4. Kapitel: Verfolgt

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Wie ein hungriges, weit aufgerissenes Maul klaffte das Loch vor ihnen in der Höhlenwand. Dahinter begann der Tunnel, durch den Asche und ihre Reisegefährten gekommen waren. Schon nach wenigen Fuchslängen wurde das Gestein von undurchdringlicher Finsternis verschluckt.

»Los, beeilt euch!« Wolke scheuchte die Jungen vor sich her, während Springender Rabe und Fliehender Rauch Wirbelndes Laub trugen.

Asche ließ sich das nicht zweimal sagen und rannte voraus. Nachdem sie ihr gesamtes junges Leben auf der Flucht verbracht hatte, hatte sie sich an das weglaufen gewöhnt. Doch nun waren ihre unbekannten Verfolger so nah wie nie zuvor.

»Nein, ich werde hierbleiben und kämpfen!«, protestierte Wind hinter ihr.

»Genau!«, stimmte ihm Käfer zu. »Wegen Wirbelndes Laub werden wir doch sowieso zu langsam sein.«

Asche blieb stehen und sah zu ihren Wurfgefährten zurück. Sie konnte über ihre Brüder nur den Kopf schütteln. Ihr seid Junge, keine zum Kampf ausgebildete Katzen! Ihr seid viel zu jung, um gegen Krieger zu bestehen!

»Sie sind stärker als wir. Die Flucht ist unsere einzige Chance.« Wolke zog die beiden Jungen mit ihrem Schweif zu sich heran, packte sie mit ihren Zähnen am Nackenfell -Asche war erstaunt, wie schnell sie das trotz ihrer Blindheit schaffte- und trug sie durch den Tunnel davon.

Schon bald umfing Dunkelheit die kleine Gruppe. Obwohl auch die anderen nicht schnell voran kamen, hatte Asche Mühe, mit ihnen mitzuhalten. Immer wieder stolperte sie mit ihren kurzen Beinen auf dem unebenen Untergrund, doch sie mussten weiter, immer und immer weiter, so schnell wie nur irgend möglich!

»Stehen geblieben!« Die Stimme hallte zwischen den steinernen Wänden und im ersten Moment wusste Asche nicht, woher sie kam.
»Ergebt euch!«, forderte die Stimme und ließ Asche vor Schreck erstarren. Die Katze, offenbar einer ihrer Verfolger, musste vor ihnen sein. Sie waren umzingelt. Nun gab es keinen Ausweg mehr!

»Was tun wir jetzt?«, flüsterte Asche, ihre Stimme zitterte vor Angst.

»Kämpfen!«, quiekte Wind.
Ein leises Scharren ertönte, als Wolke ihn und seinen Bruder auf dem Boden absetzte.

»Ihr bleibt bei mir!«, befahl sie, doch entweder konnten oder wollten Asches Brüder das nicht hören. Leises Trommeln winziger Pfoten verriet, dass zumindest einer der beiden in Richtung der fremden Katze preschte.

»Lass mich los!«, forderte Käfer. Wolke musste es irgendwie geschafft haben, ihn festzuhalten.

»Wir tun jetzt genau das, was uns befohlen wurde.« Wolkes Miauen klang erschöpft, als hätte sie seit Tagen nicht mehr geschlafen und nach wie vor hörte Asche Winds Schritte…

***

Gleich vier Katzen bewachten den Eingang der Höhle, in die ihre Verfolger sie gebracht hatten.
Asche kauerte an der Höhlenwand neben Wolke und ihren Wurfgefährten möglichst weit weg von den Fremden. Währenddessen wachte Springender Rabe über die beiden Verletzten, Fliehender Rauch und Wirbelndes Laub.

»Wer sind diese Katzen eigentlich, die uns hier einsperren?«, wollte Wind wissen. Ein blutiger Kratzer zog sich quer durch sein Gesicht und hatte ihn von seinem Vorhaben, sich freizukämpfen, endgültig abgebracht.

Käfer sah von einem Kieselstein auf, den er unter seiner Pfote hin und her rollen lassen hatte. »Und warum halten sie uns überhaupt gefangen?«

Auch Wind sah Wolke fragend an. »Was haben sie nun mit uns vor?«

Zeit des VerratsWhere stories live. Discover now