dreiundzwanzig 🌱

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Als ich am nächsten Morgen aufwachte, wollte ich gleich wieder einschlafen.
Meine Knochen fühlten sich schwer an, meine Gelenke müde, ich hatte nicht einmal die Kraft dazu mich ein weiteres Mal umzudrehen und die Snooze-Taste zu drücken.

Ich schloss die Augen erneut, obwohl ich innerlich nahezu ausrastete bei dem Alarmton, den ich mir gesetzt hatte.

Er vermittelte mir nur eines: s t r e s s

Er schrie mich an, machte mich fertig und brachte mein Herz vor Anstrengung beinahe zum kollabieren. Das war doch nicht normal..
Kein Wecker mehr, ich würde nur immer wieder negativ in den Tag starten, das konnte ich mir ruhig sparen.

Gehetzt wusch ich mein Gesicht, putzte die Zähne und versuchte meine Haare zu bändigen, bereits in dem Wissen, dass ich nun wohl kaum noch Zeit für ein Frühstück hatte.

Doch bevor ich mich noch länger an der Frage aufhielt, ob ich nun etwas mitnehmen sollte oder nicht, hatte sich mein Körper bereits die Tasche auf die Schulter genommen und das Haus verlassen.

Schlurfend und stolpernd machte ich mich auf den Weg zur Bahnhaltestelle, Fahhrad könnte ich in diesem Zustand nicht fahren, das würde zu lange dauern, mich zu sehr anstrengen - ach das waren doch einfach nur Ausreden, die ich mir selbst vorspielte, bis ich sie selbst glaubte.

Ach, was war ich nicht für ein hervorragender Schauspieler..

Die Kälte kroch unter mein Hemd, obwohl es bereits sommerlich warm sein sollte und verbreitete die Gänsehaut wie eine ätzende Krankheit auf mir.
Mein Herz schlug mir bis zum Hals, als ich nur auf den Bahnsteig rannte, um den einfahrenden Zug noch zu bekommen.

Es waren viele Plätze frei, aber nicht einen von ihnen konnte ich mir erlauben.
Meine Muskeln würden verkümmern, würde ich mich setzen, die paar Minuten konnte ich auch stehen.

Minuten fühlten sich an wie Stunden und ich dachte, dass meine Knie jeden Moment brechen könnten.
Ich hatte bemerkt, dass meine Psyche mir in letzter Zeit unglaublich gerne diese übertriebene Realität vorspielen wollte, von der ich doch ganz genau wusste, dass sie eben nicht real war.

Und doch fühlte es sich jedes Mal so an.
Als würde ich gegen meinen eigenen Kopf ankämpfen.
Vielleicht war das auch irgendwo so, wahrhaben konnte ich das trotzdem nicht.

Ich stieg aus der Bahn, in gutem Wissen, dass ich rechtzeitig war und mir keine Sorgen machen musste, doch auch diesmal spielten sich Kopf und Körper gegenseitig aus.

Denn während mein Kopf mich anschrie zu laufen, für mich und meinen Körper und meine Gesundheit, wurden meine Schritte immer langsamer.
Und die Strecken wurden immer länger.
Und mein Körper wurde schwächer.

Vielleicht würde ich krank werden?
Schon wieder?

Aber das konnte doch wirklich nicht sein!
Ich lebte doch so gesund..

Wahrscheinlich..
Ja, wahrscheinlich musste ich einfach aufhören zu essen, damit keine Giftstoffe mehr in meinen Körper gelangten.

Orthorexia - 42 || ChangLix ||Where stories live. Discover now