2. Seetag

11 2 5
                                    

Zweiter Seetag

„Emilia? Lebst du noch?", höre ich eine Stimme fragen, die weit weg ist.

„Hmm?", sage ich und muss husten.

Oh Gott.. Was ist das? Mein Gehirn brummt und ich öffne leicht meine Augen, nur um sie kurz danach wieder zu schließen. Das war nicht gut. Das ist definitiv ein Kater und keiner von der tollen Sorte. Ich spüre eine Hand auf meiner Stirn, die dann zu meiner Wange wandert und da erneut kurz inne hält.

„Möchtest du mich zum Frühstück begleiten? Wenn ja, solltest du dich jetzt langsam fertig machen.", sagt meine Oma und ich öffne meine Augen erneut.

Doch lange aufhalten, kann ich sie nicht.

„Ich würde gerne, aber ich habe nicht die Kraft dazu..", sage ich leise und merke, wie mit jedem gesprochenen Wort, meine Kehle trockener wird.

Genau in dem Moment, öffnet meine Oma meine Hand und stellt mir ein Glas kaltes Wasser in die Hand. Das ist jetzt genau das, was ich jetzt brauche. Ich lehne mich auf einem Unterarm ab und trinke das Glas Wasser auf einen Ruck leer.

„Weckt das Erinnerungen an gestern Abend?", fragt sie mich, mit einem leichten Lachen.

„Oma..", sage ich nur und sie schüttelt mit dem Kopf.

„Ruh dich aus, mein Schatz. Dann gehe ich eben mit Joseph alleine frühstücken.", meint sie lächelnd, was mich auch zum lächeln bringt. „Ich bringe dir einfach ein Brötchen mit und jetzt schlaf deinen Kater aus."

Ich nicke und sie nimmt mir mein Glas wieder weg. Sie befüllt es erneut und stellt es auf meinen Nachtschrank. In der Zeit, in der sie mein Glas gefüllt hat, habe ich mich schon wieder hingelegt und meine Augen geschlossen. Erleichtert atme ich aus und decke mich wieder zu. Ich höre nur noch die Tür ins Schloss fallen und schon bin ich wieder am schlafen.

~

Als ich ein lautes Geräusch vernehme, schrecke ich hoch. Was ist das für ein nerviges Geräusch, welches mich davon abhält zu schlafen? Als es nochmal ertönt, merke ich, dass es an der Tür klopft.

„Eine Sekunde bitte.", sage ich und quäle mich aus dem Bett.

Während ich noch halb am schlafen bin, suche ich nach einer Jacke, die ich mir überstreifen kann. Da ich meine nicht finden kann, nehme ich die von meiner Oma. Meine Hand findet die Türklinge und öffnet die Tür. Vor mir steht eine etwas kleinere Frau mit schwarzen Haaren und dunklen Augen. Sie wirkt freundlich, aber an ihren Augenringen, erkenne ich, dass sie genauso müde ist, wie ich.

„Guten Morgen, Zimmerservice. Habe ich Sie geweckt. Verzeihung.", sagt sie und ich habe Schwierigkeiten ihr zu folgen.

„Ehm..es tut mir leid. Ich brauche noch etwas Zeit. Könnten Sie das Zimmer auch später reinigen?", frage ich und reibe mir meine Schläfen.

Sie lächelt mich an und nickt. Keine Sekunde später steht sie schon an der gegenüberliegenden Tür und klopft dort. Da keiner antwortet, geht sie hinein und nimmt den Mülleimer. Diesen leert sie aus und stellt ihn dann vor die Tür, damit diese nicht zufällt. Faszinierend, denke ich mir und merke dann erst, dass ich sie anstarre. Ich sollte das lassen, also schließe ich die Tür und setze mich auf mein Bett. Gerade als ich mich hinlegen wollte, fällt mein Blick auf die Uhr. Es ist schon 12 Uhr durch und von meiner Oma weit und breit keine Spur. Sollte ich mir Sorgen machen? Nein, wir sind auf einem Schiff. Außerdem ist sie alt genug. Wenn sie mal etwas später kommt, denn ist das mal so. Außerdem ist sie bei Joseph. Aber was ist wenn er ein..Ach quatsch, Emilia. So hat er doch gar nicht gewirkt und außerdem sollte ich aufhören mir Gedanken über Dinge zu machen, die zu unwahrscheinlich sind, dass die jemals eintreten würde. Ich rieche eine unangenehme Duftwolke und muss feststellen, dass ich das bin. Uff. Ich sollte duschen und danach geht es mir auch bestimmt besser. Aber dafür brauche ich Musik! Mit der Fernbedienung suche ich einen Musiksender und lasse den laufen. Das ist echt coole Musik. Ich tanze ein wenig und merke dann, dass die Vorhänge auf sind. Sofort schließe ich die Vorhänge und lege mir neue Klamotten heraus. Da es immer noch sehr heiß ist, aber auch windig, suche ich mir eine lockere Bluse raus und dazu eine kurze Hose. Meine Flip Flops dürfen nicht fehlen oder meine Sonnenbrille. Beim duschen lasse ich mir Zeit. Das Wasser wischt den Alkohol ab und lässt mich besser fühlen. Ich weiß nicht warum, aber nach dem Duschen fühlt man sich einfach besser. Die alten Gefühle und vor allem schlechte Gefühle wäscht man einfach ab und man kann mal in Ruhe nachdenken. In meinem Alltag kann ich kaum abschalten und deswegen dusche ich immer so lange und normalerweise auch heiß, aber jetzt dusche ich mich kalt ab, auch um wacher zu werden. Sobald ich mich besser fühle, schalte ich die Dusche aus und trockne mich ab. Mit dem Handtuch um meine nassen Haare geschlungen, gehe ich aus dem Badezimmer und ziehe mich an. Hoffentlich kommt meine Oma nicht plötzlich herein. Im schlimmsten Falle noch mit Joseph im Schlepptau. Also ziehe ich mich ganz schnell an und rubbel danach meine Haare trocken. Den Rest lasse ich lufttrocknen. Nachdem ich mein Outfit gemustert und es für gut befunden habe, kommt meine Oma in die Kabine. Die Musik stelle ich leiser und richte meine ganze Aufmerksamkeit auf sie. Sie strahlt über das ganze Gesicht und begrüßt mich mit einer sehr glücklichen Stimme. Ganz unauffällig frage ich sie, wie es war.

Man sieht sich immer zwei MalWhere stories live. Discover now