5: Dienstag, 22:00 Uhr

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„Das sieht gut aus", um die acht Minuten später deutete Valeria auf eine entfernte Einfahrt zu einer Raststätte . Ein Schild wies auf einen Imbiss, eine Toilette und eine Tankstelle hin.

Von hier aus schien der Parkplatz ziemlich groß, vollgeparkt mit ein paar wenigen Autos und vielen LKWs. 

„Okay", ich fädelte aufgeregt ein und bog ab. Sofort wurde ich langsamer. „Wir müssen uns irgendwas am Rand aussuchen. Und wir brauchen ein Nummernschild von einem Wagen, bei dem das zuerst mal nicht auffällt und bei dem keine Menschen in der Nähe sind. Und es muss älter sein, sodass man das Kennzeichen noch abmachen kann", ich sah mich suchend um. Keiner war auf dem Parkplatz. Nur entfernt stieg gerade ein Mann aus einem langen, breiten, roten, älteren Jeep. Er schien müde. Gähnend schlug er die Tür zu. 

Das Auto stand weit entfernt von allen Lichtern und dem Shop. Außerdem war sonst kein Mensch hier und er verließ gerade erst sein Auto. 

„Habt ihr im Handschuhfach irgendwas zum Abschrauben?"

Valeria reagierte sofort und öffnete es. Sie zog eine kleine, rote Tasche heraus mit einem weißen Kreuz darauf. Diese öffnete sie, kramte ein wenig und zog dann einen einzelnen Schraubenzieher heraus. Er war winzig und bestimmt nicht für Autokennzeichen gedacht. 
Ich zuckte mit den Schultern. „Besser als nichts"

Mit Valerias Hilfe parkte ich ein.
"Wo als erstes?"

Fragte Valeria, während sie ihren Kopf tiefer in die Tasche hineinsteckte. „Ich meine, wir müssen 16 Schrauben in weniger als fünfzehn Minuten wechseln, falls er sich Zeit lässt. Wenn der wieder rauskommt, bevor wir fertig sind..."

„Wir machen vorne bei ihm als erstes. Das ist das Schwerste. Dann bekommt er unseres als erstes wieder dran. Dann machen wir seines dran. Hinten bei ihm als erstes ab und wieder dran"

Valeria hatte mir zugehört, zuckte allerdings nur mit den Schultern. „Du denkst logischer, ich mache, was du mir sagst"

„Kannst du gut Schrauben abdrehen?"

„Mein Vater macht das immer mit mir. Er zwingt mich dazu"

„Hast du die Ruhe mit Kleineren?"

Sie zuckte mit den Schultern. „Wenn du Wache hältst"

Auf dem gesamten Parkplatz war absolut keine Seele zu sehen. Nur weiter entfernt im Shop. Durch die dreckigen Fenster konnte ich den Mann erkennen. Er redete mir der Frau hinter der Kasse, sie drehte sich zur Kaffeemaschine. 
Das war anzunehmen gewesen. 

Mit dem Schraubenzieher in der Hand schlich Valeria vorne um das Auto herum. Ich trat zur Seite, ging hinter ihr her über den Bürgersteig und stellte mich dann vor sie mit Blick zum Shop. 

Hinter mir hörte ich sie sich stöhnend nach vorne lehnen und dann ertönte ein kratzendes Geräusch.

