Dinge zwischen Himmel und Erde... (26.09.2018)

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- ARTIKEL DER WOCHE -

Dinge zwischen Himmel und Erde...

Bei einem Besuch in der Urzeit wären es nicht nur die Dinosaurier gewesen, die uns verblüfft hätten, denn nicht nur am Boden waren viele Dinge damals völlig anders, als sie es heute sind. Wenn man im Maastrichtium einen Blick auf den Nachthimmel geworfen hätte, so hätte jeder mit ein klein wenig Verständnis von Astronomie das Gefühl, als ob einige Dinge total durcheinander geraten wären.

Doch schon am Tage fängt die Verwirrung an: In der Kreidezeit drehte sich die Erde nämlich noch etwas schneller um ihre eigene Achse als heute, weshalb ein Tag (also eine volle Erdumdrehung) nur etwa 23 ½ Stunden dauerte. Der Zeitraum, den die Erde braucht, um sich einmal um die Sonne zu drehen, dauerte allerdings trotzdem schon genauso lange wie heute – nämlich genau 8765 Stunden, 48 Minuten und 36 Sekunden – heute sind das etwa 364 Tage. Da die Erdumlaufzeit in der Kreidezeit gleich war, gab es damals also insgesamt mehr Tag-Nacht-Wechsel pro Jahr, weshalb ein Jahr damals insgesamt ganze 373 Tage hatte, die allerdings alle eine halbe Stunde kürzer waren als heute.

Doch nicht nur die Erde, sondern auch der Mond, die Sterne und Planeten machten in der Kreidezeit ihre Sperenzchen, denn sie bewegten sich noch nicht auf ihren heutigen Bahnen. Die mittlere Entfernung der Erde zum Mond betrug zum Beispiel nur ca. 381.800km (heute sind es etwa 384.400km). Der Mond erschien am Nachthimmel also etwas größer und heller als heute. Durch die größere Nähe zur Erde beeinflusste der Mond auch die Gezeiten stärker: Der Tidenhub war dadurch höher und auch der Wechsel zwischen Ebbe und Flut vollzog sich durch die schnellere Erdrotation etwas zügiger als heute. Von diesem schnelleren Gezeitenwechsel profitierten großflächige Mangrovenwälder, die sich an den Küstenlinien bis weit ins Landesinnere hinein ausbreiteten.

Weil der Mond dichter an der Erde lag, war auch seine Umlaufbahn leicht geringer als heute, und weil er sich außerdem auch mit einer höheren Geschwindigkeit bewegte als heute, brauchte der Mond nur etwa 25 Tage für einen Umlauf um die Erde, nicht wie heute etwa 29 Tage. Der Mondzyklus war also damals etwas kürzer und es brauchte von einem Vollmond zum nächsten nicht ganz so lange wie heute. Weil das Kreidezeitjahr aber wie bereits erwähnt länger war, gab es in einem Jahr durchschnittlich 15 Mondzyklen (statt heute durchschnittlich 13).

Der Sternenhimmel sah vor 66.000.000. Jahren völlig anders aus als heute. Es gab noch viele Sterne zu sehen, die heute bereits erloschen sind. Manche Sterne, die heute zu den hellsten zählen, hatten noch eine zu geringe Strahlkraft, als dass ihr Licht zur Erde gelangt wäre – wir könnten sie bei einer Zeitreise also gar nicht mit bloßem Auge sehen. Deshalb sahen auch alle Sternbilder vollkommen anders aus. Das lag aber natürlich auch daran, weil die Sterne über die Jahrmillionen ihre Position am Nachthimmel deutlich verändert haben. Den Großen Wagen oder auch den Polarstern hätte man in einer lauschigen Nacht in der Hell-Creek-Formation jedenfalls vergeblich gesucht.

Die Planeten unseres Sonnensystems standen sich in der Kreidezeit noch etwas näher als heute. Im Laufe der Jahrmillionen entfernen sich einige Planeten von ihrem Zentralgestirn, so dass unser Sonnensystem insgesamt noch sehr viel kleiner war. Auch das Universum hatte sich noch nicht so weit ausgedehnt wie heute (wenn man den Theorien der modernen Physik folgt). Durch die noch dichtere Nähe der Planeten zueinander wirkten einige Himmelskörper am Nachthimmel des Maastrichtiums etwas heller, besonders unsere direkten Nachbarn Mars und Venus, aber auch die Gasriesen Jupiter und Saturn. Auch andere Himmelskörper wie Kometen besuchten unseren Planeten noch häufiger, da es noch mehr von ihnen gab: Einige sind im Laufe ihrer Wanderungen bereits mit anderen Himmelskörpern kollidiert. Dies würde aber wohl nur erfahrenen Astronomen auffallen.

Doch auch die erfahrenen Astronomen hätten sich bei einem Blick durch ein Fernrohr ratlos am Kopf gekratzt. Die Oberfläche der Planeten sah natürlich auch noch völlig anders aus als heute. Auf den Erdähnlichen Planeten und Monden gab es andere Gebirgsformationen und Impaktkrater, die heute unter jüngeren Kratern liegen. Auch ohne Teleskop würde man sofort erkennen, dass das Erscheinungsbild des Mondes am Nachthimmel etwas anders aussieht, und das nicht nur, weil er größer war: Auf seiner Oberfläche waren sogar noch Vulkane aktiv, und manchmal konnte man die Eruptionen sogar mit bloßem Auge sehen, wenn sie wie eine blutrot leuchtende Wunde an der Mondoberfläche schimmerten.

Um die Unterschiede auf anderen Planeten zu betrachten, bräuchte man jedoch auch in der Kreidezeit bereits ein leistungsstarkes Fernrohr. Aber man würde sie wohl erkennen: Jupiters berühmten roten Fleck, einen gewaltigen Wirbelsturm, gab es zum Beispiel noch nicht. Es ist jedoch möglich, dass sich andere, vielleicht ganz ähnliche Flecken auf seiner Oberfläche befanden.

Trivia:
Der Mond entfernt sich noch heute jedes Jahr etwa 3,8cm von der Erde. Doch keine Angst: Verlieren werden wir ihn wahrscheinlich nie. Theroretisch könnte der Mond zwar eine Entfernung erreichen, in der er nicht mehr an das Gravitationsfeld der Erde gebunden wäre und dann die Sonne allein umkreisen würde, doch würde das sehr viel länger dauern, als die Sonne selbst überhaupt noch lebt - nämlich mehr als 7 Milliarden Jahre.

Die Kraft der Gezeiten wird sich allerdings trotzdem immer weiter abschwächen - ganz leicht natürlich. Das kann in der fernen Zukunft durchaus Auswirkungen auf die Lebensräume in den Küstengewässern haben - denn vom Tidenwechsel sind viele Meerestiere direkt abhängig.

"Die weißen Steine" sind übrigens in einer Neumondnacht als Buch herausgekommen. Und falls ihr gestern schlecht geschlafen habt: Ja, da war schon wieder Vollmond. In diesem ersten halben Mondzyklus ist übrigens schon der erste dicke Karton mit Büchern leer geworden! Vielen, vielen Dank deshalb an alle, die mich bislang unterstützt haben!

Und für alle, die das noch vorhaben: Ihr könnt das Buch bestellen, indem ihr diesem Link folgt.

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