willst du denn dahin?"

Ich zuckte mit einem verlegenen Lächeln die Schultern und sagte nichts weiter. Meine Eltern warnten mich, den Menschen nicht allzu viel zu verraten und dass ich mein Ziel schon sehen würde, wenn ich zu dieser Straße fuhr.
„Na gut, dann steig ein Mädchen. Ich packe deinen Koffer in den Kofferraum."
„Vielen Dank", entgegnete ich mit einem zurückhaltenden Lächeln und stieg etwas unbeholfen mit meinem großen Rucksack ein.
Ich legte ihn neben mich auf den Rücksitz und wartete mit einem nervösen Ziehen im Magen.
Die Tatsache, dass ich nicht die geringsten Vorstellungen hatte, was mich erwarten würde erfüllte mich mit Angst. Traurig sah ich meinen dunkelroten Rucksack an.
Ich hatte ihn bereits seit ich denken konnte. All meine Habseligkeiten passten in ihn und in einen Koffer.

Ich hatte nichts zurückgelassen. Nichts außer meinen Eltern und meiner besten Freundin, -Alissa.
Ich würde sie so vermissen.
Es traf sie so unerwartet, dass ich auf eine andere Schule gehen würde.
Sie hatte geweint und wollte mich nicht mehr loslassen. Es fiel mir so schwer mich von ihr zu trennen. Vor allem, weil ich nicht sicher war, ob ich sie je wiedersehen würde...
Natürlich verstand sie gut warum ich es auf dieser Schule nicht länger ausgehalten hatte. Doch kannte sie nicht die ganze Wahrheit.
Sie dachte es läge daran, dass meine Mitschüler so grausam zu mir gewesen waren, weil ich einen Buckel hatte.
Das war es zumindest was alle, sogar Alissa, dachten. Ob sie gelacht hätten, wenn sie die Wahrheit gewusst hätten? Ich würde es nie erfahren. 

Auf der High School macht dich alles was dich von den anderen unterscheidet gleich zu einem Freak. Mich nannten sie die Bucklige Lu

Ich frage mich wie viele noch meinen richtigen Namen kannten: Luna Moriel. Wahrscheinlich sehr wenige. Auch Alissa erging es nicht besser.
Sie war eine rothaarige Schönheit. Vor allem, wenn sie ihr Haar öffnete und ihre Brille abnahm. Doch sie blieb lieber unscheinbar und wollte nicht, dass Jemand sie ansprach.
Niemand sollte sie Lispeln hören.
So fanden wir zusammen. 

Fear Gorta - Das Lied der Schatten (Neu!)Dove le storie prendono vita. Scoprilo ora