Im verfluchten Speisesaal

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Die Mädchen hatten ihre Finger vom Glas gerissen als hätten sie sich daran verbrannt. Nur meine lagen noch darauf.

„Hört doch auf zu schreien, verdammt!", murrte ich und verdrehte entnervt die Augen.

„Da...da...da... Oh, du heilige Scheiße, siehst du das auch?", stotterte Hiwa. Sie war leichenblass. Lisa nickte und starrte mich aus großen Augen an.

„Ich hab dir doch gesagt, dass das eine schlechte Idee ist!", klagte Hiwa. „Mit verlorenen Seelen darf man sich nicht anlegen! Aber du hörst ja nicht auf mich!"

Frustriert stöhne ich auf und lasse meinen Kopf auf den Tisch knallen. „Hier ist nichts!", nuschle ich genervt gegen die Tischplatte, bevor ich sie wieder ansehe. „Können wir jetzt wieder gehen?"

„Was denkst du, sollen wir mit ihr reden?", flüsterte Lisa nervös.

„Auf keinen Fall!", zischte Hiwa sie an. „Du hast sie ja nicht mehr alle!"

Empört keuche ich auf. „Könnt ihr jetzt endlich aufhören so zu tun, als wäre ich unsichtbar?", fauche ich. „Es ist wirklich nicht mehr lustig. Was zur Hölle ist euer Problem? Ich habe euch doch nie etwas getan!"

Hiwa sieht so aus, als würde sie gleich ohnmächtig werden. Auch Lisa hat etwas an Farbe eingebüßt. Gut so! Mir reichts!

„Wer...wer bist du?", fragt Lisa nervös. Ihre Hände zittern wie Espenlaub. Nervös versucht sie sie in ihrem Pulli zu vergraben.

„Tu doch nicht so blöd!", herrsche ich sie an. „Ich bin Charlotte, eure Mitbewohnerin!"

Verstört blicken die zwei sich an. „We...welches Zimmer meinst du?", bohrt Lisa nach.

„Nummer 249. Das Zimmer in Richtung Sonnenuntergang, mit der alten Eiche direkt vor dem Fenster."

„Das ist unseres!", stellt Hiwa panisch fest. „Oh Gott, das ist unseres! Ich wusste doch, dass diese Schule einen Haken haben muss, ich wusste es!"

„Kommst du mal bitte wieder runter von deinem Psychotrip? Hast du Drogen genommen oder was läuft falsch bei dir?"

Hiwa wimmert ängstlich.

„Scheiße!", hauscht Lisa, dann räuspert sie sich. „Ich schätze wir wirken jetzt wie die miesesten Mitbewohnerinnen aller Zeiten, stimmts?"

Ich schnaube auf und nicke zustimmend. „Schön ausgedrückt!", knurre ich.

„Aber...du musst wissen...wir wollten das nicht!", stottert sie. „Wir hatten nicht vor, dich zu ignorieren. Ich meine, ich bin von drei Schulen geflogen, aber nie weil ich sowas abgezogen hätte! Und Hiwa...Naja, sieh sie dir an. Die könnte doch nicht mal jemanden verletzen, wenn sie es wollen würde!"

Zerknirscht knete ich meine Hände. Trotzdem merke ich, dass ich ruhiger werde.

„Warum habt ihr so getan, als wäre ich nicht hier?", frage ich und versuche die blöden Tränen zurückzuhalten, die sich in meinen Augenwinkeln zu sammeln beginnen.

„Das ist...schwierig zu erklären...", hilfesuchend blickt Lisa Hiwa an, die immer noch nur mich anstarrt.

„Du warst einfach nicht da!", stammelt sie. „Und jetzt bist du plötzlich hier!"

Es ist eine Feststellung nicht mehr und nicht weniger. Frustriert stöhne ich auf. „Jetzt geht das schon wieder los! Wollt ihr mir einreden, dass ich ein Geist bin? Ist es das was ihr wollt? Tut mir leid euch enttäuschen zu müssen, aber ich bin zu 100% lebendig!" Entschlossen stehe ich auf. „Morgen früh werde ich die Direktorin darum bitten, mich in ein anderes Zimmer zu verlegen. Ich hoffe, ihr seid zufrieden."

„Hey, warte doch!", rief mir Lisa hinterher, als ich mit hängenden Schultern zur Tür trotte. „Worauf?", lache ich hämisch, „Dass am Ende noch von jemandem erwischt werden? Das Risiko mit euch nachsitzen zu müssen gehe ich nicht ein!"

Schnell verlasse ich den Raum und stelle sicher, dass die Tür hinter mir schön laut zuknallt. Zurück in meinem Zimmer möchte ich mich umziehen. Ich koche innerlich, als ich feststelle, dass meine Kleidung weg ist. Eigentlich sollte sie ja im kleinen Schrank neben meinem Bett liegen, aber dort finde ich nur Hiwas Kamera und Lisas Laptop. Wann haben die das da rein getan? Und wo zur Hölle ist meine Kleidung? Doch ich möchte den Zweien die Genugtuung nicht gönnen und sie danach fragen, zumindest nicht heute.

Also behalte ich meine Kleidung einfach an und verkrieche ich mich unter der Bettdecke. Heiße Tränen rollen mir über die Wangen. Auch als die anderen das Zimmer betreten, schlafe ich noch nicht. Ich versuche möglichst ruhig zu sein und mein Schluchzen zu unterdrücken.

„Sie ist immer noch da!", flüstert Hiwa panisch.

Natürlich bin ich noch da. Wo soll ich denn sonst sein?

ApfelwolkenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt