27. Mr Holmes and Dr Watson of Bakerstreet, AU (Moving in together)

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Ein seltsamer Nebel hing seit einigen Tagen über London. Er betrübte Seele und Leib und schien einen bis auf die Knochen zu kriechen. Ich seufzte, wie ich da am Hafen stand und in diese undurchsichtige Brühe stierte, welche das weite Meer ohne große Mühen zu verschlucken schien. Stand es um meine Zukunft genauso? Bisher schien sie genauso trüb wie dieser Nebel, oder die Tiefen des Ozeans. Dort konnte alles lauern...und ich musste mir eingestehen, dass ich Angst hatte, Angst vor dem was vielleicht noch kommen mochte... Doch dann kam ein Schiff in Sicht, welches den Nebel wie einen Vorhang beiseite zu schieben schien und brachte meine Gedankengänge in eine andere Richtung. Ameisen gleich strömten die Menschen nach dem Anlegen aus dem Bauch des metallenen Kolosses. Aus irgendeinem Grund war ich fasziniert von diesem Schauspiel, wie die Leute Koffer an Land hievten, ihren Partnern oder Kindern hinaushalfen, redeten oder einfach stumm von dannen stampften. Wenn Menschen einander das erste Mal sahen, war ihnen ihr gegenüber meist verhüllt als stünde er im Nebel, doch...bei mir was das nicht so. Kaum etwas war mir verborgen wenn ich jemanden ansah, ob ich wollte oder nicht. Und das...war in gewisser Maßen mein Fluch. Ich sah...ALLLES. Gutes wie Schlechtes. Mit einem letzten Blick auf das Schiff wandte ich mich ab und schnipste meine Zigarette weg.  Jedoch...wollten meine Beine nicht reagieren...als würde mich irgendetwas festhalten. Ich blickte hinab auf den Boden, und begegnete einem Paar dunkler Augen... Ein kleiner Welpe hatte sich an meinem Hosenbein festgebissen und weigerte sich strikt, loszulassen. Irgendwie kam mir das schrecklich bekannt vor... "Pup, böser Hund! Es tut mir so leid!" Jemand löste das kleine Fellbündel vom Stoff meiner Hose und entschuldigte sich abermals. "Es tut mir wirklich leid! Ich hab ihn noch nicht so lange, und ich befürchte, er hört noch nicht auf mich!" Die Antwort auf diese Aussage blieb mir wortwörtlich im Hals stecken, als ich die Aufrichtigkeit der Augen sah, die mich nun musterten. Nebendies fiel mir beinahe sofort die ungleiche Tönung von Gesicht und Händen, welche den Bulldoggen umklammert hielten, im Vergleich zu den Handgelenken auf. Die militärische Haltung und die Einschränkung des Armes rundete das gesamte Bild ab. Verwundeter Soldat, Afghanistan. Mein Blick fiel auf den Koffer und die abgegriffene Arzttasche neben ihm. Verwundeter Militärarzt, gerade aus Afghanistan gekommen. "Schon gut, er hat mich ja nicht angefallen! Er wollte bestimmt nur spielen, mir is da schon schlimmeres passiert!" "Das sollte trotzdem nicht-" "Schon gut, er ist ja noch ein kleiner Welpe und im Vergleich zu dem Hund eines ehemaligen Mitstudenten, der mir das halbe Bein abgerissen hat, ist das doch nichts!" Seine Miene wechselte dauerhaft zwischen Belustigung und Sorge. "Ich erzähle ihnen gerne etwas darüber, wenn sie mir ein wenig über Afghanistan erzählen, faszinierendes Land, faszinierende Menschen!" "Natürlich, warum ni-" Verwirrung trat auf sein Gesicht, doch ich sprach einfach weiter. "Hier in der Nähe gibt es ein gutes Restaurant wenn sie noch nichts zu Mittag hatten, könnten wir uns gerne dort ein wenig unterhalten..." Wow... Nun wusste ich tatsächlich was mit den Augen lächeln hieß... "Sehr gerne! Mein Name ist übrigens John Watson!" "Sherlock Holmes. Sehr erfreut!", erwiderte ich, nun ebenfalls lächelnd und schnappte mir seinen Koffer, während er Pup in seinem Arm balancierte und die Arzttasche aufhob. 

Holmes war ein faszinierender Mann. Die Art wie er sprach und Dinge erfasste, die für einen Menschen wie mich wie verschlüsselt waren und dabei selbst zu einem wandelnden Mysterium wurde... Pup schlief unter unserem Tisch, während wir uns über alle möglichen Dinge unterhielten; Holmes tanzte um vielerlei Themen herum, ohne dabei wirklich viel über sich selbst preiszugeben, während er einiges über Afghanistan hören wollte. Als er endlich zufrieden war, fragte ich: "Woher wissen sie, dass ich gerade aus Afghanistan komme?" Er lächelte mysteriös. "Aber das ist doch ganz einfach, mein lieber Junge!" "Nun...für mich ist es das nicht..." "Sie würden mich weiß Gott nicht so außergewöhnlich finden wenn ich ihnen einmal meine kleinen Tricks verrate..." "Vertrauen sie mir, jemand wie sie wird für mich gewiss nie langweilig werden! Auf mich werden sie immer eine gewisse Faszination ausüben."  Seine bleichen Wangen erröteten bei diesen Worten und in diesen Worten erinnerte ich mich an ein verlegenes Mädchen, dem man gerade ein Kompliment gemacht hatte. "Also gut... Lassen sie es mich erklären. Sie kamen als eine der vielen Passagiere von einem Schiff getrudelt, sie kamen aus dem Ausland. Warum aus dem Ausland? Und woher genau? Ihre Haltung und Arzttasche, sowie ihre ungleiche Hauttönung haben mir das verraten." Ohne Vorwarnung griff er nach meinem Handgelenk und ich zuckte unwillkürlich zusammen, sah mich reflexartig um, ob uns irgendjemand sah... "Ihr Gesicht und ihre Hände sind haselnussbraun, aber sie waren nicht zum Sonnenbaden weg, denn unterhalb des Handgelenkes sind sie ebenso bleich wie ich! Ihre Haltung sagte Militär, die Arzttasche an ihrer Seite präzisierte diese Aussage: Militärarzt. Ihr Arm wirkt steif, so ungeschickt wie sie ihren Welpen vom Boden aufgehoben haben. Sie haben eine Verletzung davongetragen, aber wo könnte ein Militärarzt  in dieser Form verwundet werden? Die Antwort ist Afghanistan. Da haben sie ihre Antwort, mein lieber Watson! Diese Denkvorgänge geschehen in meinem Kopf manchmal unter einer Sekunde..." "Das...das ist unglaublich! Fantastisch!" Er wirkte milde überrascht über diese Worte und mit einem Stechen im Herzen realisierte ich, dass er solche freundlich gesinnten Worte vermutlich gar nicht gewohnt war. Den restlichen Lunch verbrachten wir damit, über Musik und Kunst zu reden, Dinge in denen Holmes eine gewisse Passion an den Tag legte. Er blieb seltsam verschlossen über seine eigene Person...dennoch hatte ich nach dem Essen nicht das Gefühl, mich von einem völlig Fremden zu verabschieden.  

JohnLock OTP challengeWhere stories live. Discover now