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Jungkook

"Wenn du weiterhin so Fortschritte machst, dann könnte tatsächlich noch ein Phönix aus dir werden, Spatz", meint Jiyong neben mir und ich spüre, wie er mir kurz durch die Haare fährt, als wir die Treppen hinunter laufen, zurück zu Seunghyuns Wohnung. 

Ich sehe zu ihm auf und lächle ein wenig. "Meinst du?", hake ich nach, woraufhin er mit einem leisen Lachen nickt. "Ich hätte es selbst gar nicht erwartet bei den Aussichten, die ich anfangs hatte, aber du machst dich besser als erwartet."

Zufrieden, mit der Yoga-Matte unter dem Arm, laufe ich weiter die Treppen hinunter, bis zu unserem Stockwerk. "Irgendwann bin ich stärker als du", meine ich nach einigen Momenten mit einem breiten Grinsen und sehe ihn dann wieder an.

Jiyong hebt nur eine Augenbraue und erwidert diesen Blick aus den Augenwinkeln. "Überschätzt du da nicht gerade deine Kompetenzen?", gibt er trocken zurück, woraufhin ich den Kopf schüttle. "Warte ab, Hyung!", meine ich mit einem kleinen Lachen, woraufhin er nur die Augen verdreht, doch anhand seiner leicht nach oben gezogenen Mundwinkel kann ich erkennen, dass er es gar nicht so ernst meint. 

Vor der Wohnungstür angekommen, kramt Ji Hyung seine Schlüssel aus seiner Hosentasche, schliesst auf und lässt mich dann nach ihm in den Flur treten. Ich streife mir die Schuhe von den Füssen, die Ji mir gegeben hat und ziehe ebenfalls die Jacke aus - auch von Jiyong, während mir der Geruch von Ramen in die Nase steigt. "Hyung, hast du Mittagessen gemacht?", frage ich laut, woraufhin Seunghyun mir antwortet: "Ja, aber diesmal nicht für euch."

Zeitgleich zu seinen Worten vernehme ich allerdings auch ein leises "Jungkook..." einer anderen Stimme. Automatisch richte ich mich auf und lausche noch einen Augenblick lang, doch die zweite Stimme erklingt kein weiteres Mal. Ich kenne sie, ihr Klang ist so vertraut und selbst wenn ich sie erst gestern Abend gehört habe, so klingt sie doch ganz anders als vor diesen paar Stunden.

Gestern Abend war sie voller Verzweiflung, voller Trauer, zerbrechlich und erstickt. Jetzt ist der sanfte Klang zurückgekehrt, den ich all die Jahre lang vernommen habe. Zwar klingt sie immer noch unsicher, doch sie ist so weich, wie damals schon. 

"Hyung", flüstere ich leise und setze mich auch sogleich in Bewegung. Mit grossen Schritten verlasse ich den Eingangsflur der Wohnung und komme so in das offene Esszimmer. Mein Blick sucht den Raum ab, ich sehe durch die Verbindungstür ins Wohnzimmer, doch das Sofa, dass ich erkennen kann, ist leer. Er ist wach, er ist tatsächlich wach, ich habe mich nicht verhört, das war keine Einbildung. Am Esstisch befindet er sich nicht und schlussendlich entdecke ich den Älteren auf einem der drei Barhocker die vor der Kücheninsel stehen. Hoseok sitzt auf dem ganz links, neben ihm hat Seunghyun Platz genommen, vor ihm auf der Ablage steht eine Schüssel mit dampfendem Inhalt, wahrscheinlich die Ramen, die ich gerochen habe, und er hält ein Paar Chopsticks in der Hand, die er allerdings ablegt, als unsere Blicke sich treffen. 

Er sieht unsicher aus, seine Augen strahlen Zurückhaltung aus und selbst wenn es mir einen dumpfen Stich ins Herz versetzt, das in dem einst so warmen, glücklichen Braun zu erkennen, so bin ich auch erleichtert, dass es immerhin keine Vorwürfe sind, keine Trauer, oder gar Hass. 

"Jungkook", wiederholt er meinen Namen leise und ein kleines Lächeln breitet sich auf meinen Lippen aus, ehe ich kurz nicke. "Hobi Hyung", antworte ich bloss und mustere sein makelloses Gesicht. Er sieht müde aus, obwohl er bis jetzt durch geschlafen haben muss. Erschöpft. Seine Augen wirken auch glasig und er ist blasser als ich es von ihm gewohnt bin. 

Ich kann erkennen, wie er leer schluckt, doch dann verziehen sich seine Lippen zu einem zögerlichen Lächeln. Gerne würde ich auf ihn zugehen und ihn einfach umarmen, seine Nähe und Wärme suchen und mich an ihn kuscheln, wie ich es früher oft getan habe, doch gerade jetzt traue ich es mich nicht. Vor einigen Stunden noch hielt er mich für eine absolut böse Person, was wenn diese Einbildung noch immer in seinem Kopf verankert ist? Wird er mir überhaupt je wieder vertrauen?

Wenn ich daran denke, dass er das vielleicht tatsächlich nie wieder tut, zieht sich mein Herz schmerzhaft zusammen. 

"Ich dachte ihr kennt euch?", erklingt es da neben mir von Ji, der wohl in der Zwischenzeit neben mich getreten ist. Ich sehe zu ihm, doch er von mir zu Hoseok und wieder zurück und fügt mit hochgezogenen Augenbrauen hinzu: "Muss ich euch jetzt doch einander vorstellen oder warum starrt ihr euch nur so an?"

Mein Blick huscht wieder zu Hobi Hyung, der einen Moment lang zu überlegen scheint, doch schliesslich rutscht er vom Barhocker runter. "Er hat Recht. Ich hab dich viel zu lange nicht mehr in den Arm genommen", meint er und kommt mit grossen Schritten auf mich zu. Meine Augen weiten sich überrascht, doch ich lasse widerstandslos zu, dass er mich in seine Arme schliesst, kaum ist er nah genug bei mir. Die Überraschung hält nur lange an, nach wenigen Sekunden schon erwidere ich die Umarmung, schlinge meine Arme fest um ihn und kralle meine Finger in den Stoff seines Oberteils und vergrabe mein Gesicht an seiner Brust. "Hyung", wispere ich, doch diesmal bricht meine Stimme weg und ich spüre, wie die Erleichterung mich überkommt.

"Hyung, ich hab- ich hab dich so vermisst", wimmere ich, bevor mir ein kleines Aufschluchzen über die Lippen kommt. Ich habe einen meiner Hyungs wieder zurück, das ist etwas von dem ich dachte, dass es kaum mehr möglich ist. Er ist wohlauf, zwar erschöpft und ausgelaugt, aber sonst geht es ihm gut. Und er macht mir keine Vorwürfe mehr. "Ich wünschte, ich könnte das auch behaupten", murmelt er und vergräbt sein Gesicht in meinen Haaren, während er mich festhält und mit einer Hand beruhigende Kreise auf meinen Rücken malt, "Aber ich bin froh, dass mein Albtraum der letzten Wochen endlich ein Ende hat."

Phoenix [Vkook]Donde viven las historias. Descúbrelo ahora