K01 | Joshua

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-Kennedy-

»Ich schwöre dir, sie hat mir ihre Möpse gezeigt, ohne dass ich viel tun musste, Josh.« Joshua schaut mich grinsend im Spiegel an, während er sich rasiert.
»Pass nur auf, dass euch ihr Bruder nicht erwischt. Er passt besser auf seine Schwester auf, als ein Schießhund«, antwortet er mir und führt gleichmäßig das Rasiermesser an seinem Kinn entlang.
»Ach, der kann mich mal. Philip soll besser aufpassen, dass er es nicht mit den Frauen übertreibt. Gestern hat er, auf dem Rücksitz meines Wagens, die Kleine vom Drugstore gefing ert.«
Josh zieht eine Braue hoch und schüttelt den Kopf. »Kennedy, sei leiser, wenn Vater dich hört. Dann bekommen wir die ganze Woche Hausarrest.« Ich muss grinsen und nicke ihm wissend zu. Vater hat seine Ohren überall.
Den Weg zur Schule legen wir in Joshuas Buick zurück. Erst vor vier Wochen haben wir ihn mit Hilfe von Toni, Joshuas Freund, der in der Stadt die Werkstatt und die Tankstelle führt, wieder flott gemacht. Es macht mir Spaß an Autos herum zu schrauben und alte Motoren wieder zum Laufen zu bringen. Besonders, wenn Josh mir dabei hilft. Er jobbt an drei Tagen in der Woche und oft auch am Wochenende bei Toni, um sich das nötige Kleingeld zu verdienen, das er braucht. Joshua ist der geschickteste Schrauber, den ich kenne. Es gibt nichts, das er nicht wieder zum Laufen bringt und mir hat er alles beigebracht, was er weiß.
»Nach der Schule treffen wir uns hier. Wir fahren später zum See und heute Abend zum Rennen. Also, bis dann, Kennedy.« Josh wuschelt mir durchs Haar und geht zu seinen Freunden, die er vom Football her kennt. Lauter Muskelprotze und Proleten. Sie sind ein Jahr älter als ich und gehen in die Abschlussklasse. Noch diese Woche und endlich sind Ferien, denke ich und mache mich auf in meine Klasse. Ich bin zu spät und Mrs. Craft tadelt mich, wie so oft.
»Ach, guten Morgen, Kennedy. Schön, dass du dich zu uns gesellst. Ich hoffe, du hast ausgeschlafen, junger Mann. So langsam glaube ich, ich muss mit Caroline sprechen. So geht das ja nicht weiter. Willst du riskieren, das Jahr wiederholen zu müssen?« Ich schüttle den Kopf und schlendere locker zu meinem Sitzplatz. Jede Ausrede für ein Zuspätkommen hat sie bereits von mir gehört, also erspare ich mir die Erklärung.
Hinter mir sitzt Mrs. Crafts Tochter, Lesley, ich bemerke sie oft kaum. Ständig hängt ihre Nase in irgendeinem Buch. Klassen- und Jahrgangsbeste. Ich höre, wie sie sich räuspert und tatsächlich mal etwas sagt.
»Er sollte einen Eintrag ins Klassenbuch bekommen. Vielleicht auch einen Brief nach Hause.« Das sagt ja schon alles. Streberin vom Scheitel bis zur Sohle. Dazu kommt, dass ihr Vater Sheriff Craft ist. Dieser Typ ist wie die Pest. Seit er hier das Amt vor zwei Jahren übernommen hat, haben wir riesige Probleme, unsere Autorennen stattfinden zu lassen. Dieser Penner kennt jede Piste rings um Palm Springs. Verächtlich schnaufe ich vor mich hin, als ich mich auf meinen Stuhl fallen lasse und Lesley, der Streberin, den Rücken zu kehre.
»Blöde Pute.«

