TEIL 1 II PART 4

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Caleb

Die Musik dröhnte laut in meinen Ohren und alle Gedanken in meinem Kopf wurden vom stetigen Bass verdrängt. Das hier war meine Welt. Ich nahm den Gin Tonic vom Barkeeper entgegen und hielt meinen Unterarm über einen im Tresen eingelassenen Sensor. Ich wusste nicht genau wieviel Geld ich heute Abend schon für Drinks ausgegeben hatte, aber was machte das schon? Es war ja nur Geld. Ich zog am Strohhalm und ließ die kühle Flüssigkeit meinen Rachen hinabfließen. Neben mir auf einem der ledernen Barhocker saß Kain, ein breitschultriger Riese mit einem Hang zur Selbstzerstörung, wenn es um alkoholhaltige Getränke und Frauen ging. Und einer meiner besten Freunde. „Ich hätte es fast geschafft Cal." Er ließ sein Glas kreisen, und die klare Flüssigkeit schwappte beinahe über den Rand hinweg. „Ich meine, sie hat über meine Witze gelacht, und Gott konnte die tanzen!" Er grinste mich an und ich verdrehte aus Spaß die Augen. „Ich sag dir, dieses Mädel ist eine Muse. Ich habe mir praktisch schon ausgemalt wie sie ihr süßes kleines Top auszieht und ich schwöre dir ich hätte zu Gott gebetet und ihm gedankt, dass er mir so ein Geschenk macht." Ich lachte und schlug meinem Kumpel freundschaftlich auf die Schulter. „Ich glaube, wenn du ihr nicht direkt auf der Tanzfläche an die Wäsche gegangen wärst, dann würde dir diese Freude auch nicht verwehrt bleiben." Kain grummelte. „Schon klar, du hättest dich natürlich zusammengerissen, wenn sie dir ihren Arsch in den Schoß gedrückt hätte."

„Naklar, ich habe immerhin Stil." Herausfordernd sah er mich an. „Dafür, dass du der größte Aufreißer aller Zeiten bist, lässt du dir heute ganz schön viel Zeit." Ich genehmigte mir einen großzügigen Schluck meines Getränkes und zuckte mit den Schultern. „Ich warte eben noch auf Eine die mich wirklich umhaut. Bisher ist mir keine ins Auge gesprungen."

