2: Dienstag, 20 Uhr

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„Verdammte Scheiße war das lecker", Valeria lehnte sich zurück und hielt sich ihren Bauch, „Da passt nichts mehr rein"
Ich grinste. „In einer halben Stunden ist das wieder weg, dann passt mehr rein"
Sie grinste zurück, richtete sich stöhnend auf und packte nach den Tellern. Ich tat es ihr nach und zusammen deckten wir den Tisch ab.
„Was gucken wir heute Abend für einen Film?", nachdenklich räumte sie die Spülmaschine ein, während ich den Tisch sauber wischte.
„Was von Marvel?", versuchte ich es, doch sie gab nur ein Brummen von sich. Also nein.
„Star Wars?"
„Hm"
„Nur weil du dich nicht auskennst", murrte ich, „Hast du was Besseres?"
„Wir können ne Serie anfangen. Auf Netflix"
„Du hast den Account noch?", erstaunt zog ich die Brauen hoch.
„Mein Bruder hat ihn mir gegeben, nachdem er nach Spanien ist"
Ihr Bruder hatte einen Job außerhalb Deutschlands angenommen und war darin seit über sieben Jahren tätig. Vor einem halben Jahr war er nach Spanien gereist, ebenfalls für seinen Job. Was auch immer das alles sollte.
Wer reiste schon für einen Podcast nach Spanien?
Angehört hatte ich mir diesen Mist noch nie, ich mochte ihren Bruder nicht sonderlich. Er redete nie mit mir. Mit ihr auch nicht.
Sie hatten ihn trotzdem lieb. Ist wahrscheinlich normal.
„Lass uns hochgehen", sie richtete sich auf, „Hepp!", und warf mit dem Fuß schwungvoll die Tür zur Spülmaschine hoch. Sie rastete ein.
„Du hast geübt", bemerkte ich, sie lachte und dann gingen wir nebeneinander die Treppe hoch.
Oben angekommen schmissen wir uns auf ihr Sofa und sie schaltete den Fernseher ein,öffnete Netflix und begann zu scrollen.
„Welche davon hast du denn noch nicht gesehen?", nachdenklich beobachtete sie den bunten Bildschirm, „Was ist mit Arrow?"
„Ne, wurde mir schon erzählt"
„Pff", sie scrollte weiter, „Wo haben die denn eine Serie mit weniger als sieben Staffeln...?", konzentriert suchte sie weiter. Ich ließ sie und stand auf und schritt ein wenig durch ihr Zimmer. Es sah fast alles noch aus wie vor ein paar Monaten. Sie hatte mir erzählt, dass sie einen neuen Schreibtisch bekommen hatte und neue Vorhänge.
Verträumt blickte ich hinaus. Die Sterne waren schon ein wenig zu sehen, die Sonne ging langsam unter.
Bis zehn Uhr würde es aber noch lange nicht dunkel sein.
„Haus des Geldes?"
„Hab ich schon gesehen", ich wandte mich ab, dabei fiel mein Blick auf ihre Pokale. Sie hatte früher mal Karate gemacht. Sehr lange her, vor der sechsten Klasse hatte sie aufgehört,weil sie Angst hatte, sich irgendetwas Wichtiges zu brechen. Die Pokale standen immer noch hier.
„Hast du einen neuen Pokal?",nachdenklich deutete ich auf einen goldenen Kelch in der Mitte von allen.
„Ne, warum?", sie reagierte nicht darauf, sondern suchte weiter. Ich beugte mich vor und kniff die Augen zusammen. „Ist der von deinem Bruder?"
„Kann sein"
„Da steht: Matheolympiade, zweiter Platz, Marvin Freytag, 2003 – wie alt war der da?"
„Keine Ahnung, um die zehn...", jetzt hatte ich ihre Aufmerksamkeit, sie sah auf, „Warte mal, er wurde 1995, dann war er da acht"
Plötzlich stand Valeria neben mir und packte nach dem Pokal. „Der versteckt die sonst immer, warum steht der hier?", misstrauisch hob sie ihn an und wandte ihn zur Seite.
Ein kratzendes Geräusch ertönte von innen.
Überrascht riss ich die Augen auf. „Da ist was drin"
Sie nickte, legte ihn auf ihren Schreibtisch und beugte sich darüber.Vorsichtig hob sie ihre Finger an das Podest, schob ihren Nagel in eine Lücke und dann ertönte ein schriller Ton.
Sie zuckte zurück und ich zusammen. Erschrocken sahen wir uns an. Der Ton sprang in ein Lied über.