»Hey, kleiner Bruder! Na wie war dein Tag?«
Joshua versucht mich wieder an meinen, gerade frisch gestylten, Haaren zu erwischen, als er hinter mir auftaucht. Doch diesmal bin ich schneller als er und ducke mich unter seiner Hand hindurch.
»Beschissen, wie immer«, zische ich und bin froh, nun endlich mit Josh diesen Ort des Schreckens zu verlassen.
Vater ist auf einer Tagung als Pastoralreferent in einem weit entfernten Dekanat und wir können in den nächsten beiden Tagen tun und lassen, was wir wollen. Mutter ist uns gnädig und gönnt uns unsere freien Tage, an denen uns Vater mal nicht einspannt, um den Garten instand zu halten oder in der Nachbarschaft etwas an Autos oder Häusern zu reparieren.
Wir Brüder sind sowas wie Gottes Werkzeug, um den Armen von Vaters Gemeinde umsonst Heil zu bringen. Wir helfen gern, doch oft ist es in der ungünstigsten Zeit. Zeit, in der wir lieber an unseren Autos schrauben würden, als die Veranda der Hoffstatter zu reparieren. Doch Widerrede gibt es für uns nicht. Was Vater sagt, muss getan werden, so ist das schon immer bei uns gewesen. Doch heute war er nicht da. Er kommt erst morgen Abend zurück und das nutzen wir natürlich aus, um heute Abend das Rennen zu starten. Josh gegen diesen eingebildeten Arsch, Brian Cooper. Den An-führer unserer Widersacher, den The Baangers.
»Ich bin heute Abend bei Claire, ich hoffe ihr fresst nichts aus, sonst setzt es was. Vater hat mir das Kommando gegeben und denkt nicht, ihr könnt mir auf der Nase herumtanzen.« Jesse zieht sein weißes Hemd an, das an der Tür hängt und kämmt seinen Ducktail in Form. Er hat Mutters schwarzes Haar geerbt, nicht so wie wir, die Vaters grüne Augen und dunkelbraune Haare abbekommen haben. Er ist einundzwanzig und der Älteste von uns Dreien. Josh ist neunzehn und ich bin achtzehn, somit der Jüngste.
»Wir sind brav und gehen heute früh zu Bett«, antwortet Josh ihm und grinst mich hinter Jesses Rücken an. Ich zwinkere und lache in mich hinein. Heute würden wir ganz sicher nicht früh zu Bett gehen.
»Ich verlasse mich auf euch. Mutter ist noch bei den Nachbarn, sie hilft dort mit dem Baby. Stellt nichts an, ihr zwei Blödhammel!« Endlich steigt Jesse auf sein Motorrad und haut ab. Er hat ein Date mit seiner Verlobten, Claire. Die beiden haben vor, kommendes Jahr zu heiraten, sobald Jesse Heimaturlaub bekommt. Er ist Lazaretthelfer an der Front in Vietnam und hat in seinem jungen Leben schon einiges an schlimmen Dingen gesehen. Vater ist stolz auf ihn und seine humanitäre Gesinnung.
»Lass uns abhauen. Zuerst zum See. Dort treffen wir die Anderen.« Joshua schnappt sich seine Badetasche und verschwindet in der Auffahrt, in der unser Wagen steht. Ein schwarzer Buick Riviera. Viele Stunden des Schraubens sind drauf gegangen, um dieses Baby wieder flottzumachen. Doch es hat sich allemal gelohnt. Er startet unser Baby und ich springe auf den Beifahrersitz.
»Zurück fahre ich den Wagen!«, protestiere ich lautstark. Josh lacht mich aus.
»Kannst du gerne machen. Ich habe vor, heute Shelsey nach Hause zu fahren, nach meinem glorreichen Sieg gegen den Wichser Cooper. Du darfst dann zurückfahren, während ich auf dem Rücksitz Shelsey ein wenig fingere.« Josh lacht laut und ich stimme mit ein. Er ist der Beste. Er kam bis jetzt bei jedem Mädchen unter den Rock und das bewundere ich an ihm.

Der Tag am See ist lustig. Philip, Buddy und Tristan sind da, sie machen Stimmung. Tristan sitzt am Lagerfeuer und singt Elvis Songs. Die Mädchen umringen ihn förmlich. Nur zu schade, dass er nicht sonderlich auf Frauen zu stehen scheint. Was uns schon oft aufgefallen ist. Er hatte mal was mit der kleinen Sue aus dem Diner, aber mehr als Küssen lief da nicht. Er ist verdammt gutaussehend, mit seiner Elvis Locke und dem smarten Gesichtsausdruck. Den schwarzen Haaren und blauen Augen. Verdammt, was denk ich hier überhaupt?! Ich stehe von der Decke auf und geselle mich zu den anderen ins Wasser. Gwendolyn kommt mir nach und spritzt mich nass.
»Na warte, du!« Ich springe ihr entgegen und ziehe sie unter Wasser. Heute will ich noch einmal an ihre Möpse ran, das steht fest.
»Du! Lass mich los!«
Ich halte Gwen von hinten fest umschlungen. »Ganz sicher nicht. Erst will ich einen Kuss.« Ich küsse ihren Nacken und sie tritt wild um sich.
»Kennedy Thompson, ich werde schreien!«
Sie blufft. In Wahrheit will sie es. Ihre Hand legt sich unter Wasser bereits auf meinen kleinen Freund und ich zucke zusammen. Sie macht mich wahnsinnig mit diesen Dingen. Es wird nicht mehr lange dauern und ich kann meinen Prügel in sie reinstecken. Sie ist fast so weit. Mein Blick sucht nach Philip, ihrem Bruder. Er albert mit den Mädchen am Seeufer herum. »Niemand sieht her, Gwenny, komm, lass mich dich küssen. Nur ein Kuss ... ein kleiner, unbedeutender Kuss«, quengle ich gespielt. Und tatsächlich dreht sie sich zu mir um, ihr Mund legt sich auf meine Lippen.
»Du wirst mich noch oft anflehen müssen, Kenny, um zu bekommen, was du willst«, prophezeit sie mir und lässt sich nach hinten ins Wasser fallen. Ich und sie anflehen? Als ob sie es nicht auch unbedingt will!

»Kennedy? Wo steckst du?« Joshua ruft mich und ich verschließe den Reißverschluss meiner Jeans. »Ich komme, ich ziehe mich nur noch fertig an!«, schreie ich und schlüpfe in mein weißes T-Shirt. Während ich zum Wagen laufe, kämme ich mir mein, noch feuchtes, Haar nach hinten. Es beginnt bereits, sich zu wellen und ich weiß, in zehn Minuten werde ich aussehen wie ein Waschbär.
»Verdammt, wo bleibst du? Es wird Zeit ... sonst zählen die ohne uns an!« Joshua ist seine Aufregung nicht weiter anzumerken. Er ist siegessicher, sein Selbstvertrauen ist dem Meinen gleich. Nichts kann es erschüttern. »Und, hat Gwen dich an ihr Döschen gelassen?«, scherzt er, während er in Richtung Piste fährt.
»Halt die Klappe! Ich komme schon an ihr Döschen, nur keine Angst. Kümmere du dich lieber um Shelseys Dose.« Ich zeige ihm den Mittelfinger und lache laut. Es wird dunkel und wir fahren zusammen dem Sonnenuntergang entgegen.

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