„Man, deine Ansprüche möchte ich auch gerne haben." Kain lachte und stand lässig von seinem Hocker auf. „Dann lass uns mal den Laden aufmischen gehen." Ich folgte ihm auf die Tanzfläche. Das Kaleidoskop war mein Lieblingsclub in der gesamten Hauptstadt. Er lag in einem Randbezirk namens Topas, welcher sich durch bröcklige Straßen und heruntergekommene Hochhäuser auszeichnete. Allerdings boten mir die Randbezirke eine gewisse Anonymität, die Menschen hier kannten mich nicht und man war keiner Etikette unterworfen. Außerdem standen die Frauen hier, nicht nur wegen meines Aussehens auf Typen wie mich. Sondern meine Kleidung verriet außerdem, dass ich keine leeren Taschen hatte. Allerdings ließ ich mich nicht auf Jede ein die hübsch genug war. Ich suchte in jeder Frau etwas Besonderes. Merkmale, die sie auszeichneten, wie ein auffallender Teint oder eigenwillige Frisuren. Mich interessierten keine Massenexemplare, sondern Unikate. Als der Rhythmus ein wenig schneller wurde, gab die Menschenmenge einen Blick auf die Bar frei, an der wir eben gesessen hatten. Ich verlangsamte meine Bewegungen, als mir bewusst wurde was ich vor mir sah. Oder besser gesagt, wen. Eine junge Frau mit dunklen gewellten Haaren. Ich erinnerte mich an ihre katzenhaften hellgrauen Augen, die den Anschein von flüssigem Silber erweckten, wenn man nur lang genug hineinsah. Sie trug eine dunkelgrüne Bluse, die einen Hauch Ausschnitt freiließ und eine schwarze seidene Hose. Elaria Garcia. Ich schrie Kain ins Ohr, dass ich zur Bar ginge, um mein inzwischen leeres Glas gegen ein volles zu tauschen. Das war ein Vorwand, denn ich musste mit Elaria sprechen. Mich interessierte nur allzu brennend was sie in einem Randbezirk machte, und warum sie so allein am Tresen saß. Der Weg zu ihr fühlte sich allerdings viel zu lang an, denn ihr Blick ruhte die gesamte Zeit auf mir. Als ich mich neben sie auf einen Barhocker setzte, lächelte sie mich an und kleine Grübchen zeichneten sich auf ihren Wangen ab. „Ich hätte nicht gedacht, dich heute Abend hier zu sehen. Normalerweise sind keine Menschen hier, die ich kenne." Sie hob eine Hand, um dem Barkeeper zu signalisieren, dass sie bestellen möchte. Das war ein weiterer Grund wieso ich diesen Club mochte. Man bestellte seine Getränke nicht über Monitore, sondern konnte einem Menschen dabei zusehen wie er deine Bestellung mit geschickten Händen zubereitete. Ein bisschen Oldschool eben. Allerdings liebte ich alle technischen Spielereien die mir mein privilegiertes Leben boten, und begeisterte mich für jede Neuheit auf dem Mark. „Ein Bier bitte." Nachdem sie mit ihrem Unterarm bezahlt hatte, drehte sie sich auf ihrem Hocker zu mir um. „Dein Gesicht habe ich hier ebenfalls nicht erwartet. Naja ich bin das erste Mal hier." Die wechselnden Farben der Scheinwerfer hinterließen in ihren Augen ein Farbespiel, welchem ich nicht entkommen wollte. Sie nahmen mich gefangen. „Wo sind deine Freunde? Ich bin mit dem Idioten dort drüben hier." Ich deutete in die Richtung in der Kain sich gerade im Takt der Musik bewegte. Ein bitteres Lächeln stahl sich auf Elarias Lippen. „Ich hatte eine Verabredung, aber ich wurde sitzengelassen. Ganz schön armselig, oder?" Die Vorstellung, dass sie sich mit anderen Männern verabredete löste in mir ein eigenartiges Gefühl aus und das machte mich stutzig. War ich etwa eifersüchtig? Ich kannte dieses Mädchen doch überhaupt nicht, und normalerweise war es mir egal mit wem sich die Frauen sonst noch herumtrieben. Vielleicht schenkte ich aber auch meinen Gefühlen in Bezug auf Elaria zu viel Beachtung. „Na das muss ja ein ziemlicher Trottel sein. Ich hoffe ihr standet euch nicht zu nah?" Sie schüttelte den Kopf. „Wir haben uns nur ein oder zweimal gesehen. Nix ernstes." Irgendwie gefiel mir diese Antwort. „Also, wenn du noch nicht nach Hause möchtest, kannst du gern noch mit uns abhängen." Abhängen? War ich sechzehn? Einen Moment schaute sie in Richtung Bar, so als müsste sie über mein Angebot nachdenken, dann nickte sie. „Ja, wieso nicht." Erfreut und ein bisschen zu schwungvoll stand ich von meinem Hocker auf. „Dann lass und ein wenig Spaß haben!" Ich packte sie am Handgelenk und zog sie hinter mir her auf die Tanzfläche zu Kain. Ein wenig wiederstrebend folgte sie mir und als wir bei meinem besten Freund angelangt waren verschränkte sie die Arme. „Eigentlich bin ich eher nicht so die Tänzerin." Sie schrie die Worte über die laute Musik hinweg in mein Ohr. Kain musterte Elaria und dann streckte er unauffällig beide Daumen in die Höhe. Ich grinste über diese Bestätigung. Elaria Garcia war wirklich sehr attraktiv mit ihrem leicht kurvigen Körper und den vollen Haaren. Doch das faszinierendste an ihr waren ihre Augen. Selten habe ich einen Menschen angeschaut, nur um ihm in die Augen zu sehen und zu erfahren was dahinter wohl verborgen lag. „Glaub mir, hier kann sicher keiner tanzen." Ich deute mit einer ausschweifenden Handbewegung zu den Leuten um uns herum. „Aber das muss man auch nicht. Es geht ums Spaß haben." Ich zwinkerte als ich anfing mich im Beat der Technomusik zu bewegen. Zugegeben, es sah sicherlich nicht sehr professionell aus und um meine Worte zu unterstreichen vollführte ich ein paar überschwängliche Moves, die sie zum lachen brachten. Trotzdem fing Elaria kurz daraufhin an sich ebenfalls zu bewegen und nach einiger Zeit hatte ich das Gefühl, dass sie wirklich ein wenig Spaß daran fand. Kain beugte sich zu ihr herunter. „Du bist nicht von Hier, oder?" Er musterte ihre Kleidung und sie schüttelte den Kopf. Sie antwortete ihm, doch über die Musik hinweg konnte ich nicht verstehen was sie zu ihm sagte. Anscheinend sagte sie etwas witziges, denn Kain warf den Kopf in den Nacken und lachte grölend. „Ich finde dieses Mädel wirklich klasse!"

Sapphire LiesWhere stories live. Discover now