Kapitel 15

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Sie aßen und während sich die drei anderen aufgeregt unterhielten, dachte Rahel sowohl über Ahmeds Angebot nach, was sie nicht ausschlagen konnte, denn Hip-Hop war wirklich nicht ihre Stärke, als auch wie es jemand schaffen konnte, ohne Vorkenntnisse zu UCoP zu kommen und die höchste Position zu ergattern. Das würde ein hoch spannendes Konzert nächste Woche werden und eigentlich war es auch cool, dass es eine Deutsche mit so einer Geschichte war.

Nach dem Essen ging sie zielstrebig zu Ahmed, während ihre Freundinnen kichernd das Lokal verließen. Sie verabredeten sich für den späten Montagnachmittag, wo sie einfach nach ihrem Training hier im Laden vorbeischauen sollte.

Damit musste sie eine Verabredung mit Benno canceln, aber das würde sie überleben.


Das Wochenende verging wie in Zeitlupe, Rahel verbrachte es damit, alles an News über die Neue bei UCoP aufzusaugen. Gleich sonntags wurde ein Video in den sozialen Medien gepostet, wo Beth sang, und Rahel kippte beinahe um. Sie war eindeutig talentiert, sie bekam selbst durch einen solchen kurzen Klipp schon Gänsehaut. Und anscheinend nicht nur sie. Die Medien überschlugen sich.

Den Sonntagnachmittag hatte sie samt ihrer Hausaufgaben bei Benno verbracht, der ebenfalls noch welche zu tun hatte. Es war ganz entspannt gewesen, auch wenn sie sich irgendwann mit einer kleinen Knutscherei abgelenkt hatten.

Am Montag war sie in der Schule ziemlich aufgeregt, doch schlimm wurde es erst, als sie ihre Stunde mit Dina hatte, die sie nicht nur einmal zu mehr Konzentration ermahnte.

„Also Rahel, was ist bloß los?", fragte diese am Ende stirnrunzelnd.

Rahel überlegte, aber beschloss dann, es lieber zuzugeben. „Ich habe gleich noch eine Verabredung zum Tanzen."

„Zum Tanzen?"

„Ja, jemand hat mir Hip-Hop-Training angeboten!"

„Wenn er gut ist, schadet Nachhilfe bestimmt nicht." Sie lächelte. „Und ist er süß?"

„Und wie!"

„Na dann, aber Finger weg, solange du noch vergeben bist!" Dina zwinkerte ihr zu.

„Aber ich will doch nichts von ihm!", murmelte sie und wurde rot.

„Ja, klar ..." Sie grinste und klopfte ihr auf die Schulter. „Wir sehen uns morgen, kümmerst du dich danach um die Getränke und so weiter?"

„Okay!" Innerlich seufzte sie, während sie langsam hinter Dina den kleinen Tanzsaal verließ. Sie wusste, dass diese Extraarbeiten gut angelegt waren, aber sie waren auch verdammt ätzend. Die Tanzschule war groß, überall Getränke aufzufüllen und zu checken, ob die Inventarliste stimmte, war wirklich nicht gerade eines ihrer Hobbys und würde es auch wohl nie werden.

Sie musste nicht weit fahren, um nach Hause zu gelangen beziehungsweise zum Dönerladen, der ja um die Ecke lag. Sie hatte ihrer Mutter gesagt, dass sie noch bei Benno lernen würde, und die hatte es skeptisch erlaubt. Für heute hatten sie und ihre Freundinnen keinen Termin ausgemacht.

Immer aufgeregter erreichte sie den Dönerladen. Ahmed wartete schon mit einer Sporttasche, bekleidet in Sporthose Sneakern und einer Sportjacke. Er sah lässig aus. „Hi Rahel, na alles klar?", fragte er und hielt ihr die Hand zum Abklatschen hin.

„Hallo, natürlich."

„Und wie war dein Training gerade?" Er setzte sich in Bewegung und Rahel folgte ihm einfach.

„Ganz gut, heute war es sehr viel Freestyle!"

Er nickte. „Das machen die bei UCoP ja meistens auch."

„Und trotzdem muss man den ganzen anderen Mist können." Sie seufzte.

Er lachte. „Ich würde wohl am ehesten an Ballett scheitern."

„Ach, das ist nur Training", meinte Rahel und kicherte. Sie konnte sich Ahmed nicht so richtig an einer Ballettstange vorstellen, dafür wirkte er zu cool. Wobei, wenn sie an die UCoP-Performer dachte, wirkten die auch cool und konnten Ballett.

„Wenn du meinst." Er grinste.

„Wohin gehen wir eigentlich?", fragte Rahel neugierig. Sie hatte keine Ahnung, wo er trainierte.

„Ich tanz immer bei Rockos. Kennst du das?"

„Ja ... echt?" Sie staunte. Das war eine ziemlich teure Privattanzschule, die sich Rahels Mutter nie im Leben leisten konnte.

„Jepp, so ein Döner-Imbiss wirft viel ab!" Ahmed grinste, offensichtlich ahnte er, was Rahel sich gerade gefragt hatte. „Ich bekomme zumindest kein BAföG."

Sie kicherte unbeholfen. Das erklärte alles, anscheinend hatten seine Eltern mehr Geld, als es den Anschein hatte. Aber Rahel hatte eigentlich auch keine Ahnung, sie sah seinen Vater immer nur im Dönerladen, nie privat.

„Ich nehme dich einfach mit, das ist schon okay", erklärte er weiter. „Ich leite ein paar Kurse und sie haben bestimmt nichts gegen eine zukünftige UCoP-Performerin."

Rahel seufzte. „Das muss ich erst einmal schaffen!"

„Am entscheidendsten sind die ersten Sekunden. Schaffst du es, sie da zu überzeugen, hast du sie schon beinahe!"

„Woher weißt du das denn?"

„Noch nie beobachtet? Ein paar Sekunden genügen und man fällt doch schon ein Urteil. Und beim Tanzen ist das noch mehr. Wir haben alle Beth nur ein paar Sekunden mit Henry tanzen sehen und wussten alle, dass sie großartig ist."

Rahel dachte darüber nach. Glaubte er das wirklich? Wenn nur ein paar Sekunden entscheidend waren, musste sie beim vergangenen Casting in den ersten Sekunden verdammt gut gewesen sein.

Sekunden deines Lebens (pausiert)Where stories live. Discover now