10: Geburtstag.

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"Happy Birthday to you. Happy Birthday to you. Happy Birthday lieber Timo.  Happy Birthday to you." Singen meine Eltern zusammen und lächeln meinen Bruder an. Ich stehe hinter ihnen und tu so als würde ich mitsingen. Ich hasse singen.

Timo steht vor uns und hat auch keine Ahnung was er machen soll. Er lächelt schief und setzt sich dann an den Tisch um seinen Kuchen auszupusten.

Wir sind zwar definitiv zu alt für sowas aber unsere Eltern bestehen drauf, die Tradition des Ich-puste-die-Kerzen-aus-und-wünsche-mir-etwas weiterzuführen.

Danach packt er seine Geschenke aus welche, wie jedes Jahr, nicht besonders sind. Ein neuer Fußball, unsere Nachbarn haben den alten behalten, neue Fußballschuhe da die alten zu klein sind, einen Laptop und von mir eine Packung Haargummis, da er seine Haare zurzeit bis zum Mond wachsen lässt.

Er grinst. "Danke die gefallen mir am besten!" Sagt er während er sich eine Palme auf dem Kopf macht. Meine Eltern lachen und wuscheln ihm über den Kopf. Timo hasst das.

Wir setzen uns alle nachdem Mama ein Messer aus der Küche geholt hat um den Kuchen aufzuschneiden. Vielleicht hätte sie lieber die Axt aus dem Garten geholt denn der Kuchen ist Steinhart.

"Hast du gebacken Mum?" Fragt Timo, welcher sich angewöhnt hat unsere Eltern, Mum und Dad zu nennen. Meiner Meinung ja kompletter Schwachsinn.

"Nein." Wir schauen Papa an. "Hey, ich bin auch nicht immer perfekt!" Verteidigt er sich mit erhobenen Händen. "Außerdem kommt meine Mutter ja nachher und die hat bestimmt Kuchen dabei."

Timo nickt. Nonna hat wirklich immer Kuchen dabei. "Dann bekommt Louisa wieder mehr Geschenke als ich, obwohl ich der jenige bin der Geburtstag hat." Murmelt er und schaut mich maulig an.

"Da kann ich doch nichts dafür! Ich würde mir auch wünschen nicht so viel Zeug zu bekommen!" Motze ich zurück. "Du kannst das Zeug ja haben wenn es dir so wichtig ist." Füge ich noch hinzu und starre auf meinen leeren Teller.

"Timo! Louisa kann nichts dafür! Und Louisa du musst ihn nicht gleich anmeckern, ja?" Versucht Mama und zu beruhigen aber ich verdrehe nur die Augen. Und ohne hinzusehen weiß ich, dass Timo das gleiche getan hat.

Nachdem jeder ein Stück Kuchen gegessen hat, mit viel Sahne war es in Ordung, gehen wir in unsere Zimmer und ziehen uns um. Vor zwei Wochen noch wäre ich in meiner Jogginghose geblieben aber da ich jetzt weiß, dass man nie weiß wer zu Besuch kommt ziehe ich mir etwas frisches an.

Mit Einer Mom Jeans, Einem weißen Top und Unterwäsche in der Hand gehe ich ins Bad und sperre ab. Schnell ziehe ich meinen Schlafanzug aus und steige in die Dusche.

Lächelnd lasse ich das heiße Wasser auf meinen Kopf prasseln. Lange stehe ich, mit den Kopf nach unten, da und genieße die Wärme.

Die Wärme, welche sich in einer Stunde in eisige Kälte verwandeln wird, wenn meine Nonna und meine Tante wieder anfangen über meinen Tod zu sprechen.

Wie sie überlegen welche Operationen, von denen die sie im Internet gelesen haben, mich am Leben halten könnten. Wie Sie darüber reden wie es wohl sein wird wenn ich tot bin.

Und das alles während ich mit ihnen am Tisch sitze und Kuchen essen möchte.

Ich habe mich nie getraut was zu sagen. Ich bin zu schüchtern gegenüber meiner Familie um ihnen zu sagen, dass sie über mich doch bitte woanders reden sollen.

Als ich spüre, dass mir jetzt schon kalt wird, drehe ich das Wasser noch wärmer und fange an mir die Haare und den Körper zu waschen. Ich fange an über die guten Dinge in meinem Leben nachzudenken.

Die Guten Dinge. Ja, was sind überhaupt die Guten Dinge in meinem Leben?

Jakob, natürlich. Jakob ist eigentlich das beste in meinem Leben, auch wenn er erst seit kurzem ein Teil davon ist. Aber auch Timo ist wichtig.

Wir streiten uns zwar oft, jedoch ist es meistens nicht ernst gemeint. Wir haben ein ziemlich gutes Verhältnis, was wahrscheinlich daran liegt, dass unser Altersunterschied nur etwa zweieinhalb Jahre beträgt.

Früher, als ich noch rennen konnte, haben wir immer zusammen Fußball oder Verstecken im Garten gespielt. Als ich so oft krank war kam er fast jeden Tag ins Krankenhaus und las mir vor. Oder wir haben Karten gespielt. 

Jetzt hab ich Jakob und Timo. Gibt es wirklich nicht mehr gute Sachen?

Ich seufze. Dann steige ich aus der Dusche und mache aus meinem Handtuch einen Provisorischen Turban für meine Haare.

Schnell trockne ich mich ab und ziehe das weiße Top und die Jeans an. Ich föhne meine Haare, bevor ich aus dem Bad gehe und meinen Eltern helfe den Tisch zu decken.

Ich hätte Jakob gerne eingeladen aber Timo wollte ein Familienfest.

Besagter kommt grade die Treppe runter und gesellt sich zu uns an die Küchentheke, wo er sich noch ein Stück Kuchen reinschaufelt.

Wir hören das scheppern des alten VW Golfs unserer Nonna und das quietschen der Bremsen des Audi A4's von Papas Schwester, in dem auch unsere drei Cousinen sitzen.

"Ich wette sie haben wieder ihre rosanen Kleider mit den Rüschen an den Schultern an." Grinst Timo. "Und ihre Pinken Lack Ballerinas mit den noch Pinkeren Schleifen vorne drauf." Fügt er noch hinzu weswegen er sich einen bösen Blick von Papa einfängt.

"20 Euro wenn du nett zu ihnen bist!" Meint er dann. "50!" Lautet das Gegenangebot meines Bruders. "25." "40!" "30?" "40!" "35." "38!" "37! Mehr bekommst du nicht!" Setzt Papa einen Schlussstrich, welchen Timo gekonnt überfährt. "37,50." Grinst er und bringt Papa zum schreien.

"Also gut. Du bekommst 37 Euro und 50 Cent damit du nett zu deiner Familie bist!"

"Zu meinen Cousinen." "Jetzt werd nicht frech!"

Timo lacht rau und geht dann zur Tür, da es geklingelt hat.

Ich finde es ja irgendwie unfair, dass Timo Geld bekommt, nur weil er sich nicht benehmen kann. Und dann auch noch fast 40 Euro! Aber was will man machen, er hat Geburtstag.

Mama richtet noch schnell die Blumen, die sie in Vasen auf den Tisch gestellt hat, und folgt ihrem Sohn zur Tür.

Mein Vater rennt schnell hinterher und da ich ja irgendwie auch dazu gehöre stelle ich mich neben meinen Vater, hinter meine Mutter.

𝐴𝑢𝑓 𝑀𝑖𝑐ℎ 𝑊𝑎𝑟𝑡𝑒𝑛 𝐷𝑖𝑒 𝑆𝑡𝑒𝑟𝑛𝑒 ✔︎Where stories live. Discover now