Ich atmete erleichtert aus. Amber drückte mich noch einmal hart gegen die Wand, dann ließ sie von mir ab und ging zum Spiegel. Sie machte sich ihren Dutt auf und warf ihre welligen roten Haare über ihren Rücken. Dann lehnte sie sich gegen das Waschbecken und holte einen schon gedrehten Joint aus ihrer Jackentasche. Sie kramte noch ein Feuerzeug raus und sah verwundert zu mir auf. „Wieso bist du noch hier? Na los, raus hier!"

Das ließ ich mir nicht zwei Mal sagen. Schnell schnappte ich mir meinen Rucksack und stürmte aus der Mädchentoilette. Draußen auf dem belebten Flur kamen mir die Tränen. Ich spürte das anstauende Wasser in meinen Augen und ich wüsste nicht, wie lange ich das noch unterdrücken könnte. Schließlich stürmte ich einfach aus der Young, ohne das jemand mitbekam, wie ich mitten in der Pause das Schulgelände verließ. Dann rannte ich unter Tränen nach Hause.

~~~~~~~~~~

Am späten Nachmittag klingelte es. Das musste Joe sein. In der Zwischenzeit hatte ich mich wieder etwas beruhigt. Jetzt war ich meinem besten Freund wohl eine Antwort schuldig. Er und Serena hatten mich fünfmal angerufen, doch ich war nie rangegangen.

Ich öffnete ihm langsam die Türe und zwang mir ein Lächeln auf die Lippen, damit er nicht bemerkte, was los war. Er fand es trotzdem heraus und fragte besorgt: „Gracie, was ist passier? Ich hab mir Sorgen um dich gemacht."

„Tut mir leid", murmelte ich und bekam sofort ein schlechtes Gewissen. Ich wusste, dass Joe immer auf mich aufpassen wollte. Manchmal war er wirklich zu süß und überfürsorglich.

„Du warst einfach weg! Du kannst doch nicht immer einfach weglaufen! Das bist du doch schon gestern!", warf er mir vor und kam rein.

Ich machte die Türe zu und schaute zu Boden, als er sich vor mich hinstellte. „Bemerkt doch sowieso niemand", sagte ich leise.

„Ich schon", widersprach er kalt. Joe seufzte. „Sag schon. Wegen wem bist du heute wieder weggerannt? War es wieder Amber Sullivan?"

Ich biss mir auf die Unterlippe.

Nach einer Sekunde wusste er, dass er richtig lag. „Man, Gracie!"

Ich seufzte. „Ich weiß ja auch nicht warum ich so bin, wie ich bin."

„Du hast null Selbstbewusstsein oder Vertrauen in dir selbst!"

Seine Worte verletzten mich. „Stimmt doch gar nicht", murmelte ich und verschränkte beleidigt meine Arme. In meinem Inneren wusste ich aber, dass er recht hatte, ich wollte es nur nicht wirklich einsehen.

Joe seufzte. „Ich kann das hier echt nicht mehr länger mitansehen."

„Dann geh doch!", schrie ich ihn plötzlich an und erschrak selbst davor, dass ich meinen besten Freund so angeschrien hatte.

„Weißt du was? - Das werd ich jetzt auch machen", sagte er, nahm seinen Rucksack und lief zur Türe. „Und sieh mal wie ich das kann." Er trat aus der Türe und knallte diese so laut zu, sodass das Bild neben der Wand fast runtergefallen wäre.

Ich machte meinen Mund auf, aber es kam kein Ton heraus und als ich ihm hinterherrennen wollte, ließen es meine Füße nicht zu. Meine Beine fühlten sich wie aus Beton an. Na toll, jetzt war ich auch noch mit meinem besten Freund zerstritten. Ich fühlte mich schrecklich. Joe und ich stritten uns fast nie. Ich musste sofort Serena anrufen. Diese nahm sofort ab. „Was gibt's?"

Ich räusperte mich. „Ähm - könntest du Joe nachher beruhigen, wenn er bei dir Dampf ablässt?"

„Warum? Ist was passiert?", fragte sie.

„Na ja, also wir - wir hatten eine kleine Meinungsverschiedenheit", erklärte ich.

„Aha", machte sie. Serena wusste ganz genau, dass da etwas faul war, aber sie hakte nicht nach.

Im Hintergrund hörte ich Travis Scott laufen und ein paar Jungs, die mitrappten. „Bist du mit der Schulband?", fragte ich, obwohl das offensichtlich war.

„Ja, wir machen gerade eine kleine Pause", antwortete sie. „Komm doch vorbei und chill mit uns", schlug Serena vor.

„Nein", antwortete ich abrupt. „Schon okay." Ich würde da doch sowieso nur wie eine Dumme in der Ecke rumsitzen. Ich passte einfach nicht in so eine Gruppe, da war ich nämlich immer der Außenseiter. Ich fragte mich oft, ob ich überhaupt irgendwo dazugehörte und meine Antwort darauf war immer nein, weil es die Realität war. Ich wusste nie wie ich mich in einer Gruppe verhalten sollte. Entweder bekam ich kein Wort heraus oder war total peinlich. „Müsste Joe nicht auch bei euch sein?" Joe war der Pianist der YoungBand.

„Nein, er meinte, er hat was wichtigeres zu erledigen."

Oh Gott, das war doch wohl nicht meinetwegen, weil er sich Zeit genommen hatte, um mit mir zu lernen. Jetzt fühlte ich mich noch beschissener wie vorher. Plötzlich lachte Serena wegen irgendwas was jemand gesagt hatte und sie rief in ihr Handy: „Sorry Grace, ich muss auflegen. Wir sehen uns morgen."

Ja klar, geh du nur zu deinen Freunden und hab Spaß, während ich hier alleine vergammelte. Aber gut, ich durfte mich nicht beschweren. Ich wollte es so - oder? Oh Gott, in letzter Zeit war ich mir wegen allem unsicher.

~~~~~~~~~~

Wer kennt es nicht, dass man manchmal gar nicht weiß was man eigentlich will?

Schreibt mir gerne euren ersten Eindruck zu Kimberly und Amber in die Kommentare :)

katherine_fields

Just The Way You AreWo Geschichten leben. Entdecke jetzt