Kapitel 4 - Die Ankunft

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Der Boden rast erbarmungslos auf mich zu, immer schneller und schneller.
Während mein gesamtes Leben daran vorbeizieht, kneife ich die Augen ein letztes Mal fest zusammen. Mit letzter Kraft lasse ich einen Schrei aus meiner Lunge los und bereite mich auf den heftigen Aufprall, der noch kommt, vor.
...
.....
......
Doch er kommt nicht ....
Ich spüre nur Wärme....
Voller Verwunderung, wage ich es kaum die Augen zu öffnen, aber die Neugierde in mir lässt mich auf blinzeln.

„Nanu? Womit habe ich verdient, dass mir eine junge, schöne Frau direkt vom Himmel in die Arme fällt?", ertönt eine mir vollkommen fremde Stimme, ganz nah an meinem Ohr.

(!!!) WAS ZUM TEUFE...!?
„WAS ZUM TEUFE..!?"

Ich will mich erschrocken herumdrehen, doch da bemerke ich plötzlich, dass ich in zwei starken Armen liege.
Völlig überfordert mit der ganzen Situation und mit den Nerven endgültig am Ende, blicke ich einem jungen Mann ins Gesicht, der mich offensichtlich aufgefangen hat. Er hat Haare so dunkel wie Ebenholz und Augen so grün und leuchtend wie die Polarlichter.
Ich sehe, dass auch er die Uniform eines Soldaten trägt, doch seine ist anders als die des Weißen Mannes.
Sie ist schwarz-blau und sieht sehr wichtig aus. An der Brust ragen hunderte, protzige Abzeichen.

Dabei sieht der doch so jung aus...
Was ist der den für einer?
Wo bin ich den hier nur gelandet?!

Doch plötzlich bleiben meine Augen an einer Stelle hängen und mir gefriert das Blut in den Adern.

Diese Symbole....
Es sind die des Französischen Blattes...
Pik und Treff...
Genau wie in meinem Traum....

„Was ist los?! Hat dir die Katze die Zunge gefressen oder bist du einfach ein trotziges Gör, das nicht reden will?! Bist du eine Anhängerin des roten Feindes oder nur das neue Spielzeug vom König der Herzen?!!", blafft er plötzlich, und seine giftgrünen Augen durchbohren meine Seele.

Der rote Feind? Spielzeug?? König der Herzen??? Trotziges Gör???!

Ich sehe den Mann verdutzt an und als er keine Miene verzieht und mich weiterhin so ernst anstarrt, kann ich nicht anders als lauthals loszulachen.
Nun ist er derjenige, der mich verdutzt ansieht, was mich nur noch mehr zum lachen bringt.

Verdammt! Was machst du da bloß?!
Das ist dir ein völlig Fremder (wahrscheinlich auch Verrückter, nachdem wie er sich angezogen hat) und er hält dich im Arm, während er was von roten Feinden redet! Hau ab! SOFORT!

Mit einem Schlag bin ich wieder voll da und versuche mich den Händen dieses Spinners zu entreißen. Doch sein Griff wird nur fester und schmerzvoller.
„Was trägst du da für ungewöhnliche Kleidung?! Kichere nicht dumm rum sondern antworte mir!", brüllt er, was meine Augen automatisch mit Tränen anfühlt.
„E-es tut mir leid... ich bin kein r-roter Feind, noch ein S-Spielzeug.... ich weiß auch nicht was Sie m-meinen... i-ich suche wen...", stottere ich unbeholfen rum und meide seine stechenden Augen.
Sein Griff lockert sich wieder und er lässt mich runter. Erst jetzt merke ich, dass dieser Soldat selbst auf einem Pferd saß, und als ich wieder festen Boden unter den Füßen habe, sind meine Knie ganz schwach und geben nach.
Der Mann in dunkler Uniform lässt mich erst los, als ich sicher stehe.
Plötzlich hört man in der Ferne jemanden einen Namen rufen, bei dem er fast ein wenig zusammenzuckte.
„Nathan! Nathan!„

Das muss er sein!

Auch er meidet meinen Blick und macht sich auf davonzugaloppieren, bis er sich ein letztes mal umdreht:„Ich hoffe, dich vom Himmel gefangen und dein Leben verschont zu haben, dass sich das Schicksal meinen Männern und mir heute gnädig erweisen wird. Verschwinde jetzt von hier. Das ist kein Ort für ein Kind."
Mit diesen Worten stürmt er auf seinem Pferd davon.

.....
Was ist da gerade passiert?
Nathan...

Ich bleibe noch einen Moment wie angewurzelt stehen und lass das soeben Geschehene auf mich einsickern.
Doch als mir die Bedeutung seiner Worte bewusst wird, macht sich in mir die blanke Panik breit.

Wo in drei Gottesnamen bin ich hier nur gelandet?
Wo ist dieser Weiße Mann hin?
Und wie werde ich wieder nach Hause kommen?

Ich sehe mich um und lasse die gesamte Landschaft, in ihrer vollen Pracht, auf mich einwirken und ich muss schwer schlucken.

Es ist genau die selbe Landschaft aus meinem Traum....

Ein weitgehendes Schlachtfeld, mit einem großen, bedrohlichen Wald auf der einen Seite und ein tosender, mächtiger Fluss.
Entlang des Ufers sind alles Hecken gepflanzt, die in der Form, der sich immer wieder wiederholenden Symbolen, des Französischen Blattes geschnitten sind.
Als ich hoch in den Himmel blicke, stockt mir vor Schreck der Atem.

Zwei Monde...

So etwas habe ich noch nie in meinem Leben gesehen. Was ist das? Bin ich hier in einem übertriebenen Escape-Room?
Mir läuft es eiskalt den Rücken runter und unwillkürlich bekomme ich stechende Kopfschmerzen.

Wieso passiert das alles hier? Ist das überhaupt real? NEIN, bestimmt nicht! Ich muss immer noch den selben Traum haben! Einen sehr, sehr, sehr realen Traum!

Plötzlich erkenne ich im Augenwinkel, wie sich etwas bewegt. Schnell wirble ich herum und entdecke endlich den komischen, weißen Kerl.

Aha! Jetzt hab ich dich!

„Hey, du da! Weißer Mann! Ich habe deine Taschenuhr!!", schreie ich mit voller Kraft über die Distanz hinweg.
Er zuckt zusammen und dreht sich zu mir um. Als er mich erblickt, weiten sich seine Augen offensichtlich erschrocken und Panik breitet sich auf seinem Gesicht aus.

Nanu? Will er sie vielleicht doch nicht haben?
Egal! Er soll dir wenigstens, den richtigen Weg nach Hause zeigen!

Doch als ich auf ihm zugehen möchte, zuckt er erneut zusammen und ist mit einem geschmeidigen Schritt hinter einem Busch verschwunden.

Verdammt! Was ist sein Problem?!

Und somit finde ich mich erneut in der Situation wieder, wie ich die Beine in die Hand nehme und mit ganzer Kraft dem Weißen Mann hinterher laufe.

Eine unerwartete Reise zum richtigen Zeitpunkt (Arbeitstitel)Where stories live. Discover now