Was sich eine Insel wünscht Part 10

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„Eddie hat etwas in die Ohren bekommen. Er ist neueifrig geworden."

„Ah, er dachte also an ein kleines makaberes Abenteuer – 'Zeige ich meiner neuen Frau einmal eine Guillotine' oder so ähnlich."

„Ich verstehe nicht ..."

„Ich denke, er wollte ihnen imponieren ..."

Darunter konnte sie sich wohl nichts vorstellen.

Als ich zwei Fische über dem Feuer brutzeln ließ, setzte ich mich neben sie und goss uns zwei kleine Becher Whisky ein.

„Nachts ist es kalt. Dies hier hilft gegen das Frieren. Trinken sie einen kleinen Schluck."

„Das ist Whisky, ja?"

Ich nickte. Sie nippte an dem Becher.

„Schmeckt inversiv."

Anscheinend meinte sie intensiv, aber ich verbesserte sie nicht.

„Lydia, auch wenn es ihnen schwer fällt, versuchen sie trotzdem, mir einige Fragen zu beantworten."

„Was ich weiß, sage ich gerne laut."

„Was ist mit dem Körper ihres Mannes geschehen? Haben sie ihn vergraben?"

„Oh nein, damals war ich noch zu schwach dafür. Jetzt könnte ich es. Ich bin sehr stark geworden. Sehr stark."

„Also haben sie ihn einfach liegen lassen? Sein Körper lag doch noch auf der Bascule."

„Die Insel hat den Körper verschlungen."

Das war also ihre Umschreibung für das Verwesen. Das akzeptierte ich und stocherte nicht länger darin herum.

„Lydia, wenn sie sich kräftig genug fühlen, fahren wir morgen mit meinem Boot nach Vitu, dort kommen sie zunächst einmal zu einem Arzt, der sie untersuchen wird. Und anschließend bringe ich sie zurück nach England."

„Warum wollen sie das tun?"

„Sie müssen doch wieder in ihr altes Leben zurück, in die Zivilisation. Ihre und Edwards Familie haben mir viel Geld dafür bezahlt, um sie zu finden."

„Ist das ihre Progressionsroutine?"

Ich überlegte schnell, was sie damit meinte. Ersetzt man Progression durch Profession, konnte man die Frage so verstehen, dass sie wissen wollte, ob es mein Beruf war, Leute zu finden.

„Sie liegen richtig, Lydia. Ich bin Detektiv, aber es kommt nicht so oft vor, dass ich ans Ende der Welt verschlagen werde."

„Was meinen sie mit Ende der Welt? Dies ist nicht das Ende der Welt! So ein Dummsinn! Dies ist meine Heimat!"

„Lydia, dies ist nicht ihre Heimat. Sie gehören nicht hierher, Ist ihnen das nicht klar?"

Lydia runzelte die Stirn und trank einen Schluck Whisky. Ich schenkte ihr nach und hielt mich selbst mit dem Trinken zurück. Hier beim Lagerfeuer am Strand wirkte sie beinah attraktiv, und ich wusste, wenn ich erstmal betrunken war, konnte sonst was passieren. Aber ich war nicht als Verführer hier.


Was sich eine Insel wünschtWhere stories live. Discover now