Kapitel 4 - Entschuldigung

1.6K 63 1
                                    

„Na, schon gepackt?", fragte Kira scheinheilig, als sie in meiner Zimmertür auftauchte. Mein Zimmer, wenn man es denn so nennen konnte, war ein Raum ohne Fenster, in dem sich nichts weiter als eine Stehlampe, eine alte Matratze, drei weitere schwarze T-Shirts und ein Buch mit dem Namen "Kampf um Rasakien - Das Erwachen der Elemente" befanden. Knurrend stopfte ich das Buch in meine Tasche und schulterte diese. Ich hatte im Moment eindeutig zu schlechte Laune, um mich mit Kira zu beschäftigen. Diese schien das nicht zu kümmern. Fröhlich grinsend stellte sie sich mir in den Weg.
„Wo willst du denn hin? Der Ball ist doch erst heute Abend. Schade, dass Jack mich nicht begleiten kann." Das "mich" zog die überschminkte Vampirin extra in die Länge. Wenn sie gewusst hätte, dass ihr Geliebter nur nicht mitkam, um Klaus nicht zu begegnen, hätte sie sicher anders geredet.
„Wir treffen uns da", erklärte ich ihr nüchtern, ehe ich mich an ihr vorbei quetschte und aus dem Haus rannte. Zum Glück war diese Vampirin nicht einmal ansatzweise so schnell wie ich.
Wie erwartet wartete draußen Jack auf mich. Mit geschlossenen Augen lehnte er an der Hauswand.
„Ich wünschte mir, ich könnte dich begleiten." Ein Grinsen schlich sich in mein Gesicht. In ihm steckte also doch noch etwas von meinem alten Freund.
„Das wäre zu gefährlich, das weißt du."
„Warum haust du nicht einfach ab?" Verwirrt blickte ich Jack an. Auf diese Frage war ich nicht vorbereitet gewesen. „Ich meine, du könntest jetzt sofort abhauen und das alles hinter dir lassen. Ich würde es dir nicht übel nehmen, denn ich könnte es verstehen."
„Du weißt, dass das nicht geht. So sehr ich Eric auf verabscheue, er bietet mir Schutz und du weißt, dass ich ihn brauche." Jack seufzte.
„Wenn du jetzt nach Mystic Falls gehst, musst du dich ihnen allen stellen. Sie können dich auch schützen."
„Das will ich aber nicht." Hatte Jack etwa alles vergessen, was geschehen war? „Ich werde mich niemals mehr auf einen von ihnen verlassen."
„Aber auf Eric schon?"
„Ich vertraue ihm nicht. Das habe ich noch nie getan. Aber ich.. Ach, lassen wir das. Ich werde jetzt gehen."
„Und dich ihnen stellen?"
„Ich tue das, was ich tun muss." Mit diesen Worten rannte ich davon. Jack verstand mich nicht. Das hatte er noch nie getan.
Ich stoppte erst, als Mystic Falls in Sichtweite kam. Obwohl ich wusste, wo Jeremy wohnte, nahm ich einen Weg, der mich viel mehr Zeit kostete, doch auf diesem Weg konnte ich besser im Verborgenen bleiben. Als sein Haus endlich in Sichtweite kam, hörte ich auch schon Jers Stimme und die seiner Schwester.
„Und du weißt wirklich nicht, wo sie ist?“, fragte Elena. Man hätte fast meinen können, sie wäre verzweifelt. „Damon und Stefan konnten es gar nicht glauben und haben sich sofort auf die Suche nach ihr begeben. Wieso hast du denn nichts gesagt?“
„Sie will nicht gefunden werden“, erklärte Jer nüchtern. Ich wusste doch, dass er mich nicht verraten würde.
„Und was ist mit einer Handynummer oder so? Ich meine... sie sind ihre Brüder.“
„Die beiden sollten sich lieber um deine Gebundenheit an Damon kümmern anstatt eine Schwester zu suchen, die nichts mit ihnen zu tun haben will.“ Elena seufzte.
„Sie haben keine Idee mehr und außerdem ist das viel wichtiger. Ich liebe Damon wirklich. Mit oder ohne diesen Bund.“ In diesem Moment klingelte Elenas Handy.
„Ich muss los.“ Kaum dass sie das gesagt hatte, stand sie auch schon vor dem Haus. Sie tat mir leid. Natürlich glaubte sie, Damon zu lieben, doch wie stark diese Liebe war, konnte sie nicht herausfinden, solange dieser Bund sie gefangen hielt. Ich konnte ein Seufzen nicht unterdrücken, doch ich bereute es auch sofort wieder, denn Elenas Kopf fuhr ruckartig herum und unsere Blicke trafen sich. So blitzschnell wie Elena ihr Handy in der Hand hatte, so schnell hatte ich es auch schon auf dem Boden zertreten.
„Warum bist du weggelaufen?“, fragte sie mich sofort, „Damon sucht nach dir.“ Ich atmete tief ein, um die richtigen Worte zu finden, doch das tat ich nicht.
„Ich will nur mit Jeremy reden.“ Es würde nichts bringen. Wenn Damon Elena gesagt hatte, dass er mich finden wollte, würde sie mich verraten.
„Ich bitte dich, Damon nichts zu sagen. Zumindest erstmal. Ich...“ Diese Worte fielen mir schwerer, als ich es zeigen wollte. „Ich.. werde nachher zu ihnen kommen.“ Elena nickte, ehe sie verschwand. Ich wusste, dass sie meinen Brüdern trotzdem sagen würde, dass ich hier war, doch damit würde ich mich dann beschäftigen. Langsam schritt ich auf das Haus zu. Es war schön. Wenn ich solche Häuser sah, wünschte ich mir oft, auch in einem solchen leben zu können anstatt in dem Loch, in dem ich jetzt hauste. Als ich an der Türschwelle ankam, blieb ich stehen. Mein Körper bewegte sich keinen Millimeter mehr weiter. Das war wohl das Nervigste am Vampirdasein.
„Was willst du hier?“, ertönte Jers Stimme, bevor mein bester Freund am Rande der Treppe erschien.
„Du bist sauer“, erwiderte ich seufzend, während ich mir durch die Haare fuhr. Ich konnte Jer einfach nicht alles erzählen. „Es tut mir leid.“ Jeremy verschränkte die Arme vor der Brust.
„Was tut dir leid, Sam? Ich weiß ja nicht einmal, was da gestern passiert ist. Woher kennst du Klaus?“ Ich atmete tief ein. Wenn ich Jeremy nicht verlieren wollte, musste ich jetzt etwas sagen.
„Ich habe ihn vor vielen Jahren kennengelernt und es gibt noch einige unausgesprochene Dinge zwischen ihm und mir.“
„Ihr wart ein Paar?“ Jeremys Neugierde war geweckt.
„So etwas in der Art“, gab ich leise zu, „Doch das ist schon so lange her und ich wusste einfach nicht, dass er hier ist. Es war so … überraschend.“ Nun war es Jeremy, der seufzte.
„Komm rein, dann unterhalten wir uns drinnen bei einer heißen Schokolade.“ Grinsend fiel ich meinem besten Freund um den Hals. Dieser fing an, laut zu lachen, ehe er mich von sich schob und in der Küche verschwand. Minuten später saßen wir auf der Couch und genossen den Duft des heißen Getränkes, der durch den Raum zog. Grinsend betrachtete ich meine Tasse. Sie war schwarz und mit dicken, roten Buchstaben stand „LLL - Langschläfer leben länger“ darauf. Wenn das doch nur wahr gewesen wäre...
„Also … du und Klaus, ja?“, fragte Jeremy mit ernster Miene, „Du weißt, wie grausam er ist und wie viele Wesen er getötet hat?“ Ich gab meinem besten Freund keine Antwort und er erzwang sie nicht, denn er schien zu merken, wie schwer es mir fiel, ihm überhaupt etwas zu erzählen.
„Ich lebe in einer Art … >Familie<.“
„Was?“ Jeremy schien überrascht zu sein, dass ich plötzlich davon redete, doch ich stoppte nicht. Wenn ich es getan hätte, hätte ich vielleicht nicht mehr angefangen.
„Wir sind viele Vampire. Aus unterschiedlichen Gründen ohne Heimat oder Wesen, die wir lieben. Wir beschützen uns und versuchen, Gefahr von uns abzuwenden. Einer von ihnen ist unser Anführer und er war ziemlich sauer darüber, dass ich … hier war. Und dass ich mich mit einem Urvampir angelegt habe.“
„Hat er dir was getan?“ Es war schon süß, dass sich ein Vampirjäger Sorgen um einen Vampir machte.
„Nicht mehr als sonst“, gab ich kleinlaut zu, „Aber ich bin hart im Nehmen. Auf jeden Fall soll ich heute Abend zu irgendeinem Ball gehen, um mich bei Klaus zu entschuldigen und um eine Art Friedensvertrag auszuhandeln, damit die Urvampire der >Familie< nichts tun.“
„Es sah nicht so aus, als ob Klaus dir etwas tun wollte.“ Ich nickte. Die Angst, den Urvampir zu treffen, hatte nichts damit zu tun, dass er mich vielleicht töten würde. Manchmal dachte ich sogar, dass der Tod eine Erlösung wäre.
„Du weißt, dass Elena Damon und Stefan sagen wird, dass du hier bist?“ Wieder nickte ich nur.
„Und du weißt, dass sie in wenigen Minuten hier sein werden?“ Mit einem Lächeln stellte ich mich neben Jeremy ans Fenster.
„Ihr Auto ist gerade vorgefahren“, erklärte ich leise. Schon oft hatte ich mir ausgemalt, wie es wohl sein würde, wenn ich meine Brüder doch zufällig traf. In einem Club in New Mexico, bei einem Straßenfest in Rio oder am Strand von Hawaii, doch das hier war ein Gefühl, dass ich nicht beschreiben konnte. Früher waren wir drei unzertrennlich gewesen. Besonders Damon und ich, während wir die Hausmädchen mit Wasser bespritzen oder stundenlang durch den Wald rannten. Doch als ich sie wirklich gebraucht hatte, hatten sie an nichts weiter, als an sich selbst gedacht und mich meinem Schicksal überlassen. Ich brauchte diese zwei nicht mehr in meinem Leben und doch wurde ich immer nervöser, als die schnellen Schritte ertönten und die Tür unsanft aufgerissen wurde.

Never forget the past... (VampireDiaries - FF)حيث تعيش القصص. اكتشف الآن