9.Freundschaft

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Erschrocken riss Riya die Augen auf und wollte losschreien. Doch bevor sie auch nur den Mund öffnen konnte, wurde ihr eine Hand auf den Mund gepresst. Sie fing an zu schreien, doch außer ein unterdrückter Laut durch die Hand kam nichts aus ihr heraus. Ihr Entführer fing an sie durch einen dunklen, unterirdischen Gang zu schleifen.

In dem Gang war es verdammt dunkel, feucht und es roch leicht muffig. Riya fing an zu strampeln und sich wie wild zu bewegen doch die fremde Person ließ nicht mal ein kleines bisschen locker und schliff sie einfach weiter, als würde sie nicht gerade wie eine wild gewordene herum strampeln.

Das Adrenalin raste durch ihren Körper und langsam fing sie an zu verzweifeln. Ihr Entführer ließ einfach nicht locker, egal was sie tat. Sie biss in die Hand des Unbekannten und leckte sie sogar ab, in der Hoffnung sie würde sie angewidert loslassen, doch auch das brachte nichts. Langsam bildeten sich Tränen in ihren Augen.
Hätte sie doch auf Troy gehört. Doch sie konnte Jason nicht einfach alleine lassen, nicht in dieser Welt die sie nicht einmal ansatzweise verstanden, geschweige denn kannten. Ihm konnte sonst was passieren und sie wollte nicht dafür verantwortlich sein, wenn ihm etwas zustoßen sollte, dafür bedeutete er ihr zuviel.

Er hatte zuviel durchmachen müssen und deswegen wollte sie wenigstens jetzt für ihn da sein, wenn es schon kein anderer tat. Sie verstand Troy und Viola nicht. Sie wussten wie Jason mit so etwas umging und das endete meist nicht gut. Sie waren eigentlich immer füreinander da, wie eine Familie. Sie alle hatten so ihre Probleme mit ihren richtigen Familien, die einen schlimmere als die anderen, und doch hatte jeder mit seinen eigenen Tiefs zu kämpfen. Deshalb war Riya so dankbar für ihre Freunde, sie verstanden ihre Probleme und halfen ihr damit. Und im Gegenzug half sie eben den anderen mit ihren Problemen.
Doch seit sie hier an diesem merkwürdigem Ort gelandet waren, war irgendetwas anders. Es schien als würden sie sich langsam in verschiedene Richtungen bewegen und das gefiel ihr ganz und gar nicht.
Plötzlich waren alle so angespannt und jeden Moment konnte die große Bombe platzen und ihre Freundschaft würde auf der Kippe stehen.
Das konnte und wollte Riya nicht zulassen. Gerade jetzt, wo sie ganz alleine waren brauchten sie sich mehr denn je, durften sich auf keinen Fall im Stich lassen. Doch durch Jasons Aktion ist das Band zum zerreißen gespannt.

Mittlerweile flossen Riya die Tränen nur so in Bächen die Wangen hinunter, sie hatte es aufgegeben sich zu wehren, hing nur schlaff da und ließ sich durch den düsteren Gang schleifen. Ihr Zeitgefühl hatte sie längst verloren. Es konnten fünf Minuten sein, die sie schon durch diesen Gang geschliffen wurde. Theoretisch konnte es aber auch schon eine Stunde sein, sie hatte keine Ahnung.
Ihr war es mittlerweile aber auch schon egal, sie hatte einfach keine Kraft mehr. Den ganzen Tag war sie nun schon auf den Beinen und musste vor einer Gefahr nach der anderen weglaufen. Langsam hatte auch sie keine Kraft mehr, sie war einfach nur noch erschöpft, wollte schlafen und zuhause aufwachen, hoffend dies wäre nur ein Traum.

