Thomas

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Es ist jeden Tag das Selbe. Aufwachen, Schuluniform anziehen, mit meiner Familie frühstücken, mit der Limousine zur Schule oder zu Fuß, Schule, mit der Limousine zurück nach Hause oder zu Fuß, Hausaufgaben, sich langweilen, schlafen gehen. Und dabei fast die ganze Zeit von meinem Bodyguard Vince beobachtet werden. Das ist das Leben des Sohnes von Ava Paige.

Gerade ist es Abend, wenn nicht schon Nacht. Alles im Haus schläft schon, abgesehen von den Bodyguards, die für die Nacht zu ständig sind und unserer Dregdienerin Tasha. Obwohl es uns verboten ist, schleiche ich gerne nach unten in die Küche und unterhalte mich mit ihr. Sie ist eine viel bessere Zuhörerin als Mum, Dad oder Teresa. Chuck geht ja noch, aber er redet wie ein Wasserfall und ich brauche ja jemanden, der MIR zuhört und mir Ratschläge gibt, wenn ich ein Problem habe. Und bei Chuck geht es sowieso meistens nur um Essen.

Also stehe ich auf und schleiche aus meinem Zimmer die Treppen runter in die Küche. Dort ist Tasha gerade am Äpfel schneiden und lächelt mich an, als ich reinkomme. "Hallo Thomas, kannst du mal wieder nicht schlafen?" Ich schüttel den Kopf und setze mich auf den einzigen Stuhl im Raum. Mir geht wirklich etwas durch den Kopf, was mich nicht schlafen lässt. Es ist der Fakt, dass mein bester Freund Steven heute angeschossen wurde. Heute auf dem Hinweg zur Schule. So ein Dregkind hat es getan und dann sein Essen gestohlen. Aber eigentlich ist es nicht wirklich, dass mein Freund angeschossen wurde, sondern viel mehr die Frage, wie schlecht es in den Slums, dem Wohnort der Dregs, sein muss, dass ein Kind zu solchen Mitteln greift. Das kleine Mädchen ist höchstens neun Jahre gewesen.

Und dann gibt es noch die Sache mit dem Dreg Zirkus. Aber ich weiß, dass sie da nicht gut drauf zu sprechen ist. Ich habe ihr einmal erzählt, wie gerne ich mal in einen gehen würde, Mum es aber immer verbietet. Und sie hat mich aus der Küche gescheucht und drei Tage nicht mehr mit mir geredet.
Scheint also ein ernstes Thema für sie zu sein und ich will da auch nicht tiefer graben. Auch wenn viele es nicht so sehen, ist Tasha für mich mehr als nur Dreg. Sie ist eine Freundin, auch wenn es verboten ist.

"Also, was geht denn vor in deinem Kopf? Du bist sonst nicht so still.", fragt mich unsere Dienerin und gibt die Äpfelstückchen in eine Schüssel, um den nächsten zu zerhacken. "Ein Freund von mir wurde heute auf dem Weg zur Schule angeschossen. Nicht schlimm, aber er musste trotzdem ins Krankenhaus. Es..." Ich bin mir nicht sicher, ob ich es wirklich aussprechen sollte, tue es damm aber "war ein Dregkind. Ein Mädchen, vielleicht acht oder neun Jahre. Wurde bis jetzt noch nicht gefunden. Ich weiß, du redest nicht gerne darüber, aber ist es wirklich so schlimm?"

Tasha hört auf mit dem Kleinmachen der Äpfel und sieht vor sich auf die Arbeitsplatte. "Thomas", fängt sie mit trauriger Stimme an. "In den Slums ist das Leben nicht einfach. Einige Familien wissen nicht einmal, wie sie eine Mahlzeit alle drei Tage hinbekommen. Ich habe sehr viel Glück als Dienerin bei euch leben zu können mit der Erlaubnis jeden Monat, wenn ich meine Familie besuche, ihnen etwas zu essen mitbringen zu können, aber nicht jeder Dreg hat den Luxus." Plötzlich fängt sie an zu lächeln. Ich weiß, was das heißt: Sie denkt gerade an ihre Familie. "Mark, Sonya, Lizzy und ich haben großes Glück mit deiner Familie." Und jetzt fällt ihr Lächeln wieder. Es ist immer so. Als ich sie danach gefragt habe, meinte sie nur etwas von einem verlorenem Kind. Den Namen, Alter, Geschlecht oder was passiert ist, hat sie mir nie erzählt.

Wenn ich Tasha so von ihrer Familie reden höre, wie glücklich sie mit ihr ist und wie sehr sie sie vermisst, frage ich mich, ob Mutter auch schon von uns so glücklich und stolz erzählt hat. Sicher weiß jeder, dass Ava Paige drei Kinder mit den Namen Teresa, Thomas und Charles hat, aber sonst? Vielleicht erzählt sie ab und zu etwas über Teresa, wie schlau sie doch sei und wie sie später ihren Posten übernehmen würde, damit die Dregs endlich alle abgeschlachtet werden können. Aber Thomas? Der Sohn, der ständing schlechte Noten schreibt und es selbst schafft auf einer ebenen Straße hinzufallen? Oder Chuck? Das kleine fette Kind, das an nichts anderes außer Essen denkt?