„Woher kommt das?", suchend wandte ich mich im Kreis
„Den Song kenne ich", nachdenklich starrte sie an die Decke, während sie mit ihren Füßen im Takt tippte, „Warteee", ich sah sie auffordernd an, sie hob ihren Zeigefinger, dann nickte sie. „Das ist Coldplay,  -"
Ich unterbrach sie. „Ich weiß, dass das Coldplay ist, aber woher -"
Jetzt unterbrach Valeria mich. „Das ist der Klingelton meines alten Handys"
„Das aus der Fünften?"
„Jap",sie nickte knapp, trat einen Schritt zurück und zog die dritte Schublade auf. Ein wenig kramte sie darin herum, bevor sie das wie wild brummende Handy herauszog. Ich verzog das Gesicht. „Bist du nachts noch nie davon wach geworden?"
„Wer weiß?", sie klappte die Hülle auf und hielt mir den Bildschirm vors Gesicht,„Kennst du die Nummer?"
„Ne und ich -", bevor ich noch irgendetwas sagen konnte, nahm sie an.
„Hallo?"
Ich riss die Augen auf und die Arme hoch und versuchte ihr dann zu bedeuten aufzulegen. Jemand, der uns kannte, würde auf unseren jetzigen Handys anrufen.
Ich beobachtete ihre Mimik, während sie nicht mich ansah, sondern den Teppich zu ihren Füßen. Dann zog sie die Brauen zusammen.„Marvin?"
Mir klappte der Mund auf. Hektisch schloss ich ihn und trat neben sie. „Marvin?", sagte ich laut, sie nahm das Handy vom Ohr und schaltete es auf laut.
„Hey!", er klang gestresst. Fragend blickte ich zu Valeria, sie zuckte mit den Schultern.
„Alles okay?", fragte ich, er ging nicht daraufein.
„Ihr müsst was für mich erledigen, okay?", es knallte in seiner Nähe.
Ich zog die Brauen zusammen. „Was war das?"
„Mein Kühlschrank", das war nicht sein Kühlschrank,„Hört mir zu: ihr müsst nach Spanien kommen"
„Hast du was getrunken?", bemerkte Valeria belustigt und schüttelte den Kopf,„Wir werden nicht nach Spanien kommen"
„Val, hör mir zu!",er nannte sie ständig so, „Es ist wichtig, ich brauche es. Nimm bitte folgende Sachen mit: meine Schachtel mit -"
Ich unterbrach ihn. „Marvin, was soll die Scheiße?"
„Ich stecke in Schwierigkeiten, okay?", er war außer Atem, „Ich muss was abgeben und es liegt bei uns zuhause. Und ihr seid auch in Schwierigkeiten, wenn ihr dort gerade seid"
„Was?", Valeria sah mich kopfschüttelnd an, „Spielst du wieder irgendein dummes Spiel?"
„Nein, Val, hör mir zu!", er hielt an, schnappte nach Luft, „Val, ich meine das Ernst, ich -"
Ein Schuss ertönte. Wir zuckten zusammen.
Marvin keuchte. „Scheiße"
Ich sah Valeria in die Augen. Kurz sprachen wir ohne Worte. Das liebte ich.
Dann nickten wir knapp. „Okay, falls du wirklich gerade-", begann ich, doch wurde unterbrochen.
„Nehmt meine Schachtel mit den Zigaretten, den Bilderrahmen mit der Katze, das Glas mit dem Sprung und meinen Pokal", ich zog die Brauen zusammen und blickte zu Valeria, die mit den Schultern zuckte.
„Noch was?"
„Übermorgen müsst ihr in Madrid sein. Wir treffen uns dort um 22 Uhr im Teatro Real", Valeria sah mich fragend an.„Theater, Oper", ich zuckte mit den Schultern. Es war nicht so, dass ich mal dort gewesen war, aber ich beherrschte genug spanisch, um mich dort zurecht zu finden.
„Willst du uns noch erklären, wie wir dahin kommen? Sollen wir es dir nicht lieber schicken?"
„Nein! Und jetzt verschwindet da", Marvin schnappte nach Luft, „Den Anruf kann man weiterverfolgen", ein weiterer Schuss ertönte, dann brach der Anruf ab.
Erschrocken sah ich auf, Valeria ebenfalls.
„Was war das?", sie kräuselte ihre Nase, das tat sie immer, wenn sie stark nachdachte.
„Ich weiß es nicht", ich blickte zum Pokal, „Glaubst du ihm?"
Das war schräg, unwirklich.
„Wie sollen wir bitte schön nach Spanien kommen? In zwei Tagen?"
„Warte",ich trat an ihr vorbei zum Pokal, „Wir werden herausfinden, ob er Mist redet", dann nahm ich den Pokal, schob ihn unter die Lampe,nahm das untere Ende und schob meinen Nagel dazwischen. Es klackte leise, das Podest sprang ab. Der Pokal teilte sich, aus ihm rutschte ein kleines, schwarzes Ding.
Ich nahm es und hielt es unters Licht.
