Kapitel 10

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Als es an der Tür klingelte, hob James eine Augenbraue und warf Tyler einen fragenden Blick zu. Logan hatte gesagt, dass er heute keine Zeit mehr hatte vorbeizukommen, weshalb er keine Ahnung hatte, wer noch so spät auf die Idee kam ihn zu besuchen. 

„Hast du noch jemanden eingeladen?", fragte Tyler genauso überrascht davon, wie er selbst.
„Nicht dass ich wüsste", erwiderte er ehrlich, erhob sich allerdings von dem Sofa, auf dem er sich mit seinem besten Freund eigentlich niedergelassen hatte. Sie hatten beim Chinesen Abendessen bestellt und ihre restliche Zeit damit verbracht an seiner Konsole irgendwelche Spiele zu spielen.

Ihnen beiden hatte es gutgetan Zeit miteinander zu verbringen. Tyler hatte es geholfen sich nach der Arbeit zu erholen und auch James hatte ein wenig Ablenkung gutgetan. Sein Besuch bei Delilah war nun bereits eine Woche her, doch er hatte nicht aufhören können über ihre Worte nachzudenken. Obwohl sie bereits dasselbe Gerücht gehört hatte, wie er, schien sie sich darüber keine Sorgen zu machen und glaubte nicht daran. Machte er sich also wirklich umsonst darüber Gedanken? Immerhin sagten ihm das all seine Freunde und möglicherweise war es an der Zeit darauf zu hören.

Bei der Tür angekommen, zögerte er kurz. Dann legte er seine Hand jedoch an die Türklinke und drückte sie hinunter, um einen Blick auf die Person zu bekommen, die dahinter wartete. Als er jedoch sah, um wen es sich handelte, fühlte es sich an, als würde sein Herz plötzlich stehen bleiben.

„Verdammte Scheiße", stieß er aus. Im Flur vor seiner Wohnung stand Delilah. Für einen Vampir hob und senkte sich ihre Brust unnatürlich schnell und ihre Pupillen waren leicht geweitet. Das, was ihn jedoch wirklich schockte, war das Blut, das an ihrer Kleidung klebte. Er brauchte einige Sekunden, um sich zu sammeln und zu realisieren, dass sie gerade nicht nur überraschenderweise vor seiner Tür stand, sondern dass sie augenscheinlich auch in eine nicht allzu gute Situation geraten sein musste.
„Hi", antwortete sie und ließ ihren Blick nochmal über den Flur wanden, in dem sie stand, als würde sie danach Ausschau halten, ob jemand ihr gefolgt war. Als sie sich wieder ihm zuwandte, lag etwas Bittendes in ihrem Blick:"Kann ich vielleicht reinkommen?"

„Klar", noch immer überrumpelt von ihrem Auftauchen und ihrem Anblick trat er zur Seite und ermöglichte es ihr so die Wohnung zu betreten. Er hatte unzählige Fragen, doch gerade gab es nur eine, die wirklich wichtig für ihn war:"Geht es dir gut?"
„Ja, es geht mir gut", antwortete sie mit einem Nicken und zog ihre Jacke aus.
„Aber du hast Blut auf deiner Kleidung", er schluckte schwer und begann sie von Kopf bis Fuß zu mustern, in der Hoffnung so erkennen zu können, wo die Quelle davon lag.

Mit seiner Frage brachte er auch sie dazu ihren Blick zu senken und an sich herunterzusehen.
„Das ist nicht meins", versicherte sie ihm dann, während sie ihr Gesicht leicht verzog. Dieser Idiot hatte es geschafft ihr Lieblingskleid zu ruinieren.
„Von wem dann?", ihre Worte schafften es nicht gerade ihn zu beruhigen und seine Besorgnis zu lindern. Immerhin kannte er sie gut genug, um sich vorstellen zu können, dass sie es nur sagte, um ihn nicht zu beunruhigen. Das hatte sie in der Vergangenheit schon mal gemacht. Im Endeffekt erreichte sie dadurch aber nur das Gegenteil. 

„Wer ist – ?", erklang Tylers Stimme fragend, verklang allerdings wieder, bevor er den Satz beendet hatte. Er war ebenfalls aufgestanden, als sein bester Freund nicht von der Tür zurückgekehrt war und stand nun im Flur. Als er Delilah erblickte, hob er beide Augenbrauen und sah zwischen den beiden hin und her:"Was zum Teufel ist passiert?"
„Das wüsste ich auch gerne", stimmte James seinem Freund zu. 

Ohne auf die Frage zu antworten, schob sie ihre Hand in ihre Jackentasche und zog etwas heraus, das James als eine Art Karteikarte identifizieren konnte. Sie erklärte nicht, worum genau es dich dabei handelte, sondern setzte sie sich in Bewegung.
„Ich war heute Abend in einem Club", begann sie zu sprechen, als sie sich auf das Sofas zubewegte und sich setzte. Die beiden Männer folgten ihr und während James sich auf dem anderen Sofa niederließ, blieb Tyler gegen die Wand gelehnt stehen. Er wusste nicht, was er von der Situation halten sollte.
„Obwohl ich nicht daran geglaubt habe, dass die Gerüchte von Kingsley wahr sind, habe ich ein Gespräch zwischen zwei Vampiren mitgehört:"fuhr sie fort und striff dabei ihre High Heels ab, da ihre Füße langsam zu schmerzen begannen. 