"Manchmal wünsche ich mir, ich hätte eine Familie wie du, Tasha. Eine Familie, die sich über mich freut, eine, die zusammenarbeitet, um über die Runden zu kommen. Hier fühle ich mich häufig nur wie das fünfte Rad am Wagen." Unsere Dienerin lächelt sanft, fängt woeder an zu arbeiten und ohne große Überlegungen sagt sie "Wenn du so fühlst, sei das fünfte Rad am Forst Auto. Vielleicht wirst du nicht immer gebraucht, aber du bist da für den Notfall. Ohne dich wären die anderen aufgeschmissen." Und dann flog wieder der Ausdruck von Traurigkeit über ihr hübsches Gesicht. Sie nahm sich eine Banane und machte die auch klein. "Eins unserer Räder wurde uns vor langer Zeit genommen. Und inzischen kann auch unser fünftes nicht mehr lange. Fast alle vier Räder vollständig abgenutzt."

Ich schaue betrübt auf den Boden. Tasha hat so etwas nicht verdient. Sie ist eine liebevolle Frau mit einer tollen Familie, kein Monster, das um jeden Preis getötet gehört. Was leben wir in einer kranken Welt? Vor noch nicht mal 200 Jahren, war es doch noch anders. Es gab keinen Unterschied zwischen Dregs und Pures, nur die Liebe. Es war egal, ob du als Amerikanerin einen Griechen geheiratet hast oder als Kroate einen Albaner. Du hättest auch als Türke eine Mexikanerin heiraten können oder als Spanierin eine Britin. Es war egal.
Heute muss alles rein sein. Reine Nation, reine Sexualität, reines Denken. Als ob diese Denkweise in auch nur irgendeiner Richtung rein ist.

Aber das ist das Leben von heute. Krank, ungerecht, brutal und grausam. Während einige sich den Bauch vollschlagen mit dem aller zartestem Fleisch, müssen andere zusehen, wie sie übrhaupt auch nur irgendetwas auf den Tisch bekommen. Und während einige ihr Geld aus dem Fenster schmeißen können, arbeiten andere sich ihre Hände blutig für ein bisschen Geld, das unter aller Würde ist.

"Tasha?" "Ja, Thomas?" "Könntest du mir für morgen ein bisschen mehr Essen in den Rucksack packen? Nur für den Fall, dass das Kind wieder auftaucht. Wenn es auf mich schießt, würde Mum ein riesen Skandal machen, bis es hingerichtet wird. Es ist jetzt schon ein großes Drama." Tasha nickt und füllt die Banane in eine andere Schüssel. Dann kam eine Kiwi unters Messer. "Es ist schön zu sehen, dass du auch an unsere Klasse denkst, Thomas. Du bist nicht wie die meisten Pures. Und wenn du einem Dreg so helfen möchtest, packe ich natürlich noch etwas ein." "Danke, Tasha. Ich gehe dann mal ins Bett. Gute Nacht."

Müde stehe ich vom Stuhl auf und schiebe ihn zurück an seine Stelle, glücklich, dass Tasha mir wieder helfen konnte und etwas über das Dregleben erzählt hat. Leise schleiche ich durch das Haus zurück in mein Zimmer und lege mich auf mein viel zu großes Bett. Über den Zirkus etwas zu fragen, habe ich mich dann doch nicht getraut. Ich werde wohl einfach in der Schule weiter versuchen müssen etwas über den Zirkus zu erfahren. Denn das ist nicht nur irgendein Dreg Zirkus.

Es ist DER Dregzirkus, der die ganze Welt bereist und Dregs von überall hat. Sei es China, Taiwan, Russland, Spanien, Ägypten, Großbritannien oder die USA. Dieser Zirkus kam über all hin mit den talentiertesten Dregs, die die Welt je gesehen hat. Er besaß und besitzt die Dreg mit der höchsten Lebenserwartung eines Dregzirkus'. Die Katze, die vor ein paar Wochen in Mexiko Stadt gestorben ist und der Molch, der immer noch die Luft zum Tanz bittet. Wie lange sie schon dabei sind oder waren, weiß keiner so richtig. Niemand interessiert sich für die Dregs im Zirkus, nur für die spektakulären und gefährlichen Auftritte, die sie hinlegten und mit viel Glück vom Tod verschont werden.

Die Katze und der Molch sind nur so bekannt, weil es sie schon so lange gibt oder gab. Beide sind für ihr Talent auf dem Hochseil bekannt, aber der Molch noch für seinen ungeheuer langen Atem. Von dem, was ich bisher gelesen habe, hat er schon ein Hindernisparcours gemeistert, bei dem er für mehr als fünf Minuten Unterwasser war. Und der Artikel war sieben Monate alt.
Ich möchte unbedingt in diesen Zirkus, um ihn sehen zu können, den Molch. Denn der Zirkus war das letzte mal vor zehn Jahren hier gewesen. Durch das viele Reisen kommt er nur selten an einen Ort zweimal. Aber jetzt nach zehn Jahren, kommt er wieder nach Washington. Und das muss ich sehen.

Ich muss sehen, was die anderen Kids an den Dregzirkussen so fasziniert.

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