„Ist das ein Stick?", fragte Valeria und lehnte sich vor.
„Was ist da drauf?"
„Keine Ahnung.Sollen wir ihn in den PC stecken?", schlug sie vor.
„Kann das nicht auch nach verfolgt werden?", er schien wichtig zu sein, wenn man ihn schon versteckte, das hieß auch, dass der Inhalt beschützt sein würde.
Sie nickte. „Ja, schon, aber besser als wegen diesem Ding nach Madrid zu fliegen, wo mein Bruder sich dann schrott lacht"
„Auch wahr", bemerkte ich, „Aber wenn es wahr ist...wie viel Zeit haben wir denn jetzt noch? Polizei, FBI,CIA, wer auch immer, irgendwer scheint nach Marvin den Anruf verfolgt zu haben"
Valeria wiegte den Kopf. „Du packst und ich sehe mir an, was da drauf ist? Dann sind wir sicher, auch wenn wir, falls es nicht stimmt, uns eine riesige Arbeit gemacht haben"
Wir beide ließen die Option, dass es ein Witz war, nicht aus, doch ich selbst glaubte nicht daran, dass Marvin einer der größten Scherzkekse dieser Welt waren. So etwas würde ich ihm nicht zutrauen. Trotzdem vertraute ich ihm in der Sache nicht.
Valeria ließ sich auf ihren Schreibtischstuhl fallen, öffnete den PC, der am Rande des Schreibtisches stand.
Und mir blieb nichts anderes übrig als loszulegen.
Als erstes rannte ich die Treppen nach unten in die Küche. Im Kopf machte ich mir eine Liste, was wir alles brauchen würden. Wir müssten mit dem Zug fahren, da Valeria Höhenangst hatte. Das schien Marvin mitberechnet zu haben, denn mit dem Flugzeug bräuchten wir grob gesehen nicht mal einen Tag.
Unten angekommen schnappte ich mir eine Tüte vom Jackenständer neben der Haustür, bevor ich in der Küche angekommen die wichtigsten Nahrungsmittel zusammensuchte. Ich nahm mir Brot,Äpfel und alles andere, was nicht schnell schimmelte, runter zubekommen war und für drei Tage reichte.
Gerade als ich zum nächsten Punkt übergehen wollte, hörte ich Valeria. Ich eilte die Treppen wieder hoch. Sie wartete schon auf mich. Mit riesigen Augen sah sie mich an, dann zeigte sie auf den PC.
„Was ist?", ich trat neben sie. Auf dem Bildschirm war eine große, schwarze Anzeige. In weißen Buchstaben stand darauf: 'enter password'
„Da ist also wirklich was drauf?", baff wandte ich mich an Valeria, „Und jetzt?"
„Kann das nicht fake sein?"
„Weiß nicht, sieht das nicht so in den Filmen aus?"
„Ja, aber ...", sie starrte den Bildschirm an.
„Glaubst du, dein Bruder würde sich solche Mühe machen?"
„Nein, er ist eigentlich nicht der Lustige",dann zog sie den Stick raus, „Das heißt, der ist echt?"
Ich nickte. „Ich denke"
„Und jemand weiß davon?"
„Ich denke"
„Und wir fahren nach Madrid?"
„Ja", ich nickte und hielt ihr die Tasche hin, „Wir haben nicht mehr lange Zeit,irgendwann wird jemand vor der Tür stehen"
„Okay", sie nickte tapfer, „Sag mir deine Liste, ich will wissen, was wir brauchen"
„Als erstes: kein Handy. Wir lassen es hier. Keine Anrufe, keine SMS. Meine Eltern glauben sowieso, dass ich drei Tage hier bin,das ist egal. Deine Eltern auch. Niemand benutzt Google, wir brauchen einen Stadtplan. Wir müssen zum Zug, denn fliegen können wir nicht",sie nickte, „Und wir brauchen Geld. Euer Geld, ich habe keines mit.Essen habe ich, Klamotten brauchen wir auch. Wir brauchen ein Auto,denn mit dem Bus kommen wir nicht schnell genug voran. Das ist alles,was mir einfällt"
„Okay. Ich hole das Geld und du packst"
Ich nickte und hockte mich vor die Koffer, während sie die Treppen heruntereilte. Da fiel mir noch was ein. „Valeria?"
„Ja?"
„Wir müssen Mrs. Gabriella zu deinem Nachbarn bringen", der hatte auch eine Katze und sie konnte ihn ziemlich gut leiden. Wenn wir sagten, wir wollten sie die drei Tage über nicht hier haben, würde er sie nehmen.
„Machen wir zum Schluss"
Dann war sie weg und ich beugte mich über die Koffer.


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Vielen Dank, Ihr myownsparrow!












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