2.Unerwartet

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Es war dunkelste Nacht. Einzig und allein die Taschenlampen der drei Jugendlichen spendeten ein wenig Licht. Gerade genug um nicht über jede Wurzel zu stolpern. Während sie auf der Suche nach Riya waren, machte Troy sich eine Menge Vorwürfe. Auch wenn Viola ihre beste Freundin war und auch ihre noch so dunkelsten Geheimnisse wusste, hatte er immer einen gewissen Beschützerinstinkt bei einer der beiden Freundinnen. Er wusste nicht wieso, vielleicht weil sie sich schon so lange kannten und er wusste wie tollpatschig Riya sein konnte und was für ein Talent sie hatte, sich in die unmöglichsten Situationen zu bringen. Sie war wie eine Schwester für ihn, genau wie Viola, allerdings war sie überlegter und verrannte sich nicht kopflos in irgendwelche Dinge.

Troy bemerkte nicht wie seine Freunde stehen geblieben waren und rannte in Jason hinein. Dieser bedachte ihn nur mit einem verächtlichen und bösen Blick und drehte sich wieder um. Vor den drei Freunden ragte eine Hängebrücke über eine tiefe Schlucht. Wirklich stabil sah diese allerdings nicht aus. An einigen Stellen klafften Löcher und die Seile sahen auch nicht danach aus, als ob sie noch viel aushalten würden. Die ganze Brücke war mit grünem Moos bedeckt und rund um die Brücke herum war dichter Nebel. Man konnte kaum die andere Seite der Brücke sehen und noch weniger wie tief die Schlucht war.

"Glaubt ihr Riya ist hier lang gegangen?" fragte Viola.

"Ich weiß es nicht, allerdings wüsste ich nicht wo sie sonst lang gegangen sein könnte. Ich habe keinen anderen Weg gesehen, den sie hätte nehmen können." sagte Troy.

"Wie auch immer, wenn ihr euren kleinen Plausch dann beendet habt, können wir ja endlich weitergehen. Mir ist kalt und ich will so schnell wie möglich wieder zurück." ,meinte nun Jason.

Auch wenn es nicht so wirkte, wussten Viola und Troy ganz genau, dass Jason Riya genauso sehr wieder finden wollte wie sie. Sie waren wie eine Familie und hatten schon viel miteinander durchgemacht. Jason hatte einfach diese Charakterzüge. Er spielte den Unnahbaren und stieß jeden von sich. Seine Freunde jedoch ließen sich davon nicht abschrecken und mittlerweile wussten sie wie er tickte.

Inzwischen hatten sie die nicht gerade stabil aussehende Hängebrücke hinter sich gelassen und machten sich weiter auf den Weg, der immer tiefer in den Wald führte. So langsam gab Viola die Hoffnung auf, dass sie jemals wieder hinaus finden würden, geschweige denn Riya finden würden.

Sie war noch nie der große Optimist gewesen. Genau das hatte Riya immer an ihr bemängelt, denn sie war in der Hinsicht das genaue Gegenteil von Viola. Eigentlich waren sie von Grund auf verschieden, klar gab es Dinge die auf beide zutrafen, aber es gab dann doch mehr Unterschiede zwischen ihnen als Gemeinsamkeiten. Und doch war ihr Band dicker als alles andere. Man konnte sagen, sie waren wie ying und yang.

Viola stoppte als sie gegen irgendetwas lief. Vor ihr war eine Steinmauer. Verwirrt schaute sie hoch, nach links und rechts. Rechts von ihr war eine Art Tor auf das sie zulief. Auf die beiden Jungs achtete sie im Moment nicht, zu fasziniert war sie von ihrem Fund. Als sie durch das Tor lief schaute sie sich erneut gründlich um und bemerkte, dass es sich bei ihrem Fund um ein zerfallenes Gebäude handeln musste oder besser gesagt um einen alten, zerfallenen Tempel. In ihr stieg dieses berauschende Gefühl auf, welches sie jedes mal ergriff, wenn sie einen verlassenen Ort vorfand.

Zu gut erinnerte sie sich daran, wie sie zum allerersten Mal an so einem Ort gewesen war. An einem Lost Place. Es war die Idee von Riya gewesen, als ihnen langweilig war. Die Idee war so spontan und doch brannten alle vor Begeisterung. Seit sie dann zum allerersten Mal einen Lost Place gefunden hatten und in ihnen dieses kribbelnde Gefühl aufgekommen war, machten sie es sich zum Hobby so viele Lost Places wie möglich aufzusuchen und zu erkunden. Dies war auch einer der Günde, warum sie nach Japan gekommen waren und sich in ein Haus weitab von jeglicher Zivilisation begeben hatten. Viola hätte nie erwartet, dass sie diesen Ort so leicht finden würden. Dabei war sie sich noch nicht ganz sicher, ob es sich hierbei um den Lost Place handelte, den sie aufsuchen wollten.

Viola strich ehrfürchtig über die Überreste des Tempels und vergaß warum sie eigentlich hier waren. Mitten im Wald, in tiefster Nacht. Als sie dann jedoch ein Rascheln neben sich vernahm, kam sie wieder zu sich und trat näher an den Busch. Ihre Neugierde würde noch irgendwann ihr Ende bedeuten, doch dies interessierte sie in diesem Moment nicht wirklich.

Als sie nah genug war, um zu sehen worum es sich bei dem Geräusch handelte, war sie zuerst geschockt, dann jedoch überkam sie eine große Freude. "Jungs, kommt mal her." Die Jungs kamen zu ihr geeilt und staunten nicht schlecht über Violas Fund. Vor ihnen lag eine schlafende Riya, die allerdings durch Violas Ruf langsam wach wurde. Riya, die gerade erst bemerkte, wo sie eigentlich war und wer vor ihr stand, war erstmal sehr verwirrt. Anscheinend hatte sie wohl doch wieder zuviel getrunken und ihr Rausch hatte sie hier her geführt. Das erachtete Riya jedoch keines falls als schlimm, wenn man bedachte, was sie da gefunden hatte. Zum Glück hatte sie noch nie Probleme was einen Kater anging.

Als sie sich dann erhob, erhielt sie erstmal eine überschwängliche Umarmung von Viola "Man Ri wir haben uns solche Sorgen gemacht. Ich dachte schon wir würden dich nie wieder finden und im Wald elendig verrecken." Riya musste leicht kichern, dass ihre Freundin auch immer so übertreiben musste.

Allerdings wurden sie durch Jason unterbrochen, welcher sie zu sich rief. Als sie bei ihm ankamen, mussten sie erstmal staunen. Vor ihnen war eine lange Treppe. An den Seiten waren überall Bäume und in der Mitte der Treppe war ein großes steinerndes Tor im klassischen Japanischen Stil. An den Seiten der Treppe standen viele Laternen und ein einziger Lichtstrahl, der vermutlich vom Vollmond kam, schien auf das Tor. All das zusammen ließ eine unheimlische Atmosphäre aufkommen. Jason machte einen Schritt auf die Treppe zu bevor er sich nochmal umdrehte und fragte: "Kommt ihr?" Die anderen Drei zögerten nicht eine Sekunde und folgten ihm. Sie alle wollten wissen, was sich am Ende der Treppe befand.

Jedoch kamen sie nicht weiter als bis zum Tor, als eine schwarze Leere sich um sie auftat und sie bewusstlos wurden. Es konnte ja keiner von ihnen wissen, dass dies der womöglichst größte Fehler war, den sie begehen konnten. Oder vielleicht doch nicht?

Lost WorldWhere stories live. Discover now