Immer wieder schlossen sich Riyas Augen für einen kurzen Moment, ehe sie sie wieder aufriss. Sie durfte nicht einschlafen, auch wenn die Dunkelheit, welche sie dann in Empfang nehmen würde, noch so verlockend war. Es fiel ihr immer schwerer die Augen offen zu halten, sie befand sich schon im Dämmerzustand und bekam sowieso nur noch die Hälfte mit, als sie merkte wie die Person sie los ließ und sie zu Boden fiel. Ein dumpfer Schlag und ein Schrei folgten.

Direkt war Riya wieder hellwach und fing an zu zittern. Sie wollte sich schon aufrappeln, um zu sehen was Sache war, da tauchte vor ihr eine Hand auf, die ihr allem Anschein nach aufhelfen wollte. Ihr Blick glitt an der Hand den Arm hinauf, über den Hals und blieb dann am Gesicht hängen. Einem sehr bekanntem Gesicht, mit seinen unverkennbaren braunen Augen und den gewohnten nach oben gegelten braunen Haaren, die nun allerdings ein wenig verwuschelt waren.

"Jason", hauchte Riya.

Sie nahm seine Hand und ließ sich von ihm hochziehen. Er sagte nichts. Hielt sie an den Oberarmen fest und betrachtete sie von unten bis oben, als wolle er sicherstellen, dass es ihr gut ging. Außer der zerissenen Hose und der aufgeschürften Haut an den Knien, schien aber alles gut zu sein.
Er schaute ihr mit einem fast schon leeren Blick in die Augen und hob dann seine rechte Hand, um ihre Tränen wegzuwischen. Riya sah ihn lediglich mit großen Augen an, ehe sich wieder Tränen bildeten und ein unterdrücktes Schluchzen ihre Kehle verließ. Sie wollte doch gar nicht weinen, allerdings war es dieses mal wohl eher vor Erleichterung.

Ehe sie sich versah, lösten sich Jasons Hände von ihren Armen und schlungen sich um ihre Schultern, um sie an sich zu ziehen. Riya krallte sich in seinem Oberteil fest, während er sich langsam mit ihr in seinem Armen auf den Boden setzte und sie sanft hin und her wiegte und einfach schwieg. Sie lauschte seinem gleichmäßigen Herzschlag und beruhigte sich langsam wieder.

Die bewusstlose Person, die neben ihnen lag und eigentlich eben noch Riya entführen wollte, hatten die beiden für diesen Moment erstmal völlig vergessen.

Als Jason nichts mehr von Riya vernahm, löste er sich von ihr und bemerkte, dass sie eingeschlafen war. Er strich ihr eine Strähne hinters Ohr, welche sich ihn ihrem Gesicht verirrt hatte, legte seine Arme um ihren Rücken und Kniekehlen hob sie hoch und trug sie zurück in das Haus in welchem Troy und Viola in Seelenruhe schliefen und von dem ganzen nicht mal ansatzweise etwas mitbekommen hatten.
Er legte sie in ein Bett und wollte wieder gehen, doch Riya ließ ihn selbst im Schlaf nicht los und so war er gezwungen sich neben sie zu legen und zu bleiben. Sie war wirklich hartnäckig, dass wusste er schon seit geraumer Zeit.

Plötzlich hatte er das Gefühl irgendetwas vergessen zu haben und überlegte was es sein könnte, bis es ihm wie Schuppen von den Augen fiel.

Sie hatten den bewusstlosen, fremden Typen im Gang liegen gelassen. Schon wieder hatten sie eine ihnen fremde Person gefunden, die hier anscheinend lebte und etwas von ihnen wollte. Und schon wieder hatten sie die Chance verpasst mehr über diesen Ort zu erfahren.

In diesem Moment wurde Jason ebenfalls klar, dass seine Freunde am nächsten Morgen mit ihm über sein Verschwinden reden würden und dann müsste er ihnen von seinem Problem erzählen und ihm graute es jetzt schon davor.
Natürlich könnte er diesmal auch einfach wirklich verschwinden, bevor die anderen aufwachten. Doch das war nicht wirklich Sinn der ganzen Sache.

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