Nachdem ich die zweite Runde Drinks geholt hatte, lehnte sich Elaria in meine Richtung, um mir etwas in mein Ohr sprechen zu können. Dabei streifte ihr Atem meine Haut und in mir breitete sich ein wohliges Gefühl aus. „Ich bin gleich zurück." Sie deutete in Richtung der Toiletten und ich nickte. Kain und ich waren wieder unter uns, und ohne Elaria die meine Aufmerksamkeit auf sich zog wie ein Magnet, bemerkte ich, dass Kain mit einer hochgewachsenen Blondine flirtete. Ich schmunzelte. Er kann es einfach nicht lassen. Ich wusste nicht wieso, aber seit dem Bankett vor zwei Wochen, musste ich ständig an sie denken und das kam mir albern vor. Aber wie sie auf dieser Bank gesessen hatte und in die Sterne blickte, in ihrem goldenen Kleid ... irgendetwas an ihr überwältigte mich. Und sie hier in meinem Territorium zu sehen und mit ihr sprechen zu können, das machte sie schlichtweg greifbarer als je eine Frau vor ihr. Vor ihr... würde sich mein Leben in ein Vor und Nach Elaria Garcia splitten? Auf jeden Fall wusste ich, dass ich sie wiedersehen wollte. Nicht nur auf einem Bankett oder einer Gala, sondern in einer ungezwungenen Umgebung wie dieser hier. Vielleicht würde sich dann herausstellen, dass sie doch bloß ein reiches verwöhntes Mädchen war, so wie ich es eigentlich erwarten sollte, und ich könnte damit aufhören mir über sie den Kopf zu zerbrechen. Aber eigentlich stehe ich auf Überraschungen. Als Kain seiner Tanzpartnerin etwas ins Ohr flüsterte, wurde mir bewusst, dass Elaria schon eine Weile weg war und sofort schoss mir in den Kopf, dass sie sich aus dem Staub gemacht haben musste. Vielleicht genügte das Kaleidoskop nicht ihrem Standard und sie hatte beschlossen das Weite zu suchen. Um meinen Verdacht zu prüfen, drängelte ich mich an Kain vorbei, der mich nicht zu bemerken schien, da er gerade anderweitig beschäftigt war, und steuerte die Toiletten an. Die Musik rückte immer weiter in den Hintergrund, bis die Lautstärke ein erträgliches Maß angenommen hatte, und ich verlangsamte meine Schritte als ich eine erboste Stimme hörte. Ich blieb vor dem Korridor, der zu den Bädern führte, stehen und lugte um die Ecke. Ein Mann mit Baskenmütze stand vor Elaria die ihm beschwichtigend die Hand auf die Schulter legte. „Hör zu. Ich brauche nur noch ein wenig Zeit."

