zwei🌱

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Stolz und gleichzeitig ziemlich geschafft blickte ich auf das fertiggestellte Zimmer.
Stolz war ich aber nicht nur darauf, dass es jetzt endlich fertig war und dazu auch noch mehr als perfekt aussah, sondern auch darauf, dass ich es ganz allein so eingerichtet hatte.

Diese Art Bestätigung brauchte man manchmal einfach, um sich von seinem Elternhaus loszulösen.
Denn jetzt wusste ich sicher, dass ich auch alleine alles schaffen konnte, was ich mir vorgenommen hatte.

Es fehlte nur noch die Küche, dann war ich fertig mit dem einräumen und konnte mich endlich hinlegen, der Tag war wirklich anstrengend gewesen.

Aber die Küche, die wollte ich noch machen. Ich war schon extrem froh, dass die Küche bereits geliefert und eingebaut war, ich musste also nur noch Dosen, Boxen, Besteck und all den Kram in Schubladen und Schränke einsortieren, das sollte in weniger als zwei Stunden geschafft sein, immerhin hatte ich schon beim bepacken der Kisten darauf geachtet, dass die Kartons mit dem richtigen Zimmer beschriftet waren und ich dadurch gar nicht durcheinander oder ins Suchen kommen konnte.

Ich trug also die verschiedenen Umzugskartons in die Küche und stellte sie, mal vor und mal auf den Tisch, den mein Vater mir bereits aufgebaut hatte, wofür ich ihm, trotz meiner wachsenden Begeisterung dafür, Dinge selbst zu schaffen, doch ziemlich dankbar war.

Ich stand nicht so lange in der Küche wie ich zuerst vermutet hatte, denn ich hatte schon eine genaue Vorstellung davon, wie es hier aussehen sollte und dementsprechend gut hatte das Einräumen auch funktioniert.

Ich wusch meine Hände in der Spüle und setzte mich leise seufzend auf einen der Stühle.
Ich konnte jetzt schon sagen, dass ich meine Küche liebte.
Sie war mir wirklich außerordentlich gut gelungen.

Und als wäre das nicht schon zu viel des Guten, bekam ich genau in diesem Moment der absoluten Zufriedenheit eine Nachricht von meinem Vater, ein Foto.

Darauf war ein Dokument zu sehen und zwar genau das, was mich jetzt am glücklichsten gemacht hätte: und genau so glücklich war ich auch.

'Wir schicken es dir morgen per Post zu, übermorgen solltest du dann gehen können.'

Schrieb mein Vater unter das Foto, auf dem die Anmeldebestätigung für meine Lehrgänge an der Universität abgebildet war.

Ich konnte gar nicht fassen, dass mich gerade die Universität, auf die ich so unbedingt wollte, angenommen hatte.. es war eine wirklich beliebte und renommierte Uni, die bei weitem nicht jeden annahm und gerade deshalb war ich so unglaublich froh es geschafft zu haben.

Wenn man abends schlafen geht, dann denkt man oft noch einmal über den Tag nach, lässt ihn Revue passieren und fragt sich: was habe ich heute gemacht, was habe ich geschafft und geleistet?

Und wenn man weiß, man hat nichts gemacht, gar nichts, dann ist das kein gutes Gefühl, das macht einen wirklich fertig, weil man weiß, dass man es nicht einmal versucht hat.

Aber wenn man viel getan hat und geschafft hat, dann kann man auch beruhigter schlafen gehen.

Ich hatte an diesem Tag wirklich viel geschafft.
Am nächsten wollte ich noch die Wohnung zuende einrichten und mir Lebensmittel kaufen, danach würde ich schon zur Uni gehen.

Ich war mir sicher, dass die Leute dort nett sein würden.

Und ich war mir auch sicher, dass die Entscheidung aus meinem Elternhaus auszuziehen die beste meines bisherigen Lebens gewesen war.

Ich wollte einfach alles anders machen als meine Eltern, mein Leben auf die Reihe bekommen, gesund, ausgewogen und lange Leben.

So wie.. einer, der mit beiden Beinen fest im Leben steht und trotzdem nach den Sternen greift..

Orthorexia - 42 || ChangLix ||Where stories live. Discover now