Kapitel 9 - Erste Reisetage

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Es war schwer Arik nicht anzustarren. Yara fand Männer in Lederkleidung immer seltsam, doch ihre Meinung änderte sich gerade.

Komplett in schwarzes Leder gehüllt, sah Arik aus wie ein Bilderbuchkrieger. Die Hosen lagen auf seinen Beinen wie eine zweite Haut und Yara konnte die Sehnen und Muskeln arbeiten sehen, als er in den Sattel stieg.

Das wattierte Wams über dem schwarzen Hemd und das Schwert an seiner Hüfte vervollkommneten das Bild. So gekleidet nahm sie ihm ohne weiteres ab, dass er ein zum Töten ausgebildeter Wächter war.

Ein Räuspern ließ Yaras Blick von seinem Oberschenkel in Ariks Augen huschen. „Das Kompliment kann ich zurückgeben."

„Hm?", machte Yara und hob eine Augenbraue. Geschickt lenkte Arik sein Pferd neben Yaras und lächelte verschlagen.

„Dir scheint meine Reitkleidung ebenso zu gefallen wie mir deine", erwiderte er und zwinkerte ihr zu. Ein Knurren versuchte aus Yaras Kehle zu schlüpfen, doch sie hielt es zurück. Nachdem sie aus dem Thronsaal gegangen waren, waren sie in die Stallungen gebracht worden.

Dort hatte man sie getrennt und in verschiedene Bereiche gebracht. Yara war schnell klar geworden was vor sich ging, als eine grimmig dreinblickende Zentaurenfrau mit einem Bündel dunklen Leders auf sie zugekommen war.

Verwundert hatte sie festgestellt, dass die Hose, das Hemd und das Wams wie angegossen passten. Nachdem die Pferdefrau ihr eine prallgefüllte Satteltasche, einen Umhang und einige Dolche in die Hand gedrückt hatte, waren sie zu den Pferden gegangen.

„Wir sollten aufbrechen", erinnerte Yara Arik und drückte dem Tier unter sich die Fersen in die Flanken.

„Ganz wie du meinst", erwiderte Arik und trieb sein Pferd neben sie. Am Tor übergab ihnen ein Wachmann einen kleinen Beutel.

„Hierin findet ihr eine Karte und einige andere Dinge. Der Kindkönig sagte, ihr könntet sie gebrauchen." Arik nickte und nahm den ledrigen Sack an sich.

Das Schloss lag schon ein Stück hinter ihnen, ehe Yara das Schweigen brach. „Wo genau müssen wir hin?", fragte sie und sah zu Arik hinüber.

„In die Berge, genaueres kann ich dir nicht sagen."

Yara lachte und meinte sarkastisch: „Ich darf raten – ansonsten müsstest du mich umbringen."

Ariks eisblaue Augen wurden ausdruckslos und Yara fühlte, wie sich ihre Nackenhaare aufstellten. „Leider ja. Du hattest Glück, dass ich mit dir sterben würde. Ansonsten hätte Astru bereits deine Hinrichtung gefordert."

Ein Zittern lief durch Yaras Körper. „Darf ich fragen wieso?"

Auf Ariks Gesicht spiegelte sich etwas wider, das Yara wie eine Mischung aus altem Schmerz und Verbitterung erschien. „Es ist die Aufgabe der Wächter die Träne zu beschützen. Dafür müssen wir zu allem bereit sein - und auf alles verzichten."

Er sah wieder gerade aus, doch vor seinen Augen schien sich die Vergangenheit auszubreiten. „Insgesamt waren wir fünf, unseren Meister Preaco nicht mitgezählt. Wir lebten abgeschieden von der Gesellschaft, den einzigen Fremden sahen wir, wenn die wöchentliche Lebensmittellieferung eintraf."

„Warum diese Abgeschiedenheit?", fragte Yara. Um ihre Hände zu beschäftigen, öffnete sie ihren Pferdeschwanz und begann ihr Haar zu einem langen Zopf zu flechten. Arik atmete tief durch, das Leder seines Wamses knarzte leise.

„Zum Schutz der Träne. Keinem von uns waren private Kontakte erlaubt gewesen. Unsere Familien wohnten weit weg und wir kannten niemand aus den umliegenden Dörfern."

DrachenfeuerWhere stories live. Discover now