Kapitel 7

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Die Laternen an den Straßenrändern warfen flackernde Lichtkegel auf den Bürgersteig, über den sie liefen. Selbst um diese Zeit waren die Straßen in diesem Teil der Stadt noch nicht völlig leer, obwohl er nicht gerade als einer der Sichersten zählte. Zumindest nicht für gewöhnliche Menschen.

Innerlich war er überrascht davon gewesen, dass sie tatsächlich einem Gespräch mit ihm zugestimmt hatte, es sich äußerlich aber nicht anmerken zu lassen. Wenn er ehrlich war, war er davon ausgegangen, dass sie ihn einfach abblitzen lassen oder ignorieren würde. Die einzigen beiden Erklärungen, die er dafür hatte, waren, dass sie hoffte ihn auf diese Weise schneller wieder loszuwerden, als wenn sie diskutierten, oder dass sie ihm vielleicht doch verziehen hatte. Obwohl er an letzteres nicht glaubte.

Immerhin hatte er sie wirklich verletzt. Das wusste er selbst gut genug. Bei dem Gedanken an ihren Gesichtsausdruck, als sie ihn mit der anderen Frau erwischt hatte, wurde sein Herz schwer. Er hatte nie gewollt, dass so etwas geschah und konnte sich selbst nicht einmal erklären, warum er es getan hatte. Vermutlich einfach aus Angst vor der Verantwortung. Einer Verantwortung, die er zuvor niemals für etwas oder jemand anderen gehabt hatte. Dass es ein Fehler gewesen war jemals nur an eine andere Frau zu denken, war ihm klar gewesen, als das Treffen mit der anderen Frau tatsächlich ernstere Züge angenommen hatte, doch da war es bereits zu spät gewesen. Er hatte die einzige Frau, mit der die Ewigkeit, die er durch sein übernatürliches Dasein erlangt hatte, bereits verloren. Seine Versuche es ihr zu erklären hatte sie abgelehnt und ihm keine Möglichkeit gegeben sich dafür zu entschuldigen. Obwohl es sowieso keine gute Entschuldigung gab, mit der er sein Verhalten rechtfertigen konnte. Immerhin war es nichts anderes als eine blöde Aktion und ein dummer Fehler gewesen. Vielleicht sogar der Größte seines ganzen Lebens.

Nach einigen weiteren Metern wurde Delilah langsamer und James konnte spüren, wie Tyler ihm von der Seite einen Blick zuwarf. Daraufhin sah er zu seinem besten Freund herüber. Diesem war anzusehen, dass diese Situation nicht unbedingt eine war, in der er sich wohlfühlte und in der er lange bleiben wollte. Obwohl James ihm dankbar dafür war, dass er ihn nicht einfach mit sich aus dem Club geschleift hatte, bevor er die Chance hatte Delilah anzusprechen. Stattdessen hatte er es zugelassen und ging nun mit ihnen mit, ohne überhaupt zu wissen, was James zu sagen hatte.

Zielstrebig bewegte sie sich auf den dunklen Eingang eines Gebäudes zu, das wie die meisten New Yorker Gebäude weit in den Himmel hinauf ragte. Sie schloss die Tür auf und wies die beiden Männer mit einem Nicken an ihr zu folgen. Augenscheinlich war sie umgezogen, nachdem sie sich von ihm getrennt hatte und für einen Moment fragte James sich, ob sie alleine hier wohnte. Diesen Gedanken schob er allerdings schnell bei Seite. Immerhin hatte er sich im Club nicht so verhalten, als wäre sie in festen Händen und alleine die Vorstellung, dass es einen anderen Mann in ihrem Leben geben könnte, gefiel ihm ganz und gar nicht.Nachdem sie eine Weile schweigend die Treppen hinaufgestiegen waren, betraten sie nach einigen Minuten Delilahs Wohnung. Sobald sie einen Fuß durch die Tür gesetzt hatte, streckte sie ihre Hand aus, um den Lichtschalter zu betätigen. Das Appartement wurde von Licht durchflutet und ermöglichte ihren Besuchern so einen Blick auf den Ort, an dem sie lebte. Der Flur mündete sich das Wohnzimmer und die offene Küche, die direkt daran angeschlossen war.

„Kommt rein", bot sie den beiden Männern an, während sie ihre Jacke auszog und weghängte. Ihr war allerdings anzusehen, dass es ihr lieber wäre, wenn sie genau das Gegenteil tun würden. Sie hätte ihren Abend lieber weiterhin im Club verbracht und sich mit Menschen vergnügt, als den Mann zu treffen, der sie betrogen und ihr Herz gebrochen hatte. Auch, wenn sie letztes ungern zugab. Allerdings hatte er geklungen, als würde er es ernst meinen und damit ihre Neugierde erregt. Würde er allerdings anfangen über ihre frühere Beziehung zu sprechen, würde sie nicht damit zögern ihn wieder raus zu werfen. Dazu mit ihm darüber zu sprechen und ihm seine Erklärungen anzuhören, war wirklich nichts wozu sie bereit war. Sie wollte seine Erklärungen einfach nicht hören. Auch wenn sie in ihrem Inneren zugeben musste, dass er ihr nicht egal war. Obwohl es das wäre, was sie sich wünschen würde.

BloodlustWhere stories live. Discover now