Sleepover-Friday.

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,,Ich komm' allein zurecht, also geh' jetzt. Und bitte wiedersteh' der Versuchung, dem nächsten Penner auch 'ne Bleibe anzubieten; spricht sich sonst rum", mit diesen Worten ließ der Sturkopf mich nun endgültig abblitzen.

Doch auch der ernste Tu-was-ich-dir-sage-Blick, bei dem wirklich jedem Kerl fast prompt ein autoritärer Schnauzer wächst, und das penetrante Händewedeln, konnten mich nicht daran hindern, ihm erst noch meine Adresse aufzudrängen.

Um ganz sicher zu gehen, dass sie dem Teilzeitobdachlosem auch ja nicht wieder entfällt (nie wieder in seinem Leben), diktierte ich ihm die Straße mindestens 20 mal und natürlich so, dass der ganze Ort mich ab jetzt hätte zu Hause besuchen kommen können. Hoffentlich fühlte Pierce sich dadurch von mir nicht zum hörgeschädigten Geistesbehinderten degradiert..

Da ich mir immernoch Hoffnungen machte, dass er mir irgendwann hinterhergerannt kommen und mir überraschenderweise die Liebeserklärung des Jahrtausends machen würde, dauerte mein Heimweg wesentlich länger. Als ich dann endlich zu Hause angekommen war und mich gerade auf das Sofa im Wohnzimmer gefläzt hatte, wurde mir bewusst..

Jetzt habe ich weder Spaß auf Vincents Party, noch einen ruhigen Abend mit Pierce, aber kurzfristig doch wieder zuzusagen wäre unhöflich und die Leute würden anfangen, Fragen zu stellen.

,,Wieso wolltest du ihn bei dir einziehen lassen? Empfindest du etwa was für ihn?", fragte das schüchterne und unauffällige Mädchen, welches sich später in ihrem Gossip-Blog ihr Maul über die nymphoman geprägte Affäre von uns beiden zerreißen würde.

Doch bevor ich mir tiefergehende Gedanken über die Beantwortung der Fragen meiner imaginären Freundin machen konnte, holte mich das laute Krachen eines Donners zurück in die Realität.

Ein Gewitter? Vorsichtig kletterte ich über die Couch zum Fenster und schaute in den nächtlichen Wolkenhimmel um nachzusehen und - BÄM - die Blendung. Blitze im Minutentakt und Regen, wie aus überdimensionalen Gießkannen.

Zugegebenermaßen hatte ich etwas Angst vor dem Wetter und der Tatsache, dass ich dazu auch noch ganz allein in diesem großen Haus war. Immerhin war das wohl das meistgenutzte Szenario des Horror-Genres.

Hastig zog ich die Vorhänge vor das Fenster und quetschte mich in eine kuschelige Ecke, in der Hoffnung, dass mich hier schon keiner sehen würde (wirklich sehr gut durchdacht). Zögernd griff ich nach der Fernbedienung und schaltete damit den Fernseher an, um mich von meinen verqueren Todesgedanken abzulenken.

Auf Kanal 1-200 liefen sehr ausführliche Dokumentationen zum Ameisenkrieg (ich glaube, die Schwarzen haben gewonnen) und danach konnte man ein kräftiges Hellblau bewundern. Genau aus diesem Grund liebte ich unsere Satellitenschüssel und nicht im Traum würde ich daran denken, sie durch Kabelfernsehen zu ersetzen.

Seufzend schaltete ich das Gerät wieder aus und ließ mich an der Lehne hinuntergleiten. Dann musste ich wohl meinen Kopf anstrengen.

Höchstwahrscheinlich die beste Idee des ganzen Tages, denn nach einigen Minuten wurde mir bewusst, dass es sehr stark regnete und stürmte.. Zu stark, als dass jemand die Nacht im Freien verbringen wollen würde, wahrscheinlich selbst Pierce nicht. Ein Grinsen schlich sich in mein Gesicht.

Ich musste also nur abwarten. Es fühlte sich ein bisschen wie damals beim Angeln mit meinem Opa an. Mit viel Geduld fängt man die größten Fische und Gott bewahre, dieser Junge war sicher einer der größten Fische unserer Schule (und das ist nicht auf die Körpergröße bezogen).

Eine halbe Stunde und eine weitere vergingen und gerade als ich am Eindösen war, klopfte jemand an unsere Haustür. Sofort sprang ich auf, als hätte mir jemand pures Adrenalin gespritzt, quälte mich mehr oder weniger elegant über das Sofa und stolperte zur Tür.

Bittersweet AffectionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt