Als ich ins Wohnzimmer kam, hörte ich den Fernseher. Es liefen Nachrichten. Meine Eltern waren also schon da. Ich versuchte mich an ihnen vorbeizuschleichen, doch mein Dad hörte mich. „Hallo, Kleines", begrüßte er mich.

Mist! „Hi, Dad." Schnell schob ich das Skateboard unter die Couch und schwang mich über die Lehne. Ich gab ihm wie immer einen Kuss auf die Wange und sagte dann: „Dad, ich geh heute früher schlafen."

„Okay", sagte er lächelnd und drückte mir einen Kuss auf die Stirn. „Schlaf gut."

Ich kletterte über die Lehne, nahm vorsichtig mein Skateboard und schlich mich dann zur Hintertüre raus. Als ich draußen war, atmete ich erleichtert aus. Ich kletterte über den hohen Zaun, der unser Grundstück umrahmte. Ich wusste, wo die Überwachungskameras ihre toten Winkel hatten. Leichtfüßig schwang ich mich auf mein Board und raste in Richtung Westküste.

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Ich hatte recht gehabt. Hier war keine Menschenseele dank der Release Party zu finden. Das war das erste Mal, dass ich so früh abends hier war. Die Sonne war auf meiner Fahrt hierher bereits untergegangen und die Nacht brach heran. Ich holte mein iPhone und meine AirPods heraus und machte Tupac, Snoop Dog und Eminem an. Wenn ich deren Stimmen hörte, war ich auf dem Skateboard nicht mehr aufzuhalten. Ich fuhr zu den verschiedenen Parcours, die im Skaterpark waren und übte ein paar Sprünge. Danach schlitterte ich ein paar Mal über das Geländer von den Treppen und schließlich fand ich mich auf der Halfpipe wieder.

Ich war so in meine Musik vertieft, dass ich gar nicht bemerkte, wie plötzlich ein Junge neben mir synchron skatete. Ich bekam einen Schreck, fuhr aber trotzdem weiter. Es war Damian Wayne. Wieso war er nicht auf der Party? Sollte er nicht bei Kimberly sein? Keine Ahnung wie lange der schon synchron mit mir fuhr. Er machte mir einfach alles nach und schaute aufmerksam auf meine Füße. Als er mich dann anschaute, kam ich zum Stoppen und wäre dabei fast hingefallen. Ich balancierte mein Gleichgewicht noch schnell aus und zog die Schnüre meiner Kapuze straff zusammen.

„Ich hatte gehofft dich wieder zu sehen", sagte er rau. „Wo warst du?"

„Da wo du nicht warst", antwortete ich und erschrak eine Sekunde danach. Ich wollte das nicht laut aussprechen. Das waren nur meine Gedanken gewesen. Ich Idiotin!

„Sie kann also doch sprechen und ist  dabei noch ganz schön taff", murmelte er und sah mich forschend an.

Th, ich war wohl eher das Gegenteil davon. Wenn er nur wüsste.

„Wie heißt du?", fragte er.

„Brauchst du nicht zu wissen", entschied ich. Vielleicht wäre es wirklich besser die knallharte zu spielen, anstatt mich wie sonst immer zu verstecken, denn dann würde der Typ mich nur noch mehr bedrängen.

„Hm", machte er und verschränkte seine Arme.

Och, das arme Ding! Hatte ich etwa an seinem Ego gekratzt?

„Ich habe dich gesucht - "

„ - Vielleicht will ich nicht gefunden werden", schnitt ich ihm das Wort ab. Ich wollte, dass Damian so schnell wie möglich verschwand. Mit meinem Skateboard unter dem Arm fühlte ich mich wenigstens ein bisschen selbstbewusster als in der Highschool. Außerdem würde er sowie nie erfahren, wer ich war.

Zum ersten Mal sah ich Damian Wayne's Gesicht so etwas wie ein Grinsen. Wenn auch nur der leichte Ansatz davon.

„Könntest du vielleicht deine Kapuze abnehmen? Ich seh gerade mal die Hälfte von deinem Gesicht."

Das griff mich wiederum an und ich schwieg wieder. Mein Magen verengte sich und wich einen Schritt zurück.

„Du bist ganz schön scheu, hm?"

„Kannst du bitte aufhören, mich zu beobachten und mir zu folgen?", fragte ich schüchtern und schluckte. Ich konnte ihm nicht mehr in die Augen sehen.

„Nur wenn du mir ein paar von deinen Tricks beibringst", erpresste er mich.

Der hatte ja Nerven. Das war das letzte, was ich jetzt tun wollte.

„Ich - nein, tut mir leid", stotterte ich und drehte mich um.

„Hey, du hast dein Handy vergessen!", rief er mir hinterher und kam zu mir gejoggt.

Verdammt! Gepeinigt drehte ich mich um. Ich hatte es also fallen lassen und es echt nicht bemerkt? Was warst du bloß für ein Trottel, Grace?

„Tupac also", erhaschte er einen Blick auf mein Display. „Du stehst auf Rap?"

Ich nickte und nahm es ihm aus der Hand.

„Cool", meinte er. „Hätte ich nicht gedacht."

„Was dachtest du denn?" Verdammt Grace, kannst du nicht deine verfickte Fresse halten?! Was war denn heute mit dir los?

„Na ja, jemand so schüchternes wie du - ich - " Er stoppte, überlegte kurz und sah mich dan schmunzelnd an. „Dir ist klar, dass ich dir jetzt ganz einfach zu dir nach Hause folgen könnte, wenn du mir nicht ein paar Tricks beibringst."

Ich schluckte und bekam eine Gänsehaut. Ich hasste ihn. Warum tat er das und warum zur Hölle war ich die ganze Zeit so verschreckt?

"Bitte", sagte er und ich hätte nicht gedacht, dass dieses Wort in seinem Wortschatz existierte.

"Ich hab ja wohl keine andere Wahl", gab ich widerwillig von mir, stieg auf mein Skateboard, stieß mich vom Boden und machte einen Sprung, den Damian sofort versuchte nachzumachen.

Ich hatte keine Ahnung was ich davon halten sollte und wie ich überhaupt in diese Lage geraten war. Alles, auf was ich aufpassen musste, war, dass er nicht erfuhr, dass ich Grace Morris der schüchterne Außenseiter war.

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Ich hoffe, euch hat dieses Kapitel gefallen. Ich wünsche euch noch einen schönen Tag :)

katherine_fields

Just The Way You AreWo Geschichten leben. Entdecke jetzt