„Du hattest genug Zeit! Wir brauchen langsam wirklich Informationen." Er nahm sich die Mütze vom Kopf, fuhr sich durch das rötliche Haar und stieß die Luft aus. Er wirkte ein wenig ruhiger als er wieder das Wort ergriff. „Du weißt was auf dem Spiel steht, Ela." Anscheinend kannten die beiden sich, wenn er sie mit einem Spitznamen ansprach. Vielleicht war er derjenige der sie sitzen gelassen hatte und ist doch noch aufgetaucht... jedoch schien das kein Dialog zu sein, indem er sich für sein Verhalten entschuldigen wollte. Es wirkte eher so, als ob er sie rügen würde. Elaria seufzte und lehnte sich mit dem Rücken gegen die Wand. „Ja Chris, das weiß ich. Aber ich muss behutsam sein und mich rantasten. Wenn ich jetzt zu schnell vorgehe, dann könnte der ganze Plan in die Hose gehen." Von welchem Plan redete sie und wer war dieser Typ neben ihr? „Ich muss zurück." Sie stieß sich von der Wand ab und das nahm ich als mein Stichwort zu verschwinden, damit ich nicht beim Lauschen erwischt wurde. Irgendetwas an der Szene, die ich gerade beobachtet hatte, kam mir nicht richtig vor. Allerdings konnte ich mir aufgrund meines Pegels auch viel einbilden und etwas überinterpretieren. Kurz nach mir traf Elaria an unserem angestammten Platz ein, Kain war irgendwo verschwunden. Wahrscheinlich in einer etwas abgelegeneren Sitznische. Ich beobachtete ihre Mimik und Gestik, allerdings konnte ich keinen Funken Anspannung mehr an ihr erkennen. Trotzdem blieb mir das halbherzig unterdrückte Gähnen nicht verborgen und ich musste ein wenig schmunzeln. „Wie wäre es, wenn ich dich nach Hause bringe? Es ist ein ganzes Stück bis in die inneren Bezirke." Elaria biss sich verlegen auf die Unterlippe, so als ob ich sie bei etwas ertappt hätte, nickte aber dankbar. „Das wäre wirklich nett von dir." Ich schickte Kain eine Nachricht und holte unsere Jacken von der Garderobe. Bald schon hatten wir den Geruch nach Schweiß und Rauch hinter uns gelassen und kühle Nachtluft blies uns entgegen. Ich kickte einen Stein vor mir her und warf immer wieder einen Seitenblick auf Elaria. „Also, Ela..." als ich sie mit dem Spitznamen, den der mysteriöse Mann in ihrer Gegenwart verwendet hatte, ansprach zuckte sie kaum merklich zusammen. Gefiel er der Name nicht? „Was machst du so, wenn du nicht gerade auf prunkvollen Festivitäten oder in ranzigen Clubs unterwegs bist?" Fragend blickte sie mich an. „Wie meinst du das?" Ich zuckte mit den Schultern. „Ich dachte wir lernen uns ein wenig besser kennen. Ich, zum Bespiel, studiere Jura. Sehr zur Freude meiner Eltern, denn ich soll in die Fußstapfen meines Vaters treten. Ich bin im Leichtathletikverein meiner Universität, ich glaube darin bin ich ganz gut, und sonst treibe ich mich viel mit Kain rum." Ich ratterte alle Fakten über mich herunter die mir in den Kopf kamen. „Oh, und ich habe eine Schildkröte namens Mr. Sparkle. Allerdings macht er nichts anderes als sich in seinem Panzer zu verkriechen, wenn er mich sieht." Gespielt traurig blickte ich in den Himmel hinauf. „Ich glaube er mag mich nicht besonders. Das kann allerdings daran liegen, dass ich ihn als Kind eine Leine gebastelt habe. Und als er sich nicht bewegen wollte, habe ich ihn in meinen Rucksack gestopft und einen ganzen Tag lang mit mir herumgetragen." Dies entlockte ihr ein herzhaftes Lachen. „Armer Mr. Sparkle." Sie grinste mich an. „Ein was scheinen wir zumindest gemeinsam zu haben." Ihre Stimme klang weich in dieser sonst so rauen Umgebung. „Wir gehen den Weg, den sich unsere Eltern für uns wünschen." Zum Weiterreden auffordernd schaute ich ihr in die Augen und sie seufzte. „Ich studiere Businessmanagement, um irgendwann bei Zyon einsteigen zu können. Mein Vater ist Leiter der IT Abteilung. Und sonst denke ich, bin ich ziemlich...", ihr Blick war nun auf den Boden vor uns gerichtet, „...normal." Ein verwegenes Lächeln umspielte ihre Lippen. „Auch du bist irgendwo besonders. Auf jeden Fall bist du nicht nur normal." Nein, gewöhnlich war sie keineswegs, allerdings galt es herauszufinden inwieweit sie besonders war.

Sie wohnte im Emerald Bezirk, direkt neben dem Sapphire, in welchem ich in einem Appartement im Haus meiner Eltern lebte. Hier wohnten die Menschen, in einzelnen flachen Häusern, die sich an den Straßen aufreihten, in familiärer Atmosphäre. Unschlüssig blieben wir in ihrer Einfahrt stehen. Ich drehte mich um, sodass ich ihr direkt gegenüber stand und ließ meinen Unterarm sanft über ihren gleiten. Eine leichte Röte zierte ihre Wangen und mein Herzschlag hatte sich aufgrund dieser zarten Berührung beschleunigt. „Jetzt hast du meine Kontaktdaten." Meine Stimme klang etwas heißer und ich trat einen Schritt zurück. „Wir werden uns bald wiedersehen." Rückwärts ging ich aus ihrer Einfahrt, den Blick unentwegt auf ihre Augen gerichtete. „Ja. Das werden wir."

Mit einem Lächeln auf den Lippen lief ich in Richtung meines zu Hause, umgeben von meterhohen Glas- und Stahlbauten. Der Sapphire Bezirk war das Herzstück der Stadt, mit seinen beeindruckenden Wolkenkratzern und am Tag tummelten sich hier Anzugträger auf den Straßen. Im Kontrast dazu standen die noch intakten barocken Bauten, welche als Regierungsgebäude und Eventlocations genutzt wurden. Irgendwie gefiel mir der Kontrast aus Neu und Alt... 

________________________________

Da bahnt sich wohl etwas an zwischen Ela und Cal ;)

 Aber wer war dieser Typ mit dem Elaria gesprochen hatte? Ihr eigentliches Date oder steckt mehr dahinter? 

Seid gespannt! 





Sapphire LiesWhere stories live. Discover now