Wir brauchten viel zu lange für das erste Schild. Über sechzig Sekunden schraubte sie daran herum – was ziemlich gut war, da sie sozusagen für jede Schraube um die fünfzehn Sekunden brauchte. Trotzdem war das zu langsam.
Irgendwann hörte ich sie grummelnd aufstehen, gerade als der Mann der Kassiererin das Geld zuschob. Sie nickte lächelnd.
Der Kaffee war noch nicht fertig.
„Mach!", zischte ich.
Sie grummelte weiter, sagte allerdings nichts. Diesmal ging es schneller. Innerhalb von vierzig Sekunden hatte sie unseres entfernt und kletterte zurück zu dem Jeep.
„Okay, wir lassen unseres ab, okay?", hauchte ich zu ihr, „Das können wir später immer noch machen!"
„Ist in Ordnung", sie klang hohl, ihr Kopf hing unter dem Kennzeichen.
In jedem anderen Moment wäre das lustig gewesen, doch ich stand einfach nur unter Stress.
Hektisch sah ich zu beiden Seiten.
Ein neues Auto kam in genau diesem Moment von der Autobahn herunter auf den Parkplatz der Raststätte gefahren.
„Mach!", sagte ich eilig, sie knallte mit dem Kopf gegen das Auto. Ich wandte mich zu ihr. Das Kennzeichen hielt.
„Das könnte man auch als Test abtun", meinte sie sarkastisch, reichte mir das andere Kennzeichen und joggte zum hinteren Teil des roten Wagens.
Ich schob mir das Kennzeichen unter den Pulli.
„Es ist ein neues Auto hier. Das fährt vorne an uns vorbei, bleib hinter dem Wagen", ich trat zur Seite hinter unser Auto und tat, als würde ich am Kofferraum herumhantieren.
In dem Wagen, der Meter entfernt von uns schleppend einen Parkplatz suchte, saßen eine Frau und ein Mann und hinten auf der Rückbank ein kleines Mädchen und ein noch kleinerer Junge. Letzterer zappelte herum und schien zu schreien. Die Eltern wirkten müde.
Das Mädchen wandte sich zu mir. Sie hatte ihre dunklen Haare zu zwei Zöpfen gebunden, die von ihrem Kopf ab standen. Sie musterte mich neugierig, ich hob meine Hand und hielt mir den Finger vor den Mund.
Sie grinste.
Glück gehabt.
Ich grinste zurück.
Das wärs noch, wenn ein kleines Mädchen uns auf ihre Eltern aufmerksam machte.
„Habs", kam es von Valeria, „Jetzt unseres ab?"
„Ja", das Auto verschwand hinter den Bäumen und ich wandte mich zum Shop, „Oh scheiße, mach!"
Die Frau hielt einen Papierbecher unter die nun funktionierende Kaffeemaschine. Da der Mann schon bezahlt hatte, würde das alles nicht allzu lange dauern.
„Ich mach doch schon so schnell ich kann. Wenn nicht, musst du ihn ablenken"
Wie sollte ich das denn machen?
„Stürzen", kam es in dem Moment von ihr als könnte sie meine Gedanken lesen, „Ah, habs"
Sie nahm das Kennzeichen des Jeeps ab, reichte es mir. Ich schob es erneut unter mein Shirt.
Unsere Hinteres schraubte sie am schnellsten von allen ab.
„Jetzt das dran?", sie hielt unseres fragend hoch.
„Ja"
Sie tapste zurück zu dem Jeep und schraubte erneut los, während ich am Überlegen war, was besser wäre. Wenn wir zuerst hinten oder vorne das Kennzeichen wieder dran machen würden.
Der Kaffee floss gemächlich in den Becher.
„Du schaffst das, aber was ist mit unserem Wagen?"
„Wie?", noch eine Schraube bei dem roten Auto und das Kennzeichen saß fest.
„Wir müssen es bei uns auch dranmachen. Wenn er sieht, dass unseres fehlt, wird er instinktiv bei sich selbst nachsehen. Und dann wird er es merken"
„Stimmt", die letzte Schraube saß, „Gib mir das Kennzeichen für vorne", ich reichte es ihr ohne Fragen zu stellen. Hier stand kein einziger Busch, kein Baum, nichts. Vorne war am wichtigsten.
„Mach zwei fest, den Rest machen wir später! Es muss nur zur Ansicht halten"
Dann war sie nach vorne verschwunden und ich ging ihr hinterher. Kurz sah ich mich nach dem anderen Auto um.
Die Familie war entfernt ausgestiegen. Die Mutter kämpfte noch mit ihrem Sohn, doch die Tochter war schon längst ausgestiegen.
Die würden bald hier sein.
Ich stellte mich eilig vor Valeria und lehnte mich nach vorne, um um die Ecke zu spähen. Noch konnten sie uns nicht sehen. Ein Blick zum Shop bestätigte mir, dass auch der Mann noch andere Interessen als Kaffee in diesem Laden gefunden hatte.
Glücklicherweise.
Auch wenn mir die Kassiererin ein wenig leid tat.
