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An die Wand starren – das war es, was ich schon seit fast zwei Stunden tat. Immer wieder fing ich an zu zittern, wenn ich an den Vorfall von vorhin zurück dachte, doch noch mehr gruselte ich mich vor morgen. Eine andere Gang ausrauben, wirklich? Ich hätte mich von Tony zurückziehen sollen, als ich es noch konnte. Als Ryan mir angeboten hatte, mich dort raus zu holen. Doch nun würde er selbst aus seiner Gang aussteigen, und wäre somit nicht mehr im Stande, dies zu tun. Ich fragte mich wirklich, wie dumm ich eigentlich sein konnte. Die Idee, Ryan eifersüchtig zu machen war immer noch verlockend, doch mit Tony? Das war fast wie ein Freitod. Irgendwann beschloss ich baden zu gehen, da mich die Wand allmählich verrückt machte. Langsam humpelte ich gekrümmt ins Badezimmer, da es mir bis jetzt noch nicht möglich war, gerade zu stehen. Hinter mir schloss ich die Tür ab, bevor ich mir mit quälenden Schmerzen die Klamotten bis auf die Unterwäsche auszog. Dann stellte ich mich vor den Spiegel, und betrachtete erschrocken meinen Körper. Von der Unterseite meines Brustkorbs, bis über den Bauchnabel war fast alles blau und lila gefärbt. Kein Wunder, dass das so weh tat. Mein rechtes Knie war aufgeschürft und Blut verklebt, doch als ich in mein Gesicht sah, war mir das völlig egal. Entsetzt schlug ich mir eine Hand vor den Mund und schüttelte leicht den Kopf. Ein blaues Auge, und oben an der Stirn ein großer Kratzer. Daher kam wohl das Blut an meinem Finger vorhin. Ich könnte glatt als Harry Potter durchgehen. Das einzige, was mir derzeit noch an meinem Körper gefiel, waren meine Haare. Ansonsten sah mein Körper so aus, als hätte ihn jemand mit einem Boxsack verwechselt. Und morgen sollte ich wirklich wieder zurück zu Tony gehen? Zu dem, der mir das hier angetan hatte? Ich könnte mich Ryan anvertrauen, doch ich wollte es nicht. Mein Plan war es, ihn zappeln zu lassen, und das würde ich auch tun. Um mein Spiegelbild nicht weiterhin sehen zu müssen, zog ich mir nun auch die Unterwäsche aus und stieg in die Badewanne, die ich bereits mit lauwarmen Wasser gefüllt hatte. Ein bisschen Musik, und schon konnte ich endlich für einen Moment alles vergessen, auch wenn mein Körper immer noch schmerzte. Viel lieber würde ich wieder in der Vergangenheit sein, wo Liz noch hier war und ich ein fast sorgenloses, verrücktes Mädchen war. Vielleicht sollte ich Liz mal für ein Wochenende wieder hier her holen. Mit ihr vergesse ich das alles hier immer ganz schnell wieder, und werde wieder so, wie ich eigentlich bin. Dumm, verrückt und ein bisschen – ziemlich – kindisch. Später werde ich sie direkt einmal anschreiben, vielleicht hatte sie ja wirklich Zeit. Mittlerweile hatte ich meine Augen geschlossen, und wäre fast eingeschlafen, als mich plötzlich Mom so laut rief, als würde sie durch ein Mikrofon reden, und ich zusammenzuckte, sodass eine Welle aus der Wanne schwappte. Genervt stöhnte ich und betrachtete die Pfütze auf dem Boden.

„Beca?“ Rief sie erneut, und ich stellte die Musik aus.

„Was ist denn, Mom?!“ Schrie ich zurück und erhob mich langsam aus dem Wasser.

„Kommst du bitte mal nach unten? Jetzt.“ Antwortete sie und ich verdrehte die Augen. Okay, Entspannungsmoment zerstört. Schnell wickelte ich mir ein Handtuch um meinen Körper, und tapste dann mit nackten Füßen die Treppe hinunter, wo schon Mom auf mich wartete. Doch sie war zu meinem Pech nicht alleine. Erschrocken starrte ich die Person an, und bekam kein Ton heraus.

Victims of Love **Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt