Kapitel 56 - Der letzte Strohhalm (Stefan)

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Ich wusste, dass dieser Tag kein gutes Ende nehmen würde. Die ganze Zeit über hatte ich schon so ein komisches Gefühl in der Magengegend, aber nie hätte ich damit gerechnet, dass wir sie verlieren würden. Doch ich konnte nichts tun. In dem Moment, in dem Kiéra ihren Entschluss gefasst hatte konnte ich nichts mehr tun.

Ich stand hier, unfähig etwas zu tun, unfähig überhaupt zu denken und sah mit an, wie meine kleine Schwester sich dem Teufel versprach. Vielleicht konnte ich sie nicht hören, aber ich wusste was sie sagte. Ich wusste was sie dachte und was sie aufgeben würde, um zu bekommen was sie wollte. Denn ihr Herz war dem meinen so ähnlich. Sie würde alles tun um die Menschen zu retten, die sie liebte.
Die Schuld, die sie sich an all diesem Toten gab, würde sie verfolgen. Weil sie mich verfolgen würde.

Ich hörte Damons Stimme nicht. Ich konnte sehen, wie er, als sei er besessen, gegen diesen Zauber ankämpfte, der uns von Kiéra trennte. Er rief nach ihr, versuchte sie von ihrem Vorhaben abzubringen, aber ich konnte ihn nicht hören. Nur das Blut, dass durch meine Adern rauschte, dass wilde Pumpen meines Herzens konnte ich hören. Ich spürte nur die Panik, die meinen Körper lähmte. Die sengende Angst davor, dass ich Kiéras Stimme nie wieder hören würde. Und dass, nachdem wir sie gerade erst wiedergefunden hatten. Das konnte doch nicht das Ende sein.

„Reiß dich gefälligst zusammen und hilf mir da rein zu kommen", knurrte Damon und riss mich wortwörtlich aus meiner Starre. Er schüttelte mich, verpasste mir eine und schüttelte mich wieder. Solange, bis er sich sicher sein konnte, dass ich wieder Herr meiner Gedanken, Herr über meinen Körper war.
„Wir müssen da irgendwie rein!", bestimmte Damon. „Kiéra glaubt doch nicht wirklich, dass ich das einfach so hinnehmen würde. Ich werde sie nicht verlieren."
„Ich ruf Bonnie an", sagte ich mit mehr Verstand als ich mir selbst zugetraut hätte. „Wenn wir durch diesen Zauber nicht durchkommen, dann sie vielleicht."
Damon nickte und ging wieder dazu über, den Schleier mit roher Gewalt einreißen zu wollen. Er wusste genauso gut wie ich, dass es ihm nicht gelingen würde, aber er versuchte es dennoch. Er war nicht der Typ dafür untätig herumzustehen.

„Du musst kommen Bonnie", sagte ich, sobald sie den Hörer abgenommen hatte.
„Stefan", grüßte sie. Ich konnte an ihrer Stimme hören, dass sie über meinen Anruf nicht begeistert war.
Doch sie hegte schon seit langer Zeit einen Groll gegen die Vampire, ich konnte es ihr nicht verübeln.
„Bitte komm her. Wir brauchen deine Hilfe!"
„Ich weiß. Sonst würdest du nicht anrufen."
„Kiéra will ihr Leben geben um diese Stadt zu retten. Ein Zauber hindert uns daran zu ihr zu kommen. Wir können sie nicht aufhalten!"
„Warum sollte ich euch helfen? Ich lebe in dieser Stadt und wäre deiner Schwester dankbar, wenn sie sie retten würde."
„Zum Preis ihres Lebens?", fragte ich ungläubig.
„Was macht das Leben eines einzelnen Vampirs?", fragte sie fast gleichgültig.
„Sie ist meine Schwester!"
„Ich weiß. Und ich werde deinen Verlust betrauern-"
Bevor sie den Satz beenden konnte riss Damon mir das Telefon vom Ohr.
„Jetzt hör mir mal gut zu", knurrte er in die Leitung. „Du schwingst auf der Stelle deinen Hexenarsch hierher und hilfst mir dabei meine Schwester zu retten. Habe ich mich klar ausgedrückt?!"
„Du willst wissen warum?", fragte er. Bonnies Antwort schien ihm nicht zu gefallen. „Ganz einfach. Wenn Kiéra stirbt, dann werde ich die ganze Stadt in Schutt und Asche legen. Ich werde sie alle töten und mit dir fange ich an."
„Damon", versuchte ich ihn zu beruhigen, doch er wandte sich von mir ab und hörte Bonnie am Telefon zu.
„Die große Kreuzung. Zwei Blocks vom Mikalson-Anwesen entfernt. Beeil dich Hexe." Mit diesen Worten legte er auf und drückte mir das Handy wieder in die Hand.
„Spar dir den Moralapostel", sagte er noch bevor ich den Mund aufmachen konnte. „Ich will es nicht hören. Es ist mir egal wen ich töten muss, wem ich drohen muss. Das Einzige was zählt ist Kiéra."

Ich wandte mich von meinem Bruder ab und sah wieder durch den Schleier. Kiéra wirkte vollkommen niedergeschlagen, besiegt. Und sie wagte es nicht, herüber zu schauen. Vielleicht würde sie es uns nicht verzeihen, dass wir ihr Leben über andere stellten. Und vermutlich würde ich mir das auch selbst nie verzeihen, was wir an diesem Tage alles zu opfern bereit waren. Aber es war mir egal. In einer Sache war ich mit Damon einer Meinung. Alles was wichtig war, war Kiéras Leben.

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