X. Kapitel - Wenn die Stimmen nicht verstummen

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,,Wenn die Zeit kommt, wird selbst Ben Solo dir den Rücken kehren und dich im Stich lassen!"

Als sie den Blick hob, sah sie an Bens Gesichtsausdruck, dass er ihren Gedanken gehört hatte. Enttäuscht darüber, dass Rey an seiner Loyalität ihr gegenüber zweifelte, drehte er sich um und verließ schnellen Schrittes das Quartier. Sein Verstand sagte ihm, dass Sidious es darauf anlegte, Rey zu verunsichern und Zweifel in ihr zu säen, dennoch musste er nachdenken. Ben kam nicht auf den Gedanken, dass Rey aus seiner Reaktion falsche Schlüsse ziehen könnte. Sie konnte sich nicht gegen den Gedanken erwehren, dass Bens Reaktion Palpatines Voraussage bestätigte.
Und so machte sie den nächsten folgenschweren Fehler.

,,Du warst zu streng mit ihr!"
Ben drehte sich um und erblickte den Machtgeist seiner Mutter. ,,Rey hatte nur Angst", sprach sie weiter.
,,Das ist meiner Meinung nach immer noch kein Grund, mir nicht zu sagen, dass sie von Palpatines Geist manipuliert wird", unterbrach er seine Mutter unwirsch.
,,Du wurdest ebenfalls von einer Marionette des Imperators manipuliert", entgegnete sie, ,,Hast aber keinem etwas von den Stimmen gesagt, aus Angst, dass diese Recht haben. Darth Sidious nutzt Reys Schwachstellen aus. Ihre Angst vor sich selbst, die Angst, verlassen zu werden und die Angst, dich zu verlieren."
„Aber wie soll ich Rey von Palpatines Einfluss befreien?", fragte Ben seine Mutter, in der Hoffnung, endlich Antworten zu bekommen.
„Ihr nach Exegol müsst. Dort Antworten ihr finden werdet."
Neben Leias Geist hatte der von Yoda Gestalt angenommen.
„Und wie sollen wir nach Exegol kommen?", fragte Ben den Machtgeist genervt.
„Einen Wegfinder ihr habt. Nutzt ihn!"
Erst jetzt fiel Ben wieder ein, dass Rey den Wegfinder mitgenommen hatte, und er sich wahrscheinlich in ihrem Quartier befand. ,,Wieso habe ich die Dunkelheit in ihr nicht gespürt?", fragte Ben, ohne eine Antwort zu erwarten.
,,Sidious eure Verbindung gedämpft hat. Du keine Chance hattest, etwas von Palpatines Geist zu erspüren, oder zu merken, dass die junge Rey leidet."
„Ihr werdet das schaffen, Ben. Gemeinsam." Leia sah ihren Sohn liebevoll an, bevor sich die beiden Machtgeister vor seinen Augen in Luft auflösten.

Rey griff nach ihrem Schwert, nahm Anakins und Leias Lichtschwert von dem Regal im Aufenthaltsraum, in dem sich zum Glück im Moment niemand befand, packte die drei Schwerter und mehrere Rationen Proviant in ihre Tasche und schlich sich zu den Rettungskapseln. Sie öffnete eine, kletterte hinein und schloss die Kapsel. Rey betätigte den Schalter für die Abkopplung und schoss hinaus. Der Falke befand sich noch immer in der Atmosphäre von Tatooine, weswegen es nicht lange dauerte, bis die Kapsel sanft auf dem heißen Wüstenboden aufsetzte. Rey öffnete die Luke und kletterte heraus. Sie schaute gen Himmel und sah gerade noch, wie der Falke die Atmosphäre verließ und in den Hyperraum sprang. Jetzt war sie wirklich allein und auf sich gestellt. Rey ließ ihren Blick über das Sandmeer schweifen. Nichts als endlose Wüste, aber das war sie ja gewohnt. Sie hängte sich die Tasche über ihre Schulter und ging los. Die Stimme ihres Großvaters wies ihr den Weg, doch wo er sie hinführte, wusste sie nicht. Mehrere Stunden lief sie durch die Wüste, keinen Gedanken daran verschwendend, dass es auch mal sinnvoll wäre, eine Pause zu machen, auch wenn sie mittlerweile immer schwächer wurde. Sidious trieb sie immer weiter. Irgendwann knickten ihre Beine unter ihr weg und sie brach vor Erschöpfung zusammen.

