Kapitel 6 × Hass und Sorge ×

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Ich hatte noch nie jemanden gesehen der im Koma lag, zumindest nicht in echt. Aber es war genauso wie ich es mir immer vorgestellt hatte. Und selbst wo ich ihn nicht leiden konnte, machte es mir zu schaffen ihn so zu sehen. Wenn ich mir vorstelle jemand würde dort liegen, den ich liebe. Ich schluckte leicht bei diesem Gedanken. Ich glaub das würde ich nicht durchstehen. Ich blieb neben seinem Bett stehen und schaute ihn an. Er hat ein blaues Auge und seine Lippe war aufgeplatzt und geschwollen. Ich fragte mich, wer diese Typen waren die ihn so zusammen geschlagen hatten und vor allem was er ihnen getan hatte, doch mir wollte und wollte keine Erklärung einfallen. Ich schaute wieder zu Louis und entdeckte erst jetzt seine tiefen Augenringe. Es sah so aus als hätte er seit Tagen nicht mehr richtig geschlafen. Ich dachte wieder an Louis Pflegemutter. Ich konnte einfach nicht verstehen, wie es sie so kalt lassen konnte das Louis vielleicht sterben konnte. Natürlich er war nicht ihr richtiger Sohn, aber dennoch musste sie doch wenigstens etwas Interesse an seinem Leben haben. Wenn ich mir vorstelle, dass er vielleicht schon sein ganzes Leben bei dieser Frau lebt. Es musste schrecklich sein, wo zu leben, wo man nicht wirklich willkommen war. Wo es niemanden gab, der einen liebte und sich um einen sorgte. Wie musste es sich anfühlen wenn die eigene Mutter und wenn auch nur Pflegemutter keinerlei Interesse an einem hatte. Ich verstand ihn immer besser. Die einzige Möglichkeit nicht verletzt zu werden, ist es rein gar nichts an sich ran zu lassen und genau das tat er mit seinem Verhalten. Er verhinderte dass ihm irgendjemand zu nahe kam. Und vielleicht war das der wahre Grund, warum er sich so verhielt.

Etwas Flüssiges rollte über meine Wange und ich wischte die Träne überrascht weg. Ich hatte nicht bemerkt das ich angefangen hatte zu weinen und ich verstand nicht warum ich jetzt weinte. Louis war mir egal. Er könnte mir nicht egaler sein und doch stand ich jetzt hier an seinem Bett und weinte. Ich weinte, weil er mir leid tat und weil ich mir, unverständlicherweise, Sorgen um ihn machte. Warum verdammt hatte ich so viel Angst um einen Jungen der mich hasste.

„Was geht Schwuchtel?“ hörte ich Louis hämisch grinsende Stimme und funkelte ihn böse an. „Oh der Todesblick. Soll der mir Angst machen?“ Er lachte und am liebsten hätte ich ihm einfach ins Gesicht geschlagen, aber nochmal legte ich mich nicht mit ihm an. Ich lief einfach weiter. „Krieg ich keine Antwort auf meine Frage Schwuchtel?“ Ich hob drehte mich um und hob schlicht und einfach meinen Mittelfinger und sagte: „Da hast du deine Antwort.“ Sein Gesichtsausdruck wurde wütend, so als würde er mich gleich umbringen und ich musste ehrlich zugeben ich bekam leicht Angst. „Diese Antwort wirst du noch bereuen Schwuchtel.“ Ich verdrehte meine Augen, worauf er noch wütender dreinblickte, aber das war mir jetzt egal. Er war sowieso schon wütend, schlimmer konnte es eh nicht werden.

Louis machte mir das Leben zur Hölle. Nicht nur das er jedem erzählt hatte, dass ich schwul sei und das er mich bei jeder Gelegenheit Schwuchtel nannte, nein ich musste auch ständig Prügel einstecken. Natürlich war ich auch nicht schwach und konnte mich gegen ihn wären, aber dennoch steckte ich, wie ich zu meiner Enttäuschung zugeben musste, immer mehr ein als er. Ich schaute wieder zu ihm. Eigentlich sollte ich ihn hassen und einfach gehen, doch das tat ich nicht. Ganz im Gegenteil, ich traf eine Entscheidung mit der ich selbst nie gerechnet hätte.

Hoffe euch gefällt das Kapitel :)

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