„Okay." Sie drehte sich um und redete mit Ava und Meghan, zwei ihrer Freundinnen. Ich hatte nichts gegen die zwei, aber ich glaube, ich war ihnen zu langweilig. Sie sprachen nur mit mir, wenn Serena dabei war.

Bis der Lehrer kam, starrte ich ein Loch auf mein kariertes Blockblatt, bis sie irgendwann verschwammen und mir die Augen zufielen. Eine Sekunde später schüttelte ich mich und gähnte schon wieder. Ich war wirklich verdammt müde. Hoffentlich würde ich den Unterricht überstehen.

Kurze Zeit später erschien dann auch schon Mr Mitchell, unser Chemielehrer. Er war einer dieser Art Lehrer, die sich extrem aufbauschten und wohl irgendwelche Störungen hatten. Mr Mitchell schrie, anstatt in einem normalen Tonfall zu sprechen. Der hatte ein unglaubliches Volumen in seiner Stimme, was manchmal echt beängstigend war. Seine Augenbrauen waren ziemlich dicht an seinen Augen und wenn man bei ihm auch nur ein unangebrachtes Wort sagte, wurde man sofort vor die Türe geschickt. Das, was er war, konnte man nicht als streng, sondern schon fast als militärisch bezeichnen.

Er erklärte uns irgendwas über den Aufbau eines Atoms. Ich verstand allerdings nur Bahnhof und spürte, wie meine Augenlieder immer schwerer wurden. Schließlich fiel mein Kopf auf den Tisch und das konnte jeder hören, weil es so still war und man nur Mr Mitchell's Stimme hörte. Ich bekam davon allerdings nichts mehr mit. Ich war schon weg, bis plötzlich jemand seine flache Hand auf meinen Tisch schlug. Ich erschrak und schreckte hoch. Sofort drehten sich alle um und ich hörte ein paar Schüler kichern. Ich lief rot an. Mr Mitchell stand mit einem bedrohlichen Blick vor mir. „Wie war dein Name nochmal?"

Ich hatte diesen Lehrer jetzt schon seit Jahren, aber konnte es verstehen - ich meldete mich nie. Wahrscheinlich hatte er mich noch nie wirklich bemerkt. „Grace Morris", antwortete ich mit zitternder Stimme und hörte wie viele anfingen zu tuscheln. Mir lief ein kalter Schauer über den Rücken. Genau das waren die Szenarios, vor denen ich immer Angst hatte.

„Mhm", murmelte Mr Mitchell und sah mich prüfend an. „Dann erklär mir doch mal was ein Atomkern ist." Er richtete sich auf und verschränkte seine Arme. Dominant sah er auf mich hinab.

Ich schluckte und schwieg. Ich bekam keinen Ton von mir raus. Warum brachte ich nicht mal ein „Ich weiß es nicht." oder „Ich kenne die Antwort nicht." heraus?

„Dieses Mädchen kann nicht sprechen", rief Amber Sullivan, die Schulschlampe eine Reihe vor mir.

Ihre Worte beförderten einen Stich in mein Herz und ich bekam Gänsehaut. Dieser abwertende Blick von ihr ließ mich klein fühlen.

„Da geb ich dir recht, Amber", sagte unser Chemielehrer, sah mich kopfschüttelnd an und begab sich wieder zur Tafel.

„Die ist so komisch", flüsterte einen Freundin von Amber ihr ins Ohr und kicherte dabei.

„Die hat voll den Stock im Arsch", wisperte Amber und gluckste auf.

Es sollte mir nichts ausmachen, es sollte mir egal sein, aber das war es nicht und dafür hasste ich mich.

~~~~~~~~~~

In der Pause kaute ich schweigend meinen Bagel. Vorher im Flur hatte ich mich ständig ängstlich nach Amber und ihrer Freundin umgeschaut. Serena hatte vorher versucht mich zu beruhigen, aber das brachte rein gar nichts. Wegen Amber und der anderen Tussi war ich nur noch unsicherer. War ich wirklich komisch und wirkte so, als häte ich einen Stock im Arsch? Weil ich verkrampft war?

Gut gelaunt wie immer setzte sich Joe zu uns. Er hatte seine selbstgeschmierten Brote dabei und Ice Tea. Serena trank einen Schluck davon und als Joe's Blick zu mir wanderte, sah er mich verwirrt an. „Alles okay?"

Warum kannte er mich nur so gut? Manchmal nervte das wirklich.

„Nur weil sie in Chemie kein Wort rausbekommen hat und Amber über sie gelästert hat, macht sie sich tausende Gedanken und übertreibt wieder total", klärte Serena Joe auf.

Joe stöhnte. „Nicht schon wieder, Gracie. Ich hab dir doch schon tausendmal gesagt, dass dir das egal sein soll. Steiger dich da doch nicht rein. Scheiß darauf, was andere über dich sagen!"

„Man, so leicht ist das nicht, okay?", giftete ich ihn an. „Für euch mag das leicht sein, aber für mich eben nicht. Ich kann so was nicht einfach wegstecken." Ich stand ruckartig auf und sagte: „Ich geh nach Hause. Ich hab Bauchschmerzen."

„Hey, benutz das doch nicht wieder als Ausrede! Als ob du jetzt nur wegen Amber - "

„ - Ja, genau deswegen!", rief ich über meine Schulter, bevor Serena ihren Satz beenden konnte.

Okay, vielleicht übertrieb ich wirklich ein bisschen, aber ich hatte wirklich keine Lust, Amber oder der anderen Schlampe nochmal über den Weg zu laufen. Hoffentlich hatten die zwei mich morgen schon wieder vergessen. Irgendwann musste ich mich wohl damit abfinden, was für ein Feigling ich war.

~~~~~~~~~~

Hier ist das zweite Kapitel. Wie hat euch das Kapitel gefallen? Schreibt gerne eure Meinungen und Verbesserungsvorschläge in die Kommentare :)

katherine_fields

Just The Way You AreWhere stories live. Discover now