Nachdem Ben mit den Geistern geredet hatte, spürte er, wie sie in den Hyperraum sprangen. Er ging ins Cockpit. „Welches Ziel?", fragte er nur, während er zu Lando blickte. „Bespin. Wir brauchen Treibstoff", antwortete Calrissian ihm.
Ben verließ das Cockpit wieder, um sich auf die Suche nach Rey zu machen. Als er sie in ihrem Quartier nicht fand, wollte er gerade zum Aufenthaltsraum gehen, als Rose ihm über den Weg lief. „Hast du Rey gesehen?", fragte er sie.
„Nein, aber eine der Rettungskapseln fehlt", antwortete sie ihm. Bens Augen weiteten sich vor Entsetzen und er rannte zurück ins Cockpit. „Wir müssen umkehren, Rey ist weg."
„Wir können jetzt nicht zurück, Junge", antwortete Lando ihm, obwohl er es nach der soeben gehörten Nachricht gerne tun würde. „Bitte, Lando. Sie muss auf Tatooine sein", flehte Ben schon beinahe.
„Wir haben zu wenig Treibstoff. Außerdem können wir nicht den gesamten Planeten absuchen", hielt Lando dagegen. Chewie legte dem Solo tröstend eine Hand auf die Schulter. Ben wusste, dass Calrissian Recht hatte, weswegen er sich missmutig geschlagen gab. Er wusste am besten, dass Rey auf sich selbst aufpassen konnte, aber in Anbetracht dessen, dass der Geist ihres Großvaters in ihrem Kopf war, konnte so gut wie alles mögliche passiert sein. Er konnte nicht mit Sicherheit sagen, ob Rey dieses Schiff freiwillig verlassen hatte, dennoch hoffte er, dass es ihr gut ging, wo auch immer sie sich auf diesem Wüstenplanten befand.

Nach mehreren Tagen endloser Wanderung kam Rey an eine verlassene Feuchtfarm. Während sie gewandert war, hatte sie sich darüber gewundert, dass Sidious ihr nach ihrem Erwachen keine weiteren psychischen Schmerzen zugefügt hatte, war über diesen Umstand aber auch sehr froh.
Sie ging auf die Farm zu und nahm sich eine alte Metallplatte, die halb vom Sand verdeckt war, setzte sich darauf und rutschte die kleine Anhöhe hinunter, die zu den Eingängen der kleinen Gebäude führte. ,,Wie schön, dass du den Weg zu meinem ehemaligen Zuhause gefunden hast." Rey sprang auf und wirbelte herum. ,,Meister Skywalker", rief sie aus, als sie den Geist von Luke erblickte. ,,Ich hoffe wirklich, dass du dir den Konsequenzen deines Handelns bewusst bist, Rey", sprach er noch, bevor er wieder verschwand.
Einige Zeit später saß Rey an einem Lagerfeuer, das sie in der Nähe der Lars-Farm entfacht hatte und aß eine Ration des Essens, welches erschreckende Ähnlichkeiten mit dem Essen hatte, welches sie auf Jakku zu sich genommen hatte. Als die Dunkelheit einsetzte und sich wie eine finsterer Schatten über die Wüstenlandschaft legte, wickelte sie sich in ihren Mantel ein und war kurze Zeit später eingeschlafen.

Am nächsten Tag holte Rey aus ihrer Tasche ein rotes Tuch und die Skywalker-Lichtschwerter. Sie kniete sich in den Sand, wickelte die Schwerter in das Tuch und vergrub es mit Hilfe der Macht im Untergrund. Sie erhob sich wieder und löste ihr eigenes Schwert von ihrem Gürtel und aktivierte es. Aus beiden Enden des Griffes schossen die Klingen hervor.
,,Hier war so lange keiner mehr!"
Rey wandte ihren Kopf und erblickte eine alte Frau, die ein Lasttier mit sich führte.
,,Wie heißt du?", fragte sie.
,,Rey."
,,Und wie weiter?"
,,Palpatine. Mein Name ist Rey Palpatine!"

Die alte Frau ging weiter. Als sie außer Hörweite der Farm war, blieb sie stehen und aktivierte einen Komlink. ,,Melden Sie General Hux, dass ich die Schrottsammlerin gefunden habe!"

Nachdem die alte Frau weiter gegangen war, sah Rey zu ihrem Lichtschwert in ihrer Hand. Lange stand sie so da. Die Stimme Palpatines erinnerte sie daran, was sie vor einigen Tagen fast getan hätte. Und wieder kam sie in Versuchung, ihr Leben zu beenden. Sidious würde nie aufhören, sie zu quälen, das wusste sie. Nur eine kleine Bewegung und sie könnte die lähmende Angst und die Verzweiflung, die Sidious' Stimme jedes Mal in ihr auslöste, hinter sich lassen. Ihr Daumen ruhte abermals auf dem Rädchen, wie in ihrem Quartier, bevor Ben sie an einem Suizid gehindert hatte.
Ben!
Und plötzlich war sie sich gar nicht mehr so sicher, ob sie sich wirklich töten sollte. Je länger sie darüber nach dachte, desto mehr wurde ihr bewusst, dass sie ihm das nicht antun konnte. Gerade als sie ihr Schwert fallen lassen wollte, spürte sie einen Schlag auf dem Hinterkopf und einen stechenden Schmerz, der eine Sekunde später einsetzte. Durch den plötzlichen Ruck, der wegen des Schlags durch ihren Körper gefahren war, war ihr Daumen nach links gerutscht und ihr Schwert hatte ihren Leib durchbohrt. Rey keuchte auf. Der Schmerz, der durch ihre Nervenbahnen fuhr, war beinahe unerträglich. Sie blickte an sich hinunter, auf die Klinge, die in ihrem Bauch steckte.

Dann umfing sie Dunkelheit...

Geister der Vergangenheit Where stories live. Discover now