Erkenntnis

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Sein Kopf dröhnte. Vor seinen Augen tanzten bunte Lichter. Von seinem Arm breitete sich eine Kälte über seinen gesamten Körper aus. Beim versuch, den Kopf zu drehen, ertönte ein lautes Knacken und weitere Schmerzen schossen aus seinem Hals durch seine Nervenbahnen bis in den hintersten Winkel seiner geschundenen Gliedmaßen. Verschwommen konnte er die Silhouette einer Person erkennen, die sich über ihn beugte. Wie aus weiter ferne hörte er leise Stimmen, doch konnte er nicht verstehen, was sie sagten. Doch die Hitze in seinem Inneren, die in den letzten Wochen immer intensiver geworden war, loderte auf. Als würde sein Körper im inneren brennen, kroch sie durch sein inneres. Obwohl es sich anfühlte, als würden sein inneres in Flammen stehen, spürte er keinen Schmerz. Im Gegenteil. Als die Hitze seinen Hals erreicht hatte, klang das kalte, taube Gefühl ab. Sein Blick klärte sich langsam. Neben ihm kniete der Soldat und begutachtete seine Verletzungen. Kell stand etwas Abseits, die Waffe schussbereit und sicherte sie ab. Wovor auch immer. Michael unternahm einen weiteren Versuch sich zu bewegen und diesmal kam er sogar ein paar Zentimeter weit, bevor ihn die Schmerzen zur Aufgabe zwangen. "Nicht Bewegen! Sie hat es ziemlich erwischt." Der Soldat schob etwas unter seinen Kopf um ihn zu stabilisieren."Ich dachte sie wären tot. Genickbruch. Doch... sie machen mir Angst. Kein Mensch hätte das überlebt. Genetisch verbessert hin oder her. Was verdammt nochmal sind sie?" Doch Michael war nicht in der Lage zu Antworten und wollte dies auch nicht. Der Soldat schüttelte nur den Kopf, während er begann, die Wunde an seinem Arm zu verarzten. Michael konnte ein leises knirschen vernehmen. Die Hitze in seinem Hals nahm zu. Er konnte spüren, wie seine Halswirbel sich verschoben. Die Schmerzen wurden schwächer. "Emely?" man konnte deutlich hören, dass es ihn viel Kraft kostete, dieses Wort zu sagen. Der Soldat schüttelte erneut den Kopf. Was hatte Michael auch erwartet. Sie war fort. Doch ein Teil seines Bewusstseins konnte sich nicht damit abfinden.

Während der Soldat sich um Michael kümmerte, bahnte sich Kell langsam einen Weg durch die Trümmer, zu Emelys Leiche. Er hatte schon viele Tote gesehen, doch von ihr war kaum mehr als ein verkohltes Skelett geblieben. Das Feuer hatte ihre Kleidung und ihr Fleisch vollständig verschlungen. Sein Blick wanderte über die Umgebung. Im Umkreis von fünf Metern war alles Verbrannt. Der Soldat kümmerte sich um Michael. Kell stieg über die Trümmer und riss die Plane von einem der umgeworfenen Container, die in der Halle verstreut lagen. Vorsichtig bedeckte er damit Emelys Leiche. Er hatte sie kaum gekannt, doch schien sie immer ehrlich und fürsorglich. Sie hatte sich um die anderen gesorgt und war schlussendlich für Michael gestorben. Aber wieso? Wie konnte man sich für jemand anderen, Wortwörtlich ins Feuer werfen? Sein Weg führte ihn weiter in Richtung des toten Drachen. Um den gewaltigen Körper hatte sich inzwischen eine nicht minder gewaltige Blutlache gebildet. Die Metallstange hatte den Schädel durchschlagen und ragte weit in das aufgerissene Maul hinein. Noch immer sprudelte Blut aus der Wunde. Kell schritt langsam rückwärts, während der dickflüssige, fast schwarze See sich immer weiter ausbreitete. Das silberne, jetzt trübe Auge des Drachen schien ihn anzustarren. Er wandte sich schnell ab. Aus der Richtung, in der Michael lag, konnte er ein Stöhnen hören. Der Silver Eye hatte sich aufgerichtet. An seinem Körper hingen noch die verbrannten und geschmolzenen Reste des Schutzanzug. Seine Haut war bedeckt von Schrammen und Brandblasen. Trotzdem, oder vielleicht auch genau deshalb strahlte er immer noch eiserne Entschlossenheit aus. Langsam erhob er sich aus den Trümmern. Der Soldat versuchte noch ihn zurück zu halten, doch gab es schnell wieder auf. Er streifte die verbrannten Reste von seinem Körper. Dann schritt er langsam in Richtung der Plane. Seine Hand griff bereits nach dem Kunststoff und hob ihn einige Zentimeter an. Doch er glitt ihm zwischen den Fingern hindurch. Er brachte nicht die Kraft auf. Die Plane sank langsam wieder zu Boden. Jetzt wirkte er nicht mehr entschlossen. Seine Hände zitterten.

"Wir sollten zur Makrell zurück..." versuchte der Soldat vorzuschlagen, doch wurde er von Michael unterbrochen: "NEIN!" Der Soldat zuckte zusammen. Michaels stimme dröhnte in seinen Ohren. Es klang ähnlich wie das Brüllen des Drachen. "Nein, NEin, NEIn, NEIN!" Die Luft um ihn herum schien zu flimmern. Wellen von Hitze gingen von seinem Körper aus. Dann sackte er auf seine Knie. Seine silbernen Augen strahlten hell. Er legte den Kopf in den Nacken und gab ein ohrenbetäubendes, schmerzerfülltes Brüllen von sich. Kell und der Soldat pressten sich die Hände auf die Ohren. Dann fiel sein Kopf nach Vorne auf seine Brust. Das leuchten seiner Augen erlosch. Die Hitze ebbte ab. Er kniete noch mehrere Minuten neben der Plane. Ganz langsam, stand er auf. "Wir gehen weiter" seine Stimme war leise und vollkommen neutral. Sie klang mehr maschinell, als menschlich. Er schaute die anderen nicht einmal an, während er sich einen Weg durch die Trümmer, in Richtung der Rückseite der Halle, bahnte. Kell und der Soldat warfen einander Blicke zu. "Ähm... Sir?" fragte der Soldat verunsichert. Keine Antwort. Als Michael fast vollständig zwischen den Betonbrocken und Containern verschwunden war folgten Kell und der Soldat ihm zögerlich. In die Wand der Halle war ein großes Tor eingelassen. Erst wollte es sich nicht öffnen, doch nach etwas suchen fand Michael ein Terminal, in das er seinen Kristall schob. Das Tor glitt auf. Dahinter lag ein Gang. Groß genug, damit sich Drachen darin bequem bewegen konnten. Die Wände des Ganges waren Transparent und erlaubten den Blick in die angrenzenden Labore. Diese waren bedeutend größer wie im Rest der Anlage und boten große Leerflächen. Es schien, als wären sie so ausgelegt worden, dass sich auch Drachen darin aufhalten konnten. Die großen Zugangstore, unterstützen diese Vermutungen noch weiter. Was auch auffiel, war die Ausstattung der Räume. Auch hier gab es Zucht- und Inkubation Tanks, Operationstische und ähnliches, dass sie bereits in anderen Bereichen der Cave gesehen hatten. Doch wirkten die Geräte irgendwie fremdartig, zum Teil fast Organisch. Freiliegende Kabel und Schläuche gab es kaum. Alles war mit einem grauen Kunststoff überzogen, der fast wie Haut aussah und sich auch so anfühlte. In einigen Laboren stießen sie auf organische... Dinge. Die Gewebeklumpen pulsierten, lebten. Und immer wieder konnten sie Ansätze von Armen, Beinen, oder sogar so etwas wie Gesichtern sehen. Was waren hier für Experimente durchgeführt worden? Gezüchtete Organe? Künstliche Menschen, Elfen und Zwerge? Klone? Aber wieso? Doch all dies schien Michael kaum zu beachten, während er zielstrebig auf ein weiteres Tor, am Ende des Ganges zusteuerte. Was würde sie hier erwarten? Michael schob seinen Kristall in das Terminal und schlug seine Hand auf die Bedienfläche. Die Oberfläche knirschte und Risse bildeten sich. Trotzdem schien es zu funktionieren und der gesprungene Bildschirm wechselte auf einen Grünton. Das Metall des Tors schien zu zerfließen und verschwand im Boden. Eindeutig Technologie der Drachen. Doch was sie jetzt erwartete, übertraf alles, was sie sich je vorstellen konnten. Was war das alles hier? Warum hatten die Drachen dies gebaut und vor allem, warum hatten sie all dies verheimlicht?

War never EndsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt