thirty three

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Mittlerweile hatte Felix alle Briefe einmal durchgelesen und verstand so langsam die Welt, welche sich um den Schwarzhaarigen abgespielt hatte. Seine Kindheit war nie sonderlich einfach gewesen und von Distanz umhüllt. Dinge, die für den Brünetten selbstverständlich waren, wie eine einfache Freundschaft zu führen oder seine Eltern nach Rat zu fragen, kannte Chan wiederum so gar nicht. Wenn er Probleme hatte, hatte er diese immer in sich behalten und gehofft, dass sie mit der Zeit einfach verschwinden würden, da sie ja auch einfach so aufgetaucht waren. Noch nicht einmal eine richtige Kindheit hatte er mit seinen Geschwistern verbringen können, wo man sich dreckig machte und Unsinn getrieben hatte. So schön auch der finanzielle Wohlstand, brachten er andere Probleme mit sich. Dinge, die für Normalsterbliche noch so absurd waren.

"Das tut mir alles so leid, dass ich dir nicht direkt zugehört habe."
"Ist schon okay. Ich hätte mir nicht einmal selbst die Chance gegeben mich zu erklären.", gab Chan ehrlich zu, musste kurzzeitig sogar grinsen. Zeitweise hatte er selbst aufgeben, dass er überhaupt noch im Ansatz etwas ändern konnte. Für ihn sah die Lage aussichtslos aus und dass er nun hier saß, mit Felix kuscheln konnte, schien für ihn ein wenig surreal zu sein. Das hatte er sich in dem Jahr ziemlich oft gewünscht, doch die Beiden waren in zwei verschiedenen Ländern, auf zwei verschiedenen Kontinenten und dass sie sich einfach so sehen konnten, war quasi unmöglich gewesen.

"Das mag ich am meisten.", versuchte Felix vom Thema abzulenken, denn er mochte diese gedrückte Stimmung so gar nicht. Allgemein gefiel es ihm nicht, dass Chan so negativ eingestellt war. Die Seite kannte er kaum und aus diesem Grund wusste er nicht, wie er sich verhalten sollte. Mit was er seine Stimmung wieder aufheitern konnte, um ihn helfen zu können. Kurzzeitig zweifelte er sogar daran, dass er Chan so gut kannte, wie er dachte. Doch Menschen veränderten sich über die Zeit und es konnte vorkommen, dass Facetten sich erst später zeigen würden. Das war normal und das versuchte sich der Australier in den Kopf zu rufen.

Mit trüben Augen las Chan seine eigenen Worte und musste kurz auflächeln, dann seufzte er und schaute gegen die kahle Wand. Gleichzeitig tat er das nicht, als würde er durch sie hindurchsehen. Schwer schluckte er, schüttelte seinen Kopf. Gerade hasste er das Gefühl, dass Felix jeden einzelnen Gedankenzug von ihm kannte. Wie schwer ihm die Zeit in Australien fiel, wie sehr er ihn vermisst hatte, obwohl er es von Anfang an so wollte. Er wollte dem Jüngeren sagen, was er durchgemacht hatte, wie er sich gefühlt hatte und dass Felix nicht der Einzige war, der eine schwere Zeit durchgestanden hatte. Und plötzlich hatte er zu große Angst, dass er auf einmal viel zu sehr verstanden werden würde. Dieses Gefühl konnte er nicht nachvollziehen, weil es ihm noch so fremd war, um zu wissen, wie es ist so richtig verstanden zu werden.

"Je näher ich dir kam, desto mehr habe ich mir in dir verloren. Du bist das Licht, welches mich vor der Dunkelheit beschützt und plötzlich warst du weg. Alles wurde schwarz."

"Es ist echt ein süßer Liebesbeweis und es klingt nicht so typisch, wie die, die man sonst immer so hört. Ich weiß, dass du das bist und es ist schön zu wissen, dass du das für mich geschrieben hast." Somit legte Felix seinen Kopf an Chans Brust und hörte dabei seinem Herzschlag zu, wie er langsam schneller wurde. Eigentlich sollte sich der Ältere über diese Worte freuen. Irgendetwas in ihm veranlasste jedoch, dass er anfing zu weinen. Es war das erste Mal, dass er das tat, sodass er sich sogar für seine Gefühle schämte und dadurch sein Gesicht versuchte zu verstecken. Felix sollte ihn einfach so nicht sehen.

Weinen tat er bisher immer nur allein, weil er nie jemanden hatte, bei dem er dies tun konnte. 

𝗦𝗸𝘆 ✧ CHANLIX Where stories live. Discover now