„Wie weit bist du?"
„Ich schraube alles fest. Wenn es abfällt, haben wir auch ein Problem"
„Nein, Valeria, ich -"
„Nah!", sie unterbrach mich und drehte an der letzten Schraube.
Das Mädchen kam um die Ecke.
„Scheiße, die Familie kommt"
„Welche Familie?"
Sie stand neben mir. Ein kurzer Blick zu dem Auto bestätigte mir das fest hängende Kennzeichen.
Eilig zog ich sie hinter den hohen Jeep und trat langsam zurück. Man hörte den Kleinen schon von weitem schreien.
„Geh und mach das fest", ich zog das letzte Kennzeichen heraus und reichte es ihr. Sie nickte und verschwand hinter dem Auto.
Ich stellte mich hinter den Jeep und ging in die Hocke.
Das Mädchen tapste vorbei, der Mann mit seinen großen Füßen auch.
Dann kam die Mutter, das Kind schrie.
Doch niemand wurde auf uns aufmerksam.
Ich beugte mich noch weiter vor. Die Füße der Mutter verschwanden. Vorsichtig richtete ich mich auf und linste in den Shop. Der Mann war verschwunden.
„Scheiße", fluchend stellte ich mich auf die Zehenspitzen. Die letzten Zentimeter genügten, ich entdeckte die dünnen, blonden, flattrigen Haare zwischen zwei Autos. Drei Autos entfernt.
Ein Blick zu Valeria. Zwei Schrauben fehlten.
Warum musste sie die vorne auch noch fest machen?
„Er kommt", murmelte ich warnend, „Noch zwei Autos"
„Von vorne?"
„Ja"
„Okay", eine Schraube übrig.
Ein Auto.
Ich schlich zu ihr hinüber und drückte mich an das Auto. Linste ich durch die Scheibe des Autos neben uns. Als erstes hörte ich seine Schritte. Er ging laut und unbeschwert.
Die letzte Schraube saß, ich packte Valerias Arm, sie nickte und nahm den Schraubenzieher hoch, bevor ich sie zu unserer rechten Hintertür zog. Die Schritte des Mannes hielten bei seiner Beifahrertür inne. So oder so würde er noch einmal drumherum laufen.
Nicht gut.
Valeria reckte den Kopf und beobachtete den Mann durch die Scheibe unserer Hintertür. Ich sah sie warnend an, sie zog den Kopf zurück und die Schultern hoch. Der Mann stand immer noch dort.
Und dann ertönte ein lautes Geräusch aus seiner Richtung. Ein Röcheln und dann verstummte er.
Sofort hob ich meine Hand an Valerias Mund.
Das instinktive Gesundheit sagen verklang.
Doch ein kleines Geräusch kam trotzdem zustande: Sie erschrak sich vor meiner Hand und ließ den Schraubenzieher fallen. Klingenden traf er auf die Erde.
Die Füße des Mannes schabten über den Boden in unsere Richtung.
Valeria sah mich mit großen Augen an, ich drückte sie herunter. Sie schien glücklicherweise zu verstehen, ich schnappte mit den Schraubenzieher, kroch ihr hinterher unter unser Auto.
Wir lagen nebeneinander wie Sardinen.
Ich reckte meinen Kopf leicht, Valeria tat es mir nach, doch diesmal achtete sie darauf, keine Geräusche zu verursachen, wie sich den Kopf zu stoßen.
Der Mann hatte das Klirren gehört und trat um das Auto herum. An dem Kennzeichen vorbei zu der Stelle an der wir vor weniger als drei Sekunden noch gehockt hatten.
„Hmpf", kam es dann von ihm, er wandte sich ab, lief zu seinem Auto und stieg ein.
Kurze Zeit später sprang der Motor an.
Valeria und ich bewegten uns kein Stück. Nicht bis das Auto aus der Parklücke heraus und die Auffahrt zur Autobahn hinunter war. Bis wir es nicht mehr sehen oder hören konnten.
Ich drehte meinen Kopf nach oben und zur Seite.
Keiner da, auch die Familie war noch nicht zurückgekommen.
„Ich muss aufs Klo", kam es in dem Moment von Valeria.
„Ist das dein Ernst?"
Sie nickte und rollte sich unter dem Auto her. Ich tat es ihr nach in die andere Richtung.
In dem Moment fiel die Tür des Shops zu.
Ich sah wie Valeria sich zeitgleich mit mir herunterbeugte auf Höhe der Autositze.
Jetzt konnte ich sie nicht mehr sehen.
Leise trat ich zurück in Richtung Kofferraum, das Kind begann zu schreien.
Hinten angekommen erschien auch Valeria.
„Okay, aber nicht hier"
Sie verzog das Gesicht.
„Wir haben Taschentücher genug mit. Wir gehen in den Wald, verstanden?"
„Och man!", sie stöhnte auf, doch ich zuckte nur mit den Schultern.


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Bad girls got new adventuresWhere stories live. Discover now