James musste ehrlich zugeben, dass ihre Worte ihn überraschten. Immerhin hatte sie selbst gesagt, dass sie eigentlich nicht daran glaubte. Oder zumindest hatte sie es nicht. Dass etwas es schaffen würde ihre Meinung zu ändern, hatte er deshalb nicht geglaubt und nun brannte er darauf herauszufinden, was ihren plötzlichen Sichtwechsel gesorgt hatte. Deshalb war er froh, als sie fortfuhr, ohne dass er sie erst lange darum bitten musste:"Sie haben über Kingsley gesprochen und einer von ihnen hat regelrecht versucht den anderen für dessen Pläne anzuwerben. Dabei klang es nicht so, als würde er einfach nur Witze machen, sondern es ernst meinen. Außerdem wurde auch von Dämonen geredet und der eine hat dem anderen diese Karte zugeschoben."
Mit diesen Worten reichte sie James die Karte, sodass er zum ersten Mal einen Blick darauf erhaschen konnte, was darauf geschrieben stand. 

Er griff danach und las die Wörter, die darauf geschrieben standen.
„429 Riverside Drive um 22 Uhr", beim Lesen runzelte er leicht die Stirn:"Eine Adresse und eine Uhrzeit?"
Die Adresse könnte für alles Mögliche stehen und er konnte sich nicht vorstellen, was das mit Kingsley zu tun hatte. Dieser würde ja wohl kaum seine Wohnadresse einfach so preisgeben. So wie er Delilah kannte, würde sie dafür aber auch noch eine Erklärung haben. Immerhin hatte sie das Gespräch ja mit angehört und wurde daraus vielleicht schlauer als er selbst.
„Einer von ihnen hat etwas davon erzählt, dass Kingsley bald Vampire um sich scharen will, die die gleichen Ansichten haben, wie er, um ihnen etwas von seinem Plan zu erzählen. So wie es klang, soll dieses Treffen an diesem Ort stattfinden." 

Ihre Worte brachten ihn dazu seinen Blick von dem Stück Papier zu lösen und sie anzusehen. In ihren Augen lag etwas, was ihm verriet, dass sie die Wahrheit sagen musste und dafür sorgte, dass dieses Thema wieder seine Aufmerksamkeit und Neugierde erregte. Auch wenn es ihn ihm kein gutes Gefühl hervorrief, da er immer wieder an den Traum denken musste, der ihn erst dazu gebracht hatte, zu merken, dass etwas nicht stimmte. Nun klang es nämlich nicht mehr nur noch wie ein Gerücht, sondern wie eine echte Wahrheit und seine Freunde konnten ihm nicht mehr einfach sagen, dass es nur ein Hirngespinst war, über das er nicht mehr nachdenken sollte. Nun hatte er vielleicht eine echte Spur. 

„Jedenfalls hat einer von ihnen gemerkt, dass ich ihnen zugehört habe und sie haben mir auf dem Weg zu dir aufgelauert", dieser Teil ihrer Erzählung gefiel ihm ganz und gar nicht. Auch wenn er insgeheim gerne hörte, dass sie deshalb zu ihm gekommen und an ihn gedacht hatte. Dieser Gedanke wurde jedoch von seiner Wut überschattet, die sich langsam in ihm aufzubauen begann. Zwar verrieten ihm das Blut auf ihren Sachen und die Tatsache, dass es wirklich nicht von ihr zu stammen schien, wie es ausgegangen sein musste, doch trotzdem beunruhigte ihn der Gedanke, dass ihr etwas hätte passieren können. Und das vielleicht nur, weil er sie erst auf die Spur gebracht hatte. James spürte, wie sich seine Hände zu Fäusten ballten:"Hast du sie umgebracht?"
„Nein", antwortete sie kopfschüttelnd:"Einem von ihnen habe ich das Genick gebrochen, während der andere abgehauen ist." 

James musste sich ein Seufzen verkneifen. Das waren beim besten Willen keine guten Neuigkeiten. Ein einfacher Genickbruch konnte einen Vampir höchstens für ein paar Stunden lahmlegen, ihn aber nicht töten und da sie Delilah bereits einmal angegriffen hatten, war er sich sicher, dass sie sie danach auch nicht einfach plötzlich in Ruhe lassen würden. Stattdessen war die Chance viel größer, dass sie sich in dieser Nacht zwei neue Freunde gemacht hatte und das wusste sie genauso gut, wie er.
„Was machen wir also wegen dieser Sache?", fragte Delilah und sah zwischen beiden Männern hin und her.

BloodlustWhere stories live. Discover now