Kapitel 14

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"Wasser?" lehnt sich der Mexikaner zu mir rüber und hält mir die Flasche entgegen.

Dankend nehme ich an und richte meinen Blick wieder aus dem kleinen Fenster neben mir. Mittlerweile ist es spät geworden, der Himmel ist wolkenfrei und ab und zu zeigen sich winzigkleine leuchtende Punkte auf dem riesigen Ozean unter uns, die wahrscheinlich von vorbeifahrenden Schiffen stammen.

Alles ging so schnell, dass ich es immer noch nicht wirklich fassen kann. Ich weiß nicht was mich geritten hat, ob es an meinem Wunsch lag meinem persönlichen Thriller zu entfliehen oder daran, dass ich tief im Inneren das mit Simón nicht einfach so verwerfen wollte, geschweige denn konnte.

Bevor ich wirklich nachdenken konnte, hatte mein Kopf schon genickt und meine Hände waren bereits dabei schnell das wichtigste in eine große Reisetasche zu werfen. Mamá habe ich nur einen Zettel hinterlassen, auf dem steht, dass es mir gut geht, ich mit Simón wegfliege und sie sich keine Sorgen um mich zu machen braucht.

In der nächsten Sekunde saß ich schon mit Simón im Flugzeug nach Paris. Paris, die Stadt der Liebe sagt man. Ehrlich gesagt ist mir jede Stadt recht, solange mein Leben mich in dieser nicht verfolgt.

"Wir landen in zwei Stunden" reißt mich mein Sitznachbar aus meinen Gedanken.

"Mhm mhm" drehe ich meinen Kopf in seine Richtung und versuche meine Augen am zufallen zu hindern.

Die Situation zuhause hat mehr an meinen Kräften gezehrt, als ich zugeben möchte und das stundenlange aus dem Fenster gucken, hat es wahrscheinlich nicht besser gemacht.

Ohne nachzudenken greife ich nach meinem Schal, welchen ich mir extra für den Winter in Paris eingesteckt habe und positioniere ihn an Simóns Schulter. Ich merke nur noch wie er seine Hand auf meinen Arm legt, bevor ich in das Land der Träume abtreibe.

Circa zwei Stunden später stehen wir vor dem Pariser Flughafen. Meinen Schal habe ich mir mittlerweile wieder um den Hals gewickelt. Ich bin diese Temperaturen einfach nicht gewohnt. Simón scheinen sie allerdings nichts auszumachen.

"Warst du schon mal in Paris?" frage ich deshalb.

"Ja, früher nahm Mamá mich öfter mit, wenn sie Freunde hier besuchte. Ich kenne die Stadt, wie meine Westentasche. Und du? Warst du schon mal hier?"

"Nein, noch nie. Ehrlich gesagt habe ich Buenos Aires niemals wirklich verlassen. Wenn Mamá und Papá auf Geschäftsreise waren, kam ich jedes Mal bei Mónica und Luna unter. In den Urlaub sind wir nie gefahren"

"Du hast Buenos Aires nie verlassen?" fragt Simón ungläubig und legt mir seinen Schal zusätzlich als Art Decke um die Schultern, da er mein Bibbern bemerkt zu haben scheint. Wahrscheinlich sind die Temperaturen neben Mamá das einzige, was ich an Buenos Aires vermisse.

Ich schüttel nur den Kopf. Klar habe ich als Kind gebettelt doch mit meinen Eltern mitkommen zu dürfen und das nicht nur ein Mal, aber es war zwecklos. Immer hieß es 'Du würdest dich nur langweilen' oder 'Wir hätten sowieso keine Zeit uns um dich zu kümmern' oder eine andere ihrer gefühlt tausend Ausreden, die sie für diesen Fall parat hatten. Im Endeffekt kam ich immer zu Mónica und wartete dort, bis meine Eltern zurückkommen würden. Manchmal Tage, manchmal Wochen.

"Simón?" breche ich dann die Stille, die sich ausgebreitet hatte.

"Ja?"

"Wo werden wir überhaupt schlafen?"

Ehrlich gesagt fällt mir jetzt erst auf, dass ich mir diese Frage nie gestellt hatte. Schön, dass es mir einfällt nachdem ich stundenlang an das andere Ende der Welt geflogen bin.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Feb 22, 2019 ⏰

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Solos ~ SimbarWo Geschichten leben. Entdecke jetzt