8.Verschwunden

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Jason war weg.
Die drei suchten erst das ganze Haus ab, und fanden im Keller den zerstörten Fernseher vor.
"Warum sollte er das Ding zerstören und dann abhauen?", fragte Riya.
Doch eigentlich war ihnen allen klar, dass es eine typische Jason-Aktion war.
Dass er einfach so verschwand, war nicht das erste mal.

Einmal war Jason für Wochen untergetaucht. Den kleinen Teil, der von seiner Familie noch übrig war, schien das wie immer nicht groß zu kümmern. Seine Mutter war wegen der Arbeit im Ausland, und hatte keine Ahnung, dass ihr Sohn überhaupt vermisst wurde.
Sein Vater war vor ein paar Jahren bei einem Unfall gestorben. Ebenso Jasons großer Bruder.
Dann gab es da noch seine Großeltern. Doch die hatten nicht nur einen Hass auf ihre eigene Tochter, sondern auch auf ihren Enkel, der ihrer Meinung nach, nie etwas erreichen würde. Dass er plötzlich verschwand, kam ihnen also nur Recht. Eine Person weniger, die sie enterben mussten.

Und da sich sonst niemand sorgte, taten seine Freunde das umso mehr. Troy war bei der Polizei gewesen und Viola suchte Hilfe in sozialen Netzwerken. Doch keiner hatte auch nur die geringste Spur.

Dann stand er eines Tages vor Troys Wohnwagen. Dieser stand im Garten seines Opas, und fing langsam aber sicher an zu rosten. Troy machte sich nicht die Mühe sich groß um das Aussehen des Wagens zu kümmern, aber er hauste dennoch Achtzig Prozent seines Tages in dem Ding. Eine Verbindung für den eigenen Wlan-Router hatte er sich quer durch den Garten gelegt, was seinen Opa nicht weiter störte. Dieser wusste ohnehin nicht, was ein Wlan-Router sein sollte.
Einen Gaming PC mit allem drum und dran, eine quietschende Matratze und einen mini Kühlschrank später und die ideale Bude eines gerade 18-jährigen war erschaffen.
Riya war bereits zu oft in dem Ding gewesen. Aber das auch hauptsächlich aus Flucht-Gründen.
Viola und Jason ging es da nicht anders. Das Wohnmobil wurde schnell zum Treffpunkt der vier Jugendlichen.

Und nun stand Jason nach vier Wochen Stille vor Troy. Keiner der beiden sagte was. Dann ließ Troy ihn rein, warf ihm eine Cola zu und starrte ihn an. "Wo warst du?", fragte er.

Jason warf die Cola-Dose zwischen seinen Händen hin und her. "Nicht wichtig.", sagte er dann.

"Nicht wichtig?! Jason, du warst wochenlang wie vom Erdboden verschluckt. Du bist verschwunden, ohne irgendwas zu sagen, weißt du eigentlich wie krank vor Sorge wir waren?!", rief Troy und stand auf. Jason lächelte nur leicht und antwortete nicht.
Dann schrieb Troy erstmal Riya und Viola, dass Jason zurück war. Eine halbe Stunde später, saßen die beiden Mädchen ebenfalls im Wohnwagen. Doch keiner von ihnen konnte etwas aus Jason herausbekommen.

Ein paar Tage später, stand die Polizei vor der Haustür von Troys Opa und suchte nach Jason. Dieser lag neben Troy auf der Matratze und zockte in aller Seelenruhe.
Dann klopfte es, Troy stand auf, öffnete die Tür, und vor ihm standen sein Opa und zwei Polizeibeamte.
Diese nahmen Jason dann mit sich.

Seitdem hatte Jason Haus- und Gartenverbot von Troys Opa bekommen.
In was genau Troy verwickelt gewesen war, hatten seine Freunde nie erfahren. Egal was sie sagten, er redete nicht darüber. Sie wussten nur, dass die Polizei ihn noch am selben Tag wieder gehen gelassen hatte.

Ein halbes Jahr danach, machten die vier sich auf den Weg nach Japan. Ihr Fach-Abitur hatten sie alle gerade so geschafft. Riya und Troy hatten vor, nach dem Urlaub ihre Ausbildungen anzufangen. Viola wollte ein freiwilliges soziales Jahr machen. Und Jason hatte anscheinend noch keinen genauen Plan.

Aber das war nun sowieso alles egal. Denn sie saßen an diesem Ort fest. Sie wussten nicht, wo dieser Ort war. Sie wussten nicht wie sie hergekommen waren, oder wie sie zurückkehren sollten. Und nun war Jason auch noch verschwunden.

Troy ging wieder hoch, schnappte sich einen Dose mit Mandarinchen und pflanzte sich auf die Couch. "Es wird bald dunkel.", stellte er fest.

"Ja und ich bin verdammt müde. Warum muss er ausgerechnet jetzt verschwinden?", fragte Viola und setzte sich neben Troy.

Riya sah die beiden zweifelnd an. "Und jetzt? Wollt ihr etwa aufgeben? Wir müssen ihn finden, bevor es noch dunkler wird!"

"Glaub mir Riya, ich würde ihn auch lieber heute noch finden. Aber du kennst ihn, wenn er wirklich abgehauen ist, dann wird er auch nicht gefunden werden wollen. Wir sollten uns erstmal ausruhen und dann suchen wir morgen nach ihm.", schlug Troy vor. "Oben waren Betten, oder?"

Viola nickte. "Ja, zwei Etagenbetten. Außerdem kann Jason schon auf sich selber aufpassen. Wenn er meint, er kommt besser ohne uns klar, dann soll's mir egal sein." Dann ging sie ohne weiteres nach oben.

"Das kann doch nicht euer Ernst sein, oder?", fragte Riya. Sie konnten Jason nicht einfach alleine da draußen lassen. Ihm konnte sonst was passiert sein. Was wenn ihn jemand mitgenommen hatte?

"Komm Ri, du solltest dich auch ausruhen.", sagte Troy. Doch sie rührte sich nicht von der Stelle. "Es ist zu gefährlich, wenn du jetzt alleine nach ihm suchen gehst."

"Dann komm mit."

"Nein. Komm jetzt.", er packte ihr Handgelenk und zerrte sie mit die Treppe hoch. Riya wehrte sich nicht. Sie hatte schon einen anderen Plan.

Oben saß Viola schon auf einem der oberen Betten. "Ich reservier mir das hier.", sagte sie.

Riya legte sich in das Bett unter Viola und Troy nahm das andere untere. Die Matratzen waren nicht wirklich sauber und quietschten. Es gab weder Kissen noch Decke, doch es war besser als auf dem Boden zu schlafen. Noch war es nicht zu kalt draußen, da sie mitten im Sommer waren. Außerdem hatten sie ihre Jacken.
In dem Zimmer gab es keine Fenster, was erst seltsam erschien, doch praktisch war, da keine Kälte rein kam.

Viola war schnell eingeschlafen, was man an ihrem lauten regelmäßigem Atmen hörte. Es dauerte nicht lange, da schien auch Troy eingeschlafen zu sein.
Riya richtete sich langsam auf. Sie nahm sich vorsichtig den Speer, der neben Troys Bett lag und schlich sich aus dem Raum.

Die beiden waren sauer auf Jason, soviel war klar. Sie hatten wohl die Schnauze voll davon, dass er immer verschwand ohne vorher bescheid zu sagen. Das konnte Riya auch irgendwo nachvollziehen, aber es war kein Grund für sie, nicht weiter nach ihm zu suchen.
Gerade weil es inzwischen dunkel draußen war, wollte sie ihn nicht alleine rumlaufen lassen. Das konnte sie einfach nicht mit ihrem Gewissen vereinbaren.

Das ganze Dorf schien noch unheimlicher bei Nacht. Riya leuchtete die Straße mit der Taschenlampe ab und ging mit schnellem Schritt dem großen Gebäude am Ende des Dorfes entgegen.
Sie und Viola waren vorhin nur in der Hälfte aller Häuser gewesen. Die andere Hälfte, darunter das große Gebäude, hatte Troy durchsucht.

Riyas Schritte kamen ihr viel zu laut vor. Irgendwie bildete sie sich immer wieder ein, jemand würde sie verfolgen.
Immer wieder drehte sie sich um, doch da war niemand.

Schließlich erreichte sie ihr Ziel. Im inneren roch es wie in den meisten anderen Gebäuden muffig. Der Boden lag voller Trümmer und zerstörter Möbel. Von innen sah das ganze weniger aus, wie eine Kirche. Es gab eine Treppe nach oben und eine die nach unten führte. Doch das Obergeschoss schien am meisten zerstört zu sein, also ging Riya zuerst in den Keller.
Die Treppe führte sie in einen langen dunklen Gang. Es war kalt hier unten und Riya war froh, dass sie ihre Jacke hatte.

Am Ende des Ganges befand sich eine schwere Metalltür mit einem Schloss. Natürlich ging sie nicht auf, egal wie feste sie daran zog.
Eine Sackgasse also.
Riya ging also zurück durch den langen Gang und die Treppen wieder hoch.
Doch dann packte sie plötzlich jemand an den Schultern und riss sie zu Boden.

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