ZWEI | Erschreckendes Wiedersehen

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Stille machte sich breit. Die Kälte drang wieder zurück in meinen Körper und all das Glück in Aidens Aura war mit ihm verschwunden. 

Was hatte er nur mit mir gemacht, dass ich mich so gut in seiner Nähe fühlte? Wobei ich ihn doch noch nicht einmal ganze fünf Minuten kannte und er zudem noch mein potenzieller Entführer war... Schon Eigenartig.

Stunden verstrichen, und es fühlte sich wie eine Ewigkeit an, vor allem da ich kurz vor dem Verhungern war. Zumindest sagte mein Magen mir das. Dieser hatte nämlich schon seit einiger Zeit deutlich symbolisiert, dass ich mich dringend auf die Suche nach etwas Nahrhaftem machen sollte, jedoch war zu meinem Übel nichts derartiges in diesem Kerker voll Verdammnis zu finden.

Niedergeschlagen lehnte ich mich mit dem Rücken gegen eins der Fässer in der von der Tür aus gesehen linken Ecke des Raumes und schloss für einen kurzen Moment die Augen. Mann, war ich vielleicht müde! Und dabei hatte ich wahrscheinlich mindestens die Hälfte des letzten Tages verpennt. Nichts desto Trotz versuchte ich mich für den Augenblick zu entspannen und die krampfhaft versteiften Muskeln in und um meine Schultern herum zu lockern.

Doch ehe ich mich versah, wurde die Klinke ein weiteres Mal betätigt und ließ mich abrupt aufschrecken. Ein leises und nicht weniger angsteinflößendes Quietschen hallte in den Wänden nieder, bis es sich schließlich den Weg durch meine Adern bahnte und Alles in mir erzittern ließ. Wie von der Tarantel gestochen schnellten meine Augen in Richtung Tür und warteten mit genau der selben Anspannung wie der Rest von mir auf das, was gleich hindurchtreten würde.  Ohne, dass ich wirklich realisierte was geschah, machte mein Herz einen Satz und ich sprang auf um den "Gast" in Empfang zu nehmen. Aiden.

>> Ich dachte mir, du könntest womöglich ein wenig hungrig sein.<< Kam es sanft von seiner Seite und ich musste mich stark zurückhalten ihn nicht anzubrüllen. Machte er Witze? Ich war nicht nur ein wenig hungrig, sondern erlitt hier drinnen meinen persönlichen Hungertod! Wenn er mir nicht bald etwas gebracht hätte, wäre ich wahrscheinlich auf die Idee gekommen auf Kannibalismus umzusteigen und mich selbst Stück für Stück zu verspeisen... Ihhh, allein der Gedanke daran brachte mich um den Appetit. Eventuell lieber doch nicht.

Stattdessen brachte ich ein kaum hörbares >> Dankeschön.<< über die Lippen und nahm das hölzerne Tablett, auf dem er liebevoll ein paar Früchte sowie Brot, sämtliche Beläge und ein volles Besteck Set drapiert hatte, entgegen. Besteck... als ob ich sowas im Moment gebrauchen konnte.

Ein verschmitztes Lächeln flog über Aidens Lippen und ich biss mir vor Überraschung versehentlich auf die meinen. Ein kleiner Tropfen Blut floss über mein Kinn und landete anschließend auf dem Dekoltee meines heißgeliebten Weiß-blau geblümten Sommerkleidchens. F*ck, das würde ich dann vermutlich in die Tonne hauen können. Vorausgesetzt, ich käme hier jemals überhaupt wieder lebendig heraus. Aber die Hoffnung stirbt zuletzt, richtig?

Mit einem Mal streckte der Hottie vor mir seine Hand aus, und berührte zärtlich die Stelle, an der sich der Stoff des Kleides dunkelrot verfärbt hatte. Das hatte er nicht gerade wirklich getan, oder?  Doch bevor ich gar an eine geeignete Reaktion auf seine plötzliche Handlung denken konnte, erklang wieder der engelgleiche Ton seiner Stimme.

Wie als ob nichts geschehen war, wechselte er das Thema >> Es tut mir wirklich leid, was mein Bruder dir angetan hat... << da ich seinen Worten nicht folgen konnte, blickte ich ihm fragend und unmissverständlich auffordernd zu einer Erläuterung in die kristallklaren Augen.

>> Was meinst du damit? Dein Bruder hat << weiter kam ich nicht, ehe er mir ins Wort fiel und meinen Blick mit einem mitleidigen Ausdruck erwiderte.

AngelbloodWhere stories live. Discover now