-17- Kein Omega mehr?

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„Guten Morgen, Jack", ertönte ein freudiger Gruß hinter mir. Ich drehte mich um und sah ein paar Meter entfernt drei gut bekannte Jungs auf mich zukommen. Der Mittlere war Niko und neben ihm gingen Yuri und Dante. Wie an jedem der letzten Morgene hatte ich etwas entfernt von unserem Hauseingang auf sie gewartet, damit wir gemeinsam zum Unterricht gehen konnten. Dafür gab es auch gute Gründe. Diese bestanden darin, dass ich meist schon relativ früh wach war und nur ungern im Flur warten wollte. Dort herrschte morgens nämlich ein richtiges Chaos. Andauernd lief jemand herum. Der Eine hatte verschlafen, der andere musste nochmal einmal in sein Zimmer und wieder andere gingen ihre Freunde wecken, um dann mit ihnen vor den Türen noch etwas zu quatschen. Dabei standen sie meisten so an die Türrahmen gelehnt, dass man bei Gegenverkehr nicht mehr durch kam. Neben diesen Blockaden war es oftmals ziemlich laut. Das kam einmal durch das viele Gerede und dann noch durch diejenigen, die meinen morgens ihre Stimme in der Eingangshalle aufwärmen zu müssen. Dem zog ich lieber draußen den Gesang der Vögel vor. Die Lautstärke stellte ebenso den Faktor dar, wegen dem ich nicht direkt beim Eingang wartete. Es war mir einfach zu laut. Man sollte meinen, einige Schritte entfernt wäre es ruhig, aber nein. Erstens war die Tür offen und zweitens verbreiteten sich die Töne aus dem Haus sehr großflächig. Deshalb ging ich immer ungefähr 100 Meter weiter und setzte mich irgendwo ins Gras, um zu warten.
Mittlerweile war die drei bei mir angekommen. „Guten Morgen", erwiderte ich die Begrüßung. Niko stand als Erstes vor mir und klopfte freundschaftlich meine Schulter. „Na." begann er grinsend. „Hast du schon lange gewartet, Jacki?" Seine Augen strahlten und sahen mich in freudiger Erwartung an. 'Jacki' mein neuer Spitzname. Vor zwei Tagen war Niko die großartige Idee gekommen, an meinen Namen noch ein 'i' anzuhängen, da das seiner Meinung nach viel niedlicher klang. Mir gefiel das zwar nicht sonderlich, aber ich sagte dennoch nichts dazu. Niko war schließlich immer nett zu mir und hat mir geholfen. Außerdem konnte man so oder so nicht viel gegen seine Spitznamen unternehmen, außer sie zu ignorieren. Jim war das beste Beispiel. Also ließ ich Niko den Spaß. „Nein, ich bin erst vor ein paar Minuten rausgekommen." „Mhm. Dann hast du Jimmi wohl auch nicht gesehen, oder?" Ich schüttelte etwas verwirrt den Kopf. Es war doch nicht ungewöhnlich, dass Jim schon früher weg war, als wir. Seine Morgenroutine bestand darin, sehr zeitig aufzustehen, etwas laufen zu gehen und nach dem Duschen vor dem Eingangsbereich der Mädchen auf Lea zu warten. Denn obwohl wir gemeinsam in einem Haus wohnen, sind sowohl Haus B als auch Haus A noch einmal in die Bereiche für Jungen und Mädchen untergliedert. Dabei wohnt ein Großteil der jungen Damen, wie unser Direktor sie immer nennt, meist in den Räumen auf der linken Seite und weitestgehend in den Etagen eins und zwei. „Warum fragst du? Ist etwas?" In Niko's Augen lag für eine Sekunde ein seltsam ernster Ausdruck. Dann zuckte er mit den Schultern und alles war wieder normal. „Nein, nein, alles gut. Er war heute nur noch nicht wieder in seinem Zimmer und da dachte ich, dass du ihn vielleicht auf seinem Rückweg hast vorbeilaufen sehen." Ich schüttelte erneut den Kopf. „Nein, tut mir leid." >>Wenn Niko bei so etwas fragte, kann doch nicht nichts sein. Oder mache ich mir schon wieder zu viele Gedanken<< Niko sah wohl mein Grübeln. Wirklich gut verstecken konnte ich es auch nicht.
„Ach Jacki, jetzt schau doch nicht so. Das war nur eine kleine Frage. Er hat bestimmt nur eine zu große Runde gedreht und ist jetzt gerade duschen. Wir sehen ihn ja später, dann frage ich ihn mal, warum er so lange gebraucht hat." „Oder er hat sich verlaufen" ergriff Yuri das Wort und grinste schemenhaft. „Ach quatsch." kam es von Dante „Nur ein totaler Trottel würde sich hier verlaufen und das ist Jim nicht." >>Oder ich<< ging es mir durch den Kopf, während ich an meinen ersten Morgen auf der Lichtung zurückdachte. „Vielleicht wurde er auch während dem Laufen von einer streng geheimen Organisation entführt und wird jetzt irgendwo gefangen gehalten." setzte der kleine Junge erneut an. „Wenn das so ist, werden sie bestimmt Experimente an ihm durchführen und er wird wahrscheinlich für immer und ewig verschollen bleiben." Yuri's Augen funkelten vor Aufregung. „Und dann werden nach und nach immer mehr Schüler verschwinden, bis nur noch wir übrig sind und..."
weiter kam er nicht. Dante hatte ihm einen leichten Schlag gegen den Hinterkopf verpasst. „Du und deine Verschwörungstheorien" „Nein, nein." dieses Mal war es Niko, mit einem verschmitzten Grinsen im Gesicht. „Das klingt doch sehr plausibel. Bestimmt ist es wirklich so. Diese Organisation entführt ahnungslose Schüler, verpasst ihnen eine Gehirnwäsche und lässt sie als Zirkustiere arbeiten. Dort müssen sie dann lebensgefährliche Tricks aufführen, damit die Organisation ganz viel Geld verdient, um weitere Schüler zu entführen." Dante verdrehte die Augen und sah seinen komischen Freund kritisch an. Dann fingen auf einmal beide lauthals an zu lachen. Jetzt war ich völlig verwirrt. Es gab zwar schon ein paar sehr seltsame Gespräche, aber nie solche unsinnigen Verschwörungstheorien. „Sehr witzig, Niko." schnaufte Yuri. „Ich meine das völlig ernst." Niko und Dante brauchten einen kurzen Moment, um sich wieder zu fangen. „Jaja." winkte Dante schließlich ab. „Jim ist einfach nur duschen. Und jetzt los, wenn wir noch länger hier rumgammeln, kommen wir zu spät." Niko nickte, stieß mich lachend mit der Schulter an und ging voraus. Meine Verwirrung war zwar immer noch vorhanden, aber mittlerweile hatte ich gelernt, in dieser Truppe nicht mehr alles zu sehr zu hinterfragen. Neben einem sich aufregenden Yuri gehend, folgte ich meinen Freunden.

Afraid of the AlphaWhere